„Wie der Weizen uns vergiftet“: Wie ungesund ist Gluten?

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„Wie der Weizen uns vergiftet“: Wie ungesund ist Gluten?

Gluten scheint die neue Laktose zu sein. Heute vertragen weit weniger Menschen das Protein als Mitte des 20. Jahrhunderts. Autor Julien Venesson erklärt im Interview zu seinem neuen Buch, warum viele von uns Getreideprodukte lieber von ihrem Speiseplan streichen sollten.

Viele Menschen klagen heute über Unverträglichkeiten. Zwischen Laktose- oder Fructoseintoleranz fällt immer häufiger auch das Wort Glutenunverträglichkeit (Zöliakie). Der Autor Julien Venesson hat sich auf wissenschaftlicher Basis gründlich mit der Materie beschäftigt: In seinem neuen Buch „Wie der Weizen uns vergiftet“ (riva Verlag, 208 Seiten, 14,99 Euro) beschreibt er, wie das Protein Weizen unserer Gesundheit schaden kann. Venesson sagt: Wir brauchen kein Gluten – und erst recht kein Brot!

Menschen essen seit Jahrhunderten Weizen. Warum vertragen es heute so viele Leute nicht mehr?

Julien Venesson: Ganz einfach, weil moderner Weizen nicht das gleiche ist wie antiker. Der Weizen aus der Bibel hat 14 Chromosomen, der moderne 42. All diese Veränderungen sind vom Menschen gemacht. Früher konnten fast alle Menschen Weizen verdauen, heute nicht mehr: Er kann gesundheitliche Probleme verursachen.

Wie äußert sich das?

Venesson: Das ist schwer zu sagen. Weizen kann für viele verschiedene Symptome überall im Körper verantwortlich sein. Die häufigsten sind: Müdigkeit, Sodbrennen, Reizdarm und Völlegefühl, Gelenkschmerzen und -verschleiß, Kopfschmerzen und Migräne. Es gibt wahrscheinlich auch einen Zusammenhang mit Autoimmunerkrankungen: Wenn Betroffene das Gluten weglassen, reicht es manchmal, um die Symptome los zu werden.

Welche Krankheiten können denn von dem Protein Gluten rühren?

Venesson: Forscher sehen mittlerweile mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Zusammenhang zwischen Gluten und Zöliakie, Rheumatischer Athritis, Hashimoto, Schuppenflechte, Multiple Sklerose, Diabetis Typ 1 und das Sjögren-Syndrom.

Und wenn ich nicht an Glutenunverträglichkeit leide, warum sollte ich trotzdem keinen Weizen mehr essen?

Venesson: Das ist nicht die einzige Krankheit, die mit modernem Weizen zu tun hat. Spezialisten sehen in diesen ganzen Symptomen eine neue Krankheit: Glutensensitivität. Dafür gibt es bis dato leider keinen medizinischen Test. Man kann nur ausprobieren, ein paar Wochen ohne Gluten zu essen. Wer sich dann besser fühlt, weiß, dass er glutenempfindlich ist. Falls nicht, kann er sorgenfrei weiter Weizen essen. Aber ganz ehrlich – letzteres scheint sehr selten zu sein!

Welche Tipps haben Sie für jemanden, der sich glutenfrei ernähren will oder muss?

Venesson: Am wichtigsten ist es, sich nicht für jedes glutenhaltige Lebensmittel eine Alternative ohne Gluten zu suchen. Spezielle Nudeln oder glutenfreies Brot sind sehr teuer und nicht immer gesund. Man kann neue Lebensmittel entdecken, eine neue Art zu essen. Wer zum Frühstück Brot, Butter und Marmelade isst, kann jetzt zwei Eier, eine Handvoll Nüsse, eine Frucht und vielleicht eine Scheibe Buchweizenbrot essen. Tagsüber dann vermehrt Linsen, Bohnen, Buchweizen, Quinoa, Süßkartoffeln oder Basmatireis.

Fehlt meinem Körper bei einer Ernährung ohne Gluten nicht etwas?

Venesson: Aus meiner Erfahrung werden Ihnen sicherlich die Gelenkschmerzen beim Aufstehen, die Müdigkeit und Schlappheit tagsüber, Kopfweh und das Völlegefühl nach dem Essen fehlen. Gluten ist nur ein Protein, es ist weder ein essentielles Vitamin oder Mineral noch eine Fettsäure. Glutenfrei zu leben hat keine Nebenwirkungen. Wenn Ärzte etwas anderes erzählen, arbeiten sie meist zu nah an der Getreide-Industrie.

In Ihrem Buch reden Sie von „verstecktem Gluten“. In welchen Lebensmitteln „versteckt“ es sich denn?

Venesson: Glutensensitive Menschen vertragen ja ein bisschen Gluten. Andere müssen ganz streng darauf achten. Es ist überraschend, dass viele Schinkensorten, Pommes Frites oder Soßen Gluten enthalten. Die beste Ernährung – ob glutenfrei oder nicht – ist, weniger Fertigprodukte und mehr unverarbeitete Lebensmittel zu essen, die man sich selber kochen kann: Fisch, Fleisch, Eier, Obst, Gemüse, Nüsse und – wer unbedingt möchte – manches Getreide und Hülsenfrüchte.

Viele Deutsche essen gerne Brot. Welches Brot kann ich essen, wenn ich glutenfrei leben will?

Venesson: Es sind sogar noch mehr Franzosen! Das beste Brot, das man essen kann, ist – überhaupt kein Brot. Es ist weder essentiell noch sollte es als Grundnahrungsmittel verstanden werden. Wie leben Japaner ohne Brot? Sind Sie traurig und unglücklich? Ich denke nicht. Wer unbedingt welches will, kann natürlich die glutenfreien Varianten probieren. Aber es schmeckt nur wenig nach dem Original, er wäre enttäuscht. Sicherlich wäre es einfacher, würde ich ein Buch mit dem Namen „Wie Sie abnehmen und gesund werden, während Sie nur Süßigkeiten und Schokolade essen“ verkaufen!