Von Aretha Franklin bis Yusuf: Das sind die CDs der Woche
Magazin
DJ mischt Musik
Soul-Superstar Aretha Franklin nimmt sich die Songs anderer Diven vor. Yusuf aka Cat Stevens besingt die Freiheit; Beatrice Egli vertut dagegen die Chance, sich von ihrem alten Sound zu befreien. Vanderbuyst rocken dynamisch drauflos und die Umherschweifenden Produzenten frönen unbeschwert dem Minimalismus.
Aretha Franklin – „Aretha Franklin Sings The Great Diva Classics“
Das nennt man wohl ein zweischneidiges Kompliment: Aretha Franklin zieht vor einigen Kolleginnen ihren Hut – und singt die meisten davon nebenbei glatt unter den Tisch. Auf „Aretha Franklin Sings the Great Diva Classics“ covert die Soul-Legende Hits von alten und neuen Größen, von Dinah Washington und Etta James bis hin zu Alicia Keys und Adele. Dabei drückt Franklin den Stücken nicht nur durch ihre Powerstimme ihren eigenen Stempel auf, auch ihr Produzententeam, darunter OutKast-Multitalent André 3000 und House-DJ Terry Hunter, sorgt in den Arrangements für einige Überraschungen. Da wird Sinead O’Connors todtrauriges „Nothing Compares 2 U“ zur beschwingten Big-Band-Nummer und Gloria Gaynors Klassiker „I Will Survive“ mutiert unvermittelt zum Mashup mit dem Destiny’s-Child-Hit „Survivor“. „Aretha Franklin Sings the Great Diva Classics“ vereint Nostalgie und Moderne und setzt vor allem einer ein grandioses Denkmal: Aretha Franklin.
Yusuf – „Tell ‚Em I’m Gone“
Für sein neues Album ist Yusuf Islam alias Cat Stevens zu seinen Wurzeln zurückgekehrt: „Tell ‚Em I’m Gone“ steht ganz im Zeichen des Blues und R&B. Yusuf präsentiert fünf Eigenkompositionen und fünf Coverversionen von Klassikern wie dem Blues-Standard „Big Boss Man“ von Luther Dixon und „Dying to Live“ von Edgar Winter. Starproduzent Rick Rubin hat dem Material einen gewohnt minimalistischen Sound verpasst. Der trägt ein Gänsehaut erzeugendes Epos wie das Yusuf-Original „I Was Raised In Babylon“ ebenso gut wie das rohe Cover von Procol Harums Bluesrock-Hit „The Devil Came from Kansas“. Textlicher Überbau von „Tell ‚Em I’m Gone“ ist das große Thema der Freiheit: Freiheit von ausbeuterischen Arbeitgebern, Freiheit von der verlogenen Presse, Freiheit von der Ignoranz. Man merkt: Yusuf, der sich Ende der 70er für fast zwei Jahrzehnte aus dem Musikbusiness verabschiedet hatte, singt sich hier einigen Frust von der Seele – und zwar mit viel Hingabe und Charisma. Das macht „Tell ‚Em I’m Gone“ zu einem durch und durch mitreißenden Stück Musik.
Vanderbuyst – „At the Crack of Dawn“
Das Powertrio Vanderbuyst gehört derzeit zu den großen Hoffnungsträgern des Hardrock und hat mit energiegeladenen Platten und schweißtreibenden Shows bereits Fans auf der ganzen Welt begeistert. Mit ihrem vierten Album „At the Crack of Dawn“ wollen die Holländer die nächste Stufe erklimmen. Und es sieht verdammt gut aus für dieses Vorhaben. Die Unbeschwertheit früherer Tage ist ein wenig gewichen, dafür hat die Band härtetechnisch zugelegt. Gleichzeitig haben Bandleader Willem Verbuyst und seine Mannen das Songwriting dynamischer denn je gestaltet: Neben Stampfern wie „Light My Dynamite“, die auf der Bühne sofort zünden sollten, stehen spannende Kleinodien wie „Walking On Tightrope“ und das Titelstück. Mit dem Schlusstrack „Sweet Goodbye“ beweisen Vanderbuyst, dass sie auch im Balladenfach glänzen können. Jochem Jonkmans charakteristischer, immer etwas melancholisch wirkender Gesang und eine erfrischend offene Produktion runden das Ganze ab. Sie machen „At the Crack of Dawn“ zu einem der besten Hardrock-Alben des Jahres.
Beatrice Egli – „Bis hierher und viel weiter“
Dass Beatrice Egli singen kann, hat sie schon bei „DSDS“ bewiesen. Konsequenz aus dem Sieg waren leider zwei lieblose Instant-Alben aus der Feder Dieter Bohlens, die sich natürlich trotzdem wie geschnitten Brot verkauften. Nach der Trennung des musikalischen Gespanns im Frühjahr wäre „Bis hierher und viel weiter“ nun die Chance gewesen, sich von den Bohlen’schen Bumms-Beats freizuschwimmen. Die bleibt leider ungenutzt. Auch auf „Bis hierher und viel weiter“ wird der Hörer im immer gleichen Schunkeltakt mit grausamsten Plastik-Sounds zugeballert. Nur ruhigere Momente wie die abschließende Ballade „Wenn…“ lassen Eglis Stimme etwas Luft, um sich zu entfalten. Die sind jedoch viel zu selten. Da Egli scheinbar entschlossen ist, auf ihrer Linie weiterzufahren, wirkt der Titel „Bis hierher und viel weiter“ leider vor allem wie eine Drohung.
Umherschweifende Produzenten – „Elektronische Musik“
Das vielleicht direkteste Album der Woche kommt von den Umherschweifenden Produzenten. Gleich auf dem Cover ist die die fiktive Entstehungsgeschichte des Duos aus Manuel Scuzzo und Knarf Rellöm zu lesen – und der Titel „Elektronische Musik“ macht ohnehin sofort klar, was auf der Scheibe geboten wird. Ähnlich minimalistisch klingt dann auch das Album: Die Produzenten schweifen bevorzugt in der Elektropop-Steinzeit zwischen Trio und Kraftwerk umher. „Elektronische Musik“ klingt trotz der übermächtigen Vorbilder doch recht eigen, ist so unterkühlt wie tanzbar, wartet mit wunderbar dadaistischen Texten und – natürlich – einer gelungenen Produktion auf.
Und was kommt sonst noch? Weitere wichtige Veröffentlichungen am 24. Oktober: Annie Lennox – „Nostalgia, +++ At The Gates – „At War With Reality“ +++ Chris de Burgh – „The Hands of Man“ +++ Dionne Warwick – „Feels So Good“ +++ eRRdeKa – „Paradies, +++ Holly Johnson – „Europa“ +++ Hubert von Goisern – „Filmmusik“ +++ Karel Gott – „Herr Gott nochmal“ +++ Melvins – „Hold It In, +++ While Heaven Wept – „Suspended at Aphelion“