Tokio Hotel: Ist der Hype vorbei?

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Tokio Hotel: Ist der Hype vorbei?

Bill Kaulitz und Co. waren vor Jahren Deutschlands größte Musikstars - nun scheinen Tokio Hotel bestenfalls noch eingefleischte Fans hinter dem Ofen hervorzulocken: Tourtickets und Alben sind offenbar nicht besonders gefragt.

Es ist diese Art Geschichte, die das Publikum vor den Dramen des Showbiz wohlig erschaudern und Plattenfirmen-Mitarbeiter die Haare zu Berge stehen lässt: Weltstar findet sich auf einmal im Niemandsland der Charts und Provinzbühnen wieder. Ganz so weit ist es bei Tokio Hotel noch nicht. Aber der Trend scheint für die Jungs um Sänger Bill Kaulitz (25) eindeutig nach unten zu zeigen.

Indizien für diese These gibt es einige: Zum Beispiel die bevorstehende Tour der Band durch kleinere Säle – die größtenteils noch nicht einmal ausverkauft sind. Ein schwaches Ranking bei Amazon. Und nach Recherchen der „Bild“-Zeitung sogar bemerkenswerte schlechte Verkaufszahlen für das aktuelle Album „Kings of Suburbia“.

Das Blatt berichtet am Dienstag von rund 17.500 verkauften Exemplaren seit Anfang Oktober. Eine Quelle für die „exklusiven“ Zahlen wird nicht genannt – abwegig scheint die Größenordnung allerdings nicht. Das Debüt „Schrei“ von 2005 hatte mehrmals Platz eins der deutschen Albumcharts erreicht, sich wochenlang in den Top 100 gehalten und weltweit mehr als 1,5 Millionen mal verkauft. „Kings of Suburbia“ ließ sich nun hierzulande von einem Best-Of-Album der Band Sunrise Avenue („Hollywood Hills“) von der Spitze blocken und verschwand schnell wieder in der Versenkung. Bei Amazon wird die Platte derzeit auf Rang 7.796 unter den Musikveröffentlichungen geführt.

Noch eklatanter ist ein Blick auf die Tourdaten: Jene Band, die einst mit „Durch den Monsun“ Heerscharen von Teenies in die Ekstase trieb, spielt nun in Deutschland in jenen Sälen, die auf der Grenze zwischen „großer Club“ und „sehr kleine Halle“ anzusiedeln sind – natürlich als besonders exklusive Clubtour vermarktet. Leicht ist aber abzulesen, dass die „Feel It All“-Tour mit dieser Größenordnung bestens bedient ist: Konzerte in kleineren Locations wie dem Heimathafen in Berlin mit seinen 800 Stehplätzen sind ausverkauft. Für das Kesselhaus in München oder die Halle Tor 2 in Köln mit Platz für 2.000 und 1.500 Zuschauer gibt es noch Tickets – und das keine zwei Monate vor dem Konzert.

All das kommt natürlich nicht so überraschend, wie es auf den ersten Blick erscheint. „Humanoid“ hatte sich 2009 zwar in den USA sehr ordentlich verkauft – in Deutschland war es aber schon spürbar hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Die Experten des „Musikexpress“ hatten unlängst auch schon eine erste Erklärung für das Phänomen der im Sinkflug befindlichen Tokio Hotel gefunden: Die Band habe einfach die Halbwertszeit eines Teenie-Hypes überschritten. Vier Jahre hätten etwa auch Wham! und New Kids On The Block gehabt. Dann beginnen sich die jungen Fans für „ernsthafte Musik“ zu interessieren – und die Nachwachsenden haben ihre eigenen Lieblinge. Für Tokio Hotel wäre das eine betrübliche Nachricht.