Von Zola Jesus bis Genesis: Das sind die CDs der Woche
Magazin
DJ mischt Musik
Zola Jesus entführt ihre Hörer in die Weiten Sibiriens, Stevie Nicks und Genesis graben in ihren Archiven und The Bunny Gang feilt am Soundtrack zur Revolution. Philip Selway zeigt indes, dass er auch abseits von Radiohead einiges zu sagen hat.
Zola Jesus – „Taiga“
Dem borealen Nadelwald widmet Zola Jesus (bürgerlich Nika Roza Danilova) ihr neues Album „Taiga“, eine Reflexion ihrer russischen Wurzeln und der Gnadenlosigkeit der Natur. Eigentlich das ideale Sujet für den sperrigen Sound, den sie auf ihren Frühwerken pflegte, doch stattdessen überrascht Zola Jesus mit ihrem bisher poppigsten Werk. Das muss nicht unbedingt schlecht sein – so stellte sie beim Songwriting erstmals die Vocals in den Mittelpunkt und kann so ihre Ausnahmestimme voll entfalten. Zu Anfang setzt das elegisch-soundtrackartige Titelstück die Stimmung der nördlichen Einsamkeit perfekt um. Die Single-Auskopplung „Dangerous Days“ kommt danach arg düster-discomäßig daher, doch dann fängt sich „Taiga“ zwischen den beiden Polen und entwickelt sich zu einem opulenten Hörvergnügen.
Stevie Nicks – „24 Karat Gold – Songs From The Vault“
Mehr als vier Jahrzehnte ist Sängerin und Songwriterin Stevie Nicks schon im Geschäft. Wenig überraschend also, dass sich in dieser Zeit in ihrem Archiv einige unveröffentlichte Schätze angesammelt haben. Eine Auswahl von Stücken aus den Jahren 1969 bis 1995 hat die Fleetwod-Mac-Frontlady nun für ihr achtes Soloalbum „24 Karat Gold – Songs From The Vault“ neu eingespielt. Die Songs wirken allesamt sehr persönlich und handeln von Liebe und Herzschmerz, abseits dieses roten Fadens ist das Material ansonsten sehr abwechslungsreich gehalten. Vom sanften Country-Feeling bis zur fast schon hardrockigen Wucht reicht das Spektrum, und Nicks‘ grandiose Stimme sorgt sowieso für die eine oder andere Gänsehaut. Hier ist tatsächlich alles Gold, was glänzt.
The Bunny Gang – „Thrive“
Kann man schon Nathen Maxwells Hauptarbeitgeber Flogging Molly nicht gerade musikalische Engstirnigkeit vorwerfen, setzt er mit seiner Zweitband The Bunny Gang in punkto Abwechslung locker noch einen drauf. Ganz ungezwungen kombiniert die vierköpfige Truppe auf ihrem zweiten Album „Thrive“ Punkrock, Folk und Reggae, als ob diese Musikrichtungen seit jeher zusammengehören. Und irgendwie tun sie das ja auch, denn nicht von ungefähr verweist The Bunny Gang auf das revolutionäre Potenzial, das diese Stile mit sich bringen können. Wenn man nach Vergleichen sucht, liegen The Clash ziemlich nahe, die sicher ein großer Einfluss waren. Dennoch weist The Bunny Gang eine ganz eigene Handschrift auf, die auf „Thrive“ für einige ganz große Songs abseits ausgetretener Punk-Pfade steht.
Philip Selway – „Weatherhouse“
Solo-Ausflügen von Schlagzeugern darf man gerne mit einem gesunden Misstrauen begegnen – böse Zungen würden etwa die komplette Karriere von Phil Collins jenseits von Genesis als Beweis anführen – und auch „Familial“, das erste Werk von Radiohead-Drummer Philip Selway, war noch nicht der große Wurf. Anders sieht es beim Nachfolger „Weatherhouse“ aus. Das liegt auch daran, dass Selway hier eben nicht alles alleine gemacht hat, sondern sich Adem Ilhan und Quinta aus seiner Live-Band zur Verstärkung ins Studio geholt hat. Der auf „Familial“ noch recht spartanisch wirkende Folk-Sound wurde mit elektronischen und orchestralen Elementen angereichert, was zu einem ganz eigenen verträumten, nahezu geisterhaften Flair führt. Auch als Sänger gewinnt Selway an Profil, und so darf das Solo-Projekt nun durchaus selbstbewusst neben der großen Hauptband stehen.
Genesis – „R-Kive“
Apropos Phil Collins: Um den kommt man auf der Genesis-Anthologie „R-Kive“ natürlich nicht herum. Das Drei-CD-Set ist mehr als eine simple Best-Of, sondern eine umfassende Werkschau zu Genesis und den Solo-Ausflügen der einzelnen Mitglieder, angefangen mit dem sperrigen „The Knife“ aus dem Jahr 1970 bis hin zu Tony Banks‘ 2012er Orchesterstück „Siren“. Dank der vielschichtigen Bandgeschichte von Genesis und den äußerst unterschiedlichen Soloprojekten der Bandmitglieder bietet „R-Kive“ dem Hörer natürlich eine sehr abwechslungsreiche musikalische Reise, letztendlich kann diese Compilation aber doch nur einen ersten Überblick über den Genesis-Kanon darstellen. Ideal für Neueinsteiger also, altgediente Fans könnten dagegen etwas enttäuscht sein, da sie auf den drei CDs keine Raritäten, sondern ausschließlich bekanntes Material vorfinden werden.
Und was kommt sonst noch? Weitere wichtige Veröffentlichungen am 3. Oktober: Abwärts – „Krautrock“ +++ Alexander Marcus – „Kristall“ +++ Cassandra Steen – „Spiegelbild“ +++ Gorgon City – „Sirens“ +++ Juli – „Insel“ +++ Khold – „Til Endes“ +++ Kris Kristofferson „An Evening With Kris Kristofferson“ (Live) +++ Peter Licht – „Lob der Realität“ (Live) +++ Steve Aoki – „Neon Future I“ +++ Tokio Hotel – „Kings of Suburbia“