Wanda: „Von ‚fesch‘ kann man da nicht mehr reden“

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Wanda: „Von ‚fesch‘ kann man da nicht mehr reden“

Wanda steht für Amore - und dieses Lebensmotto besiegelt die Wiener Band nun mit ihrem zweiten Album "Bussi". Warum alle Songs an einem Tisch geboren werden, hat Marco Michael Wanda im Interview mit spot on news verraten.

„Wenn jemand fragt, wofür du stehst, sag für Amore“: Das Debütalbum „Amore“ ist noch nicht einmal ein ganzes Jahr auf der Welt, da veröffentlicht die Wiener Band Wanda bereits ihr zweites Album „Bussi“. Die Nachrichtenagentur spot on news hat Sänger Marco Michael Wanda (30) und Gitarrist Manuel Christoph Poppe (29) in München zum Interview getroffen und mit ihnen über Sofa-Phobien, das Schicksal und geheime Wünsche gesprochen.

Der Erfolg von „Amore“ wird nun mit einem „Bussi“ besiegelt. Ist das Bussi die schönste Ausdrucksweise Liebe zu zeigen?

Marco Michael Wanda: Nein, es ist eine Ausdrucksweise. Was die schönste ist, weiß nur die Liebe selbst, oder? Wir haben uns der Nächstenliebe verschrieben, nicht unbedingt der romantischen.

Warum haben Sie sich für den Namen „Bussi“ entschieden?

Manuel Christoph Poppe: Ähnlich wie bei unserem Bandnamen und dem ersten Albumtitel wollten wir ein Wort finden, das fünf Buchstaben hat.

Wanda: Fünf Buchstaben sind schön. Mit fünf Buchstaben gibt man sich die Hand.

Poppe: Die Pixies haben mal in einem Lied gesungen: „Wenn der Mensch die Fünf ist und der Teufel die Sechs, dann ist Gott die Sieben“. Wir sind da eher beim Menschen.

Alles kommt so, wie es kommen muss. Würden Sie diesen Satz so unterschreiben?

Wanda: Das war immer die Lebensphilosophie meines Vaters. Ich finde diesen Gedanken sehr interessant, denn in diesem Satz verbirgt sich der Gedanke, dass man sein Schicksal selbst in der Hand hat. Wir haben die Chancen dieser Wundergeschichte dadurch erhöht, dass wir davon geträumt haben. Aber es ist auch viel Arbeit gewesen. Musik zu machen ist ein Handwerk und wir sind bei diesem Handwerk geblieben.

Ist es aufreibend, bei jedem Konzert alles zu geben?

Wanda: Es kommt sehr viel Energie aus dem Publikum. Dieses Duell auf Augenhöhe gibt eher Kraft, als dass es Kraft nimmt. Bei unseren Konzerten herrscht eine sehr schöne Stimmung. Jeder ist willkommen und man merkt, dass die Leute diese Einladung so verstehen, wie sie ausgesprochen wurde.

Am 11. Oktober tritt Wanda beim „WIR“-Konzert auf, das in München für die vielen ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer organisiert wird. Wie ist Ihre Einstellung zur allgegenwärtigen Flüchtlingskrise?

Wanda: Wenn unsere Heimat Fremde ausschließt, ist das eine Katastrophe. Aber ich bin kein Politiker – ich weiß nicht, wo die Belastungskapazität beginnt und wo sie endet. Deutschland hat in den Nachkriegsjahren zwölf Millionen Flüchtlinge aufgenommen. Das Land war bettelarm und es ist sich trotzdem irgendwie ausgegangen.

Poppe: Diese Menschen haben ihre Heimat verlassen und ihnen wird ein Platz verwehrt, an dem sie sich im allerbesten Fall zuhause fühlen könnten.

Wanda: Was im Moment passiert, ist eigentlich zum Schämen für unseren Kulturkreis.

Würden Sie manchmal gerne in die Vergangenheit zurückreisen, um der Gegenwart zu entgehen?

Wanda: Ich bin kein Was-wäre-wenn-Typ. Rein interessehalber hätte ich mir aber gerne die ersten Konzerte der Doors in den kleinen Clubs, aber auch die Improvisationen vom jungen Mozart angeschaut. Und ich wäre gerne als unsichtbarer Zeitreisender daneben gesessen, als Schubert komponiert hat.

Wie viel Realität und wie viel Fiktion stecken in Ihren Texten?

Wanda: Sie entstammen einer anderen Bewusstseinsebene, wie alles Lyrische. Ein Ort, an dem Zeit und Raum ähnlich wie vor dem Urknall funktionieren. Von dort kommen diese Melodien und von dort kommen die Texte. Ich habe eigentlich herzlich wenig damit zu tun, ich höre nur zu. Manchmal beginne ich zu denken, dann sind die Lieder aber schlecht.

Wann schreiben Sie am besten Musik?

Wanda: Das geht zuhause auf einem Stuhl mit einer Akustik-Gitarre genauso gut wie um vier Uhr früh in einem Wiener Beisl. Aber ich brauche immer einen Tisch. Ein Tisch beruhigt mich. Mit einem Tisch kenne ich mich aus. Ich habe das als Jugendlicher auf Partys nie ausgehalten, wenn die Leute um ein Sofa herumgesessen sind. Das kam mir nicht richtig vor.

Poppe: Ich mag es schon bequemer, aber ich habe auch keine Sofa-Phobie wie der Marco.

Sie haben sich nach der Wiener Zuhälterin Wanda Kuchwalek, der wilden Wanda benannt. Woher kommt diese Sympathie zu heruntergekommenen Nischenfiguren?

Wanda: Biografien haben mich immer sehr interessiert – von Künstlern, Politikern, Menschen öffentlichen Lebens. Ich fand das tröstlich, mich selbst in Biografien von anderen Menschen wieder zu entdecken. Am liebsten würde ich das Telefonbuch aller toten Menschen der ganzen Menschheitsgeschichte durchgehen und von A bis Z lesen. Wenn ich ein übernatürliches Wesen wäre, würde ich jede Geschichte gerne einmal gelesen haben, um dann vielleicht viel besser Bescheid zu wissen.

Vertreiben Sie sich auf Tour die Zeit mit Lesen?

Wanda: Speisekarten liest man öfter als Romane. Auf Tour habe ich wenig Kopf zum Lesen. Manchmal kaufen wir Bücher auf Flohmärkten.

Poppe: Ich habe auf unserer letzten Tour die Biografie von Rainhard Fendrich gelesen. Meine Eltern haben ihn gehört, als ich klein war und ich fand seine Stimme ansprechend. Ich mag seine Lieder, die Art wie er singt. Ein fescher Kerl.

Kann nur ein echter Wiener richtig fesch sein?

Wanda: Ich bin ein Sexsymbol und habe kaum Haare auf dem Kopf. Von „fesch“ kann man bei mir nicht mehr reden.