Widerstand zwecklos: Ed Sheeran kriegt sie alle

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Widerstand zwecklos: Ed Sheeran kriegt sie alle

Der britische Sympathiebolzen Ed Sheeran hat mit seinem Debüt aus dem Stand das anspruchsvolle Großbritannien erobert. Nun folgt der zweite Streich. Auf "x" vereint er reduzierte Singer-/Songwriter-Perlen mit gut gelaunten Hitmelodien und lässigen Rap-Einlagen. Die Erfolgsprognose zeigt steil nach oben.

Großbritannien liebt ihn, Jools Holland liebt ihn, Taylor Swift liebt ihn: Ed Sheeran. Dabei erinnert der 23 Jahre junge Brite eher an einen Hobbit als einen glamourösen Superstar. Sheeran hatte nicht mal die Macht der Castingshow-Emotionen auf seiner Seite. Stattdessen eroberte der Rothaarige die Herzen der Briten, man mag es kaum fassen, ganz einfach mit seiner Musik.

Man könnte glatt den Glauben in die Musikindustrie wieder gewinnen: Ed Sheeran war einer dieser Jungs, die gerne Musik machen und damit einfach nicht aufhören, bis jemand zuhört. Inspiriert von Damien Rice („Rootless Tree“), dem vermutlich leisesten und gefühlsvollsten Songwriter unserer Zeit, brachte er drei EPs in Eigenregie heraus, zog nach London um, spielte auf jeder Bühne, die bei drei noch frei war und hatte eines Tages Sir Elton John als Fan.

Das Debütalbum „+“ mauserte sich im Vereinigten Königreich und Australien in Rekordzeit zum Bestseller, dem deutschen Publikum klaute Sheeran mit einem Auftritt bei „The Voice Of Germany“ und der Single „The A Team“ die Herzen. Ein Auftritt bei der Abschlussfeier der Olympischen Spiele, drei Grammy-Nomierungen, zwei Brit Awards und ein Duett mit Taylor Swift setzen dem neuen Popstar die Krone auf.

Für sein zweites Album, diesmal schlicht „x“ betitelt, zog Sheeran mit den ganz Großen ins Studio: Pharrell Williams und Rick Rubin. Die beiden sind nicht nur ausgesprochene Produzentengenies, sie verhalten sich soundmäßig wie Feuer und Eis zueinander. Rubin ist für seine Arbeiten mit Rocklegenden wie System of a Down oder den Red Hot Chili Peppers bekannt. Williams landete seinen letzten Coup mit Daft Punk („Get Lucky“) und Robin Thicke. Entsprechend bunt klingt dieses Album auch.

Sheeran beginnt als einsamer Singer/Songwriter mit einem reduzierten Gitarrenstück und Falsettgesang. „Sing“ weckt mit abgehakten Gitarrenakkorden, gut aufgelegtem „Ohoho“-Chor und Rapeinlage Erinnerungen an Justin Timberlake, spätestens bei „Don’t“ wird es richtig lässig. Mit „Photograph“ schlägt Sheeran wieder besinnliche Töne an: Eine Stadionballade, wie sie Coldplay nicht besser hätten schreiben können. „The Man“ dagegen erinnert fast schon an The Streets. Das leise „Even My Dad Does Sometimes“ und „I See Fire“, sein Beitrag zum „Hobbit“-Soundtrack erinnern in Ansätzen schlussendlich wieder an Sheerans großes Vorbild, Damien Rice.

Immer öfter klingt Sheeran auf diesem Album wie eine für die Radios polierte Mischung aus Easy-Going-Popstars wie Jason Mraz oder Jack Johnson und R&B-Größen wie Frank Ocean und Justin Timberlake. Insgesamt eine unterhaltsame Geschichte, dieses „x“, das übrigens kein Buchstabe sondern das Multiplikationszeichen darstellen soll. Nachdem sich die Hit- und Stildichte auf jeden Fall verdoppelt hat, könnte das für die Verkaufszahlen auch gelten. Dem Sympathiebolzen Sheeran gönnt man jeden Cent – und hofft, dass er bei der nächsten Verleihung auch noch Größenwahnsinnigen wie Eminem oder Kanye den Rap-Grammy vor der Nase wegschnappt.