WM-Film „Die Mannschaft“: Große Gefühle, wenig Neues

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WM-Film „Die Mannschaft“: Große Gefühle, wenig Neues

Gerade erst ist die ungesunde Hysterie um Deutschlands "WM-Helden" etwas abgeklungen, da soll der Film "Die Mannschaft" das Feuer neu entfachen. Herausgekommen ist eine 90-minütige Zusammenfassung der besten Szenen und eine oberflächliche Annäherung an die Protagonisten.

Bastian Schweinsteiger, der blutend am Spielfeldrand liegt, mit verarzteter Wunde wieder aufsteht und wie selbstverständlich weiterspielt. Mario Götze, der die Flanke von André Schürrle mit der Brust annimmt und das alles entscheidende Tor schießt. Der überwältigende Jubel der Spieler und Betreuer, durchdrehende Fans am Brandenburger Tor, die absolute Glückseligkeit einer ganzen Nation: Der WM-Triumph der deutschen Fußball-Nationalmannschaft war ganz großes Gefühls-Kino, das Drehbuch wie gemalt für einen Film wie „Die Mannschaft“.

Die Dokumentation, so heißt es in der Pressemitteilung, „schenkt den Fans neue Bilder, die der Zuschauer weder im Stadion noch im Fernsehen sehen konnte“. Die vollmundige Ankündigung stimmt zwar teilweise, doch wer daraus entnimmt, den Protagonisten wirklich näher zu kommen, der irrt leider. Der Film setzt auf die Kraft der Bilder und Emotionen und erinnert dabei an einen 90-minütigen Werbefilm für die Nationalmannschaft, den Fußball im Allgemeinen und Urlaub im Campo Bahia. Kein Wunder, der Film ist schließlich die „offizielle Dokumentation der FIFA-Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien 2014“, wurde also von der DFB-Medienabteilung gedreht und von der durchaus umstrittenen Machtzentrale der FIFA in der Schweiz abgesegnet. Für Spannungen, Konflikte oder Kritik bleibt da kein Raum.

Am grundsätzlich harmonischen Grundton des Films gibt es prinzipiell gar nichts auszusetzen. Tatsächlich scheint der außerordentlich gute Teamgeist ein wesentliches Erfolgskriterium gewesen zu sein. Es wäre jedoch interessant gewesen, zu erfahren, warum diese 23 Spieler so gut miteinander auskamen. Wie Spannungen, die sich trotz allem zwangläufig bei einem Turnier ergeben, gelöst wurden. Wie die Teamführung reagierte, als nach dem glücklichen Algerien-Sieg die Stimmung zu kippen drohte, weil aus der Öffentlichkeit und auch aus der Mannschaft (u.a. von Sami Khedira) Kritik an der Aufstellung laut wurden.

Die einzige Antwort, die der Film auf all diese Fragen liefert, lautet: Campo Bahia. Das exklusive, 15.000 Quadratmeter große Ressort, in dem der DFB während des Turniers residierte, wird als Grund für die gute Stimmung und damit als Schlüssel zum Erfolg gepriesen. Ein Ort, der in Verbindung mit dem guten Wetter ausschlaggebend war, dass kein Lagerkoller aufkam. Das mag stimmen. Aber dass sich bei einem lockeren Plausch zwischen Kapitän Philipp Lahm und Bundestrainer Joachim Löw am Pool alle Sorgen in Luft auflösten, wie es der Film weismacht, dürfte dann doch geschönt sein.

Wirklich gut gelungen sind dem Film von Martin Christ (Kamera), Jens Gronheid (Schnitt) und Ulrich Voigt (DFB-Mediensprecher) immerhin die ruhigen Momente, von denen es zu wenige gibt: das Frühstück von Lahm nach dem WM-Triumph, eine Presse-Konferenz aus Sicht der Spieler und die Ruhe in der Kabine nach einem Spiel stehen in schönem Gegensatz zu der aus den Fugen geratenen Hysterie im Profi-Fußball. Stört man sich an der permanenten Lobhudelei nicht und betrachtet den Film einfach durch die Fan-Brille, kann man sich zudem an der Wiederholung sämtlicher Tore und an Thomas Müller erfreuen: der Bayern-Stürmer erklärt gleich zu Beginn seinen scheinbar verstolperten Freistoß, bewirtet im Dirndl Betreuer und schreibt dem Bundestrainer einen Brief, in dem er um Erlaubnis bittet, Golfspielen gehen zu dürfen. Dass Müller ein Spaßvogel ist, dürfte zwar niemanden mehr überraschen, doch wirklich Neues erfährt man in diesem Film ohnehin kaum.