Udo Jürgens singt gegen die Männerwelt

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Udo Jürgens singt gegen die Männerwelt

Auf seinem neuen Album "Mitten im Leben", das kommenden Freitag erscheint, nimmt Udo Jürgens unter anderem die Männerwelt ins Visier. Über 1000 Lieder hat der Sänger in seiner seit mehr als 50 Jahren andauernden Karriere bereits komponiert.

Für einen, der im Leben das Meiste schon hinter sich hat, blickt er ungewöhnlich forsch und neugierig in die Welt. Sein Lächeln verrät skeptischen Optimismus, das Haar ist nur wenig grau meliert, und auch die Falten halten sich in Grenzen. Mag sein, dass bei dem Bild von Udo Jürgens auf dem Cover seines neuen Album, das am 21. Februar in den Handel kommt, etwas am Computer nachgeholfen wurde, doch schon der Titel des Werk verrät, wie sich der Star fühlt: „Mitten im Leben“. Da möchte man kaum glauben, dass dieser Udo Jürgens, der da um die Ecke schaut, am 30. September 80 Jahre alt wird.

Es ist bereits sein 53. Album, und der größte deutschsprachige Musik-Entertainer, der im Lauf der Jahrzehnte unwiderstehlich die Lücke zwischen Schlager, Chanson und Popsong ausfüllte, bürstet mal wieder gegen den Strich. In einem seiner Lieder nimmt der Frauenliebling, der zweimal verheiratet war und zahllose Affären hatte, die Männerwelt ins Visier.

In seinem Song „Der Mann ist das Problem“ heißt es: „Wer hält sich für den Größten, seit sich diese Erde dreht? / Wer spaltet die Atome, bis der ganze Laden untergeht? / Wer rast wie ein Gestörter, drängelt auf der Autobahn? / Wer traut sich nicht zum Zahnarzt, aber Kriege fängt er an? / Wer pocht auf seine Ehre und linkt zugleich den Staat? / Wer geht in Freudenhäuser und erfand das Zölibat? / Das ist nun mal die Wahrheit, er ist der Fehler im System, der Mann – ist das Problem!“

Der Sänger mit der österreichischen und Schweizer Staatsbürgerschaft meint zu diesem Text: „Ich rege mich einfach über die politischen Strukturen auf, die ausschließlich mit Machterhalt beschäftigt sind und dadurch jede positive Entwicklung zur Lösung der anstehenden weltweiten Probleme blockieren.“

Udo Jürgens, der auf dem elterlichen Schloss Ottmanach in Kärnten aufwuchs, komponierte über 1000 Lieder und verkaufte in seiner seit mehr als 50 Jahren andauernden Karriere über 100 Millionen Tonträger. Darunter waren Liebeslieder wie „17 Jahr, blondes Haar“ und „Merci Cherie“, aber auch sozialkritische Songs wie „Das ehrenwerte Haus“.

Aus seiner Kritik gegen soziale Missstände hat der Künstler nie einen Hehl gemacht. Zuletzt äußerte sich Jürgens zum Thema Internet. In der „Bild“-Zeitung sagte er, das Internet sei zwar „für unterdrückte Staaten das einzige Fenster zur Welt“, es berge aber auch „riesige Gefahren“. „Es ist erschütternd, wie Menschen dort fertig gemacht werden können. Sogar Kinder werden Opfer, wie beim Stalking unter Schülern.“ Viele würden außerdem mittlerweile Chats dem direkten Kontakt vorziehen.

Besorgniserregend sei vor allem, dass sehr viele Jugendliche auf Pornoseiten unterwegs seien und „ein völlig verzerrtes Bild von Erotik“ erhielten, das sich zwischen „Fantasie und Onanie“ ansiedle, statt zwischen „Romantik und Sinnlichkeit.“ Er selbst kommuniziere nicht online: „Ich nutze das Internet nicht. In meinem Alter habe ich da einfach den Anschluss verpasst.“

Vor zehn Jahren hat Udo Jürgens den Roman „Der Mann mit dem Fagott“ verfasst, der für das Fernsehen verfilmt wurde (2011). Darin schildert der Sänger die Geschichte seiner illustren Familie und seinen Werdegang als Künstler.

Udo Jürgens heißt eigentlich Jürgen Udo Bockelmann und stammt aus einer deutsch-österreichischen Bankiersdynastie. Sein Großvater Heinrich Bockelmann war deutscher Bankdirektor im zaristischen Russland, sein Vater Bürgermeister von Ottmanach. Der Onkel Werner Bockelmann regierte von 1957 bis 1964 als Oberbürgermeister die Stadt Frankfurt am Main, zwei weitere Erwin und Jonny Bockelmann waren Mineralölindustrielle. Der berühmte Dadaist Hans Arp war ein Onkel mütterlicherseits, und Udos Bruder Manfred Bockelmann ist ein bekannter Fotograf und Maler.