Zwischen Kult und Kommerz: 25 Jahre Wacken

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Zwischen Kult und Kommerz: 25 Jahre Wacken

Schon seit Mittwoch belagern wieder zehntausende Headbanger die Felder und Wiesen im einst so beschaulichem Wacken. Auch ein Mega-Event wie das W:O:A fängt mal klein an. Ein Rückblick.

Es wird wieder laut im kleinen Örtchen Wacken. Zum 25. Mal steigt in diesem Jahr das mittlerweile auf der ganzen Welt legendäre Ope-Air-Festival. Mit dabei sind Heavy-Metal-Größen wie Slayer, King Diamond und Motörhead. Bands, von denen die Veranstalter zu Beginn des Festivals nicht zu träumen vermochten und die jetzt dafür sorgen, dass die knapp 80.000 Tickets meist in wenigen Stunden vergriffen sind. Doch nicht alle sind über die neuen Dimensionen des einst so beschaulichen Festivals glücklich.

Auch ein Mega-Event wie das Wacken fängt mal klein an: Thomas Jensen und Holger Hübner veranstalteten ihr erstes Open Air im August 1990 mit sechs kleineren Bands, darunter Jensens eigene Gruppe Skyline, in einer Kiesgrube in Wacken. Knapp 800 Metalfans fanden sich zu dem Festival ein, der Eintritt betrug damals noch schlappe 12 DM. Für die damalige Zeit eher unüblich war, dass man auf dem zweitägigen Festival auch zelten konnte. Im folgenden Jahr stieg die Zahl der Besucher dann schon auf 1.300, und mit den Amerikanern Gypsy Kyss spielte zum ersten Mal eine internationale Band in Wacken auf.

1992 rockten bereits 26 Bands das Festival, darunter mit den Szenegrößen Saxon und Blind Guardian erstmals zwei bekanntere Acts. Mit der Party Stage für Spaßbands wurde eine weitere Bühne eingeführt, das Camping-Areal wurde erstmals auf die Felder des örtlichen Bauern Uwe Trede ausgeweitet, der heute eine zentrale Figur des Festivals ist. Neben den 2.500 zahlenden Gästen fanden sich zahlreiche Feierwütige ohne Eintrittskarte ein, die es einfach nur auf dem Zeltplatz krachen ließen – auch heute durchaus nicht unüblich, auch wenn man für das Campen längst ein Ticket benötigt. Im folgenden Jahr erlebte das Festival einen schweren finanziellen Rückschlag. „Wir hatten uns da ziemlich weit aus dem Fenster gelehnt und Fates Warning aus den USA geholt, und kein Mensch hat uns geglaubt, dass die wirklich da sind“, erklärte Hübner später dem Webzine „Powermetal.de“ den Grund des Debakels.

Danach kalkulierten die Veranstalter wieder vorsichtiger, Gewinne fuhren sie aber lange Zeit keine ein. 1996 landete das Wacken dann mit der Verpflichtung der Böhsen Onkelz einen Coup. Zwar weigerten sich einige andere Bands, mit den damals noch sehr umstrittenen Onkelz zu spielen, dafür sprang die Zahl der Gäste von 5.000 im Vorjahr auf 8.000. Diese neue Größenordnung machte im Folgejahr einige Änderungen nötig. Das Festival zog 1997 aus der Kiesgrube ganz auf das Land Tredes, das Organisationsteam wurde erweitert und mit der W.E.T.-Stage für Nachwuchsbands gab es eine dritte Bühne. Die Besucherzahl knackte dann auch prompt die 10.000er-Marke, 1998 wurde diese dank damals enorm angesagter Bands wie Blind Guardian, Iced Earth und Savatage mal eben auf 20.000 verdoppelt.

Von den überschaubaren Dimensionen der Anfangsjahre ist man mittlerweile weit entfernt. Das Gelände erstreckt sich auf 240 Hektar und jährlich pilgern rund 80.000 Fans und Partyhungrige aus der ganzen Welt nach Schleswig-Holstein. Der Vorverkauf in diesem Jahr stellte einen neuen Rekord auf – das Festival war in weniger als 48 Stunden ausverkauft.

Einher mit der wachsenden Popularität des Festivals gehen auch kritische Stimmen, die die zunehmende „Verballermanisierung“ und Kommerzialisierung anprangern. Tatsächlich dürfte für einen Teil der Besucher die Musik längst nebensächlich sein und das gemeinsame Feiern im Vordergrund stehen. Das schreckt vor allem Besucher ab, denen es in erster Linie um die Bands geht. Zudem werden die relativ knackigen Essens- und Getränkepreise angeprangert. Dass der Kult mittlerweile zu einem guten Teil Kommerz geworden ist, scheint dem Erfolg allerdings keinen Abbruch zu tun.

Zumal sich die Veranstalter beim Line-Up auch 2014 wieder mächtig ins Zeug gelegt haben: In diesem Jahr gehören unter anderem die Thrash-Metal-Heroen Slayer, die Essener Schwermetaller Kreator oder die Metal-Core-Institution Heaven Shall Burn zu den Highlights. Insgesamt 120 Bands werden zwischen dem heutigen Donnerstag und Samstag die mittlerweile sechs verschiedenen Bühnen rocken.

Auch das legendäre Wacken-Wetter scheint diesmal zumindest teilweise mitzuspielen. Nachdem die Besucher in den letzten Jahren teilweise im Schlamm versanken, prognostizieren Meteorologen für die nächsten Tage wechselhaftes, schwül-warmes Wetter mit nur vereinzelten Gewittern.