Y’akoto: „Botschaften“ sind Humbug!

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Y’akoto: „Botschaften“ sind Humbug!

Sängerin Y'akoto nimmt sich in ihrer Musik der ganz großen Themen an. Warum sie dabei gerne missverstanden wird und lieber Fragen stellt als Antworten gibt, erzählt sie im Interview.

Soulsängerin Jennifer Yaa Akoto Kieck alias Y’akoto ist schon viel in der Welt herumgekommen. Geboren wurde sie in Hamburg, aufgewachsen ist sie zum Teil in Ghana, heute pendelt sie viel zwischen Deutschland, Frankreich und Westafrika umher. Für ihre Musik sammelt sie so viele Inspirationen, was sich auch in ihrem vielseitigen zweiten Album „Moody Blues“ bemerkbar macht. Eines nimmt Y’akoto nicht für sich in Anspruch: Antworten zu geben. Warum sie sich vielmehr als Suchende begreift, hat Y’akoto der Nachrichtenagentur spot on news erklärt.

Sie nennen Ihren Stil „Soul Seeking Music“. Sind Sie mit „Moody Blues“ auf Ihrer Suche nach der Seele weitergekommen?

Y’akoto: Ich glaube, ja. Jedes Jahr ist ja eine zusätzliche Erfahrung für jeden Menschen, und natürlich auch für mich. Als vor zwei Jahren mein Album rauskam, war ich ja auch noch jünger. Ich hatte dann auf einmal so ein gutes Feedback dazu, war viel unterwegs, und habe viele neue Leute kennengelernt und auch in der Musikwelt neue Sachen für mich entdeckt. Und überhaupt bin ich in der Welt viel rumgereist. Das sind natürlich sehr wertvolle Erfahrungen, die man gewinnt, und da entwickelt man sich natürlich auch weiter.

Was ist Ihr eigener Lieblingstrack auf dem Album?

Y’akoto: Das ist immer eine schwere Frage. Was jetzt alle zu hören bekommen, ist schon meine Lieblingsauswahl. Ich habe viel mehr geschrieben, als überhaupt produziert wurde, und dann habe ich viel mehr produziert, als auf die Platte gekommen ist. Es gab schon einen Überschuss an Songs, und ich habe dann die besten schon ausgewählt.

Auf dem Vorgängeralbum „Babyblues“ war Ihnen der Song „Tamba“ besonders wichtig, in dem es um Kindersoldaten geht. Gibt es auf „Moody Blues“ wieder ein Thema, das Ihnen besonders am Herzen liegt?

Y’akoto: Mittlerweile hat sich das total generalisiert, jeder Text hat für mich eine ganz besondere Bedeutung. Mir ist bei „Tamba“ klar geworden, viele haben das als ein afrikanisches Problem aufgefasst, ein Dritte-Welt-Problem, und da habe ich mich ein bisschen missverstanden gefühlt. Ich dachte, ich spreche ein generelles Problem an, eines, das uns alle betrifft, oder wovon wir alle betroffen sein könnten. Nur weil wir jetzt hier in Deutschland leben und es uns relativ gut geht, heißt das ja nicht, dass die Situation nicht auch mal umschlagen kann, oder dass es nicht ein globales Thema ist. Auf „Moody Blues“ habe ich mehrere Themen, die mir wichtig sind, aber mir ist wichtig, dass die als menschliche Problematiken begriffen werden.

Zum Beispiel?

Y’akoto: Wenn wir jetzt über „Off The Boat“ und die Flüchtlingsproblematik reden, dann ist das für mich ein Problem, das wir Menschen als Gemeinschaft haben, nicht nur ein afrikanisches Problem. Es kann uns alle treffen, wenn sich das Klima ändert, oder jetzt hier nochmal eine Bombe hochgeht, dann wissen wir auch nicht, an welche Türen wir dann anklopfen. Viele fragen mich immer: „Hast du eine Botschaft?“, und da denke ich mir immer: Nein, das ist Humbug. Ich sage ja „soul seeking“, ich suche halt nach Antworten, und zwar mit den Leuten, die meine Musik hören, zusammen.

Wo holen Sie sich die Ideen für Ihre Texte?

Y’akoto: Mir ist der Kontakt zu den Menschen sehr wichtig. Ich bin kein Künstler, den das anmacht, sich nur in der Künstlerszene zu bewegen. Die meiste Inspiration kriege ich tatsächlich von Freunden von mir, die ganz „normale“ Jobs machen, die Krankenschwester sind, in einer großen Firma arbeiten oder studieren. Und überhaupt, einfach so mit den Menschen zu sein und ständig Milieus zu wechseln, so kriege ich für mich am meisten mit und kann auch die meisten Geschichten schreiben.

Und woher kam die Inspiration zu „Come Down To The River“, wo es um das Thema Suizid geht?

Y’akoto: Die Inspiration war eine Dokumentation über eine Frau, die ihren Mann verloren hat. Der ist in diesem Fluss begraben, und jeden Tag denkt sie darüber nach: Geh ich jetzt in den Fluss oder mache ich weiter? Und das hat mich extrem berührt. Das wird so oft tabuisiert, aber warum dürfen wir nicht darüber reden? Der Tod gehört für mich genauso zum Leben dazu. Und das ist das tolle an Kunst, ich darf es ja! Ich darf ja drüber sprechen, selbst wenn es vielleicht unangenehm ist oder ein trauriges Thema. Und es gibt Menschen, die sich so fühlen, davor können wir nicht die Augen verschließen. Manchmal passieren Dinge in unserem Leben, die uns auch fragen lassen – da ist es wieder, „soul seeking“! – warum bin ich hier, was mache ich hier, macht es überhaupt noch Sinn?

Sie reisen viel zwischen Deutschland, Frankreich und Westafrika umher. Sind Sie in Afrika auch als Musikerin aktiv?

Y’akoto: Also es ist schon so, dass man mich dort kennt. In Ghana habe ich jetzt auch viel gearbeitet – Ich habe zum Beispiel das Fotoshooting für das Album in Accra gemacht, mit einem sehr renommierten ghanaischen Fotografen, Bob Pixel – und dadurch kenne ich natürlich Leute da. Und die sozialen Medien erlauben es natürlich, sich zu verbreiten. Ich kriege tolle E-Mails von Ghanaern die sagen, „Wir sind am Start, wir wissen, was du tust und wir unterstützen dich“, und das ist schon sehr gut. Mein Traum ist es natürlich, dort auch zu touren. Da wird, glaube ich, 2015 für mich ein sehr entscheidendes Jahr.

Gibt es Orte, zu denen Sie unbedingt noch reisen wollen?

Y’akoto: Ja, nach Panama! Ich war auch noch nie in Bali, und ich war noch nie in Island, da soll es diese krassen Vulkane geben. Ich steh total auf Vulkane! Und dann würde ich auch gerne mal in eine Wüste reisen. Ich weiß noch nicht in welche, Gobi oder Sahara, das interessiert mich schon. Vielleicht dann auch mal ein Album schreiben in der Wüste, weil ich glaube, das ist eine ganz krasse Erfahrung, wenn da wirklich nichts ist. Nichts, nur Sand! Also das würde ich schon gerne mal erleben.