„The Salvation“: Wild West auf skandinavisch

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„The Salvation“: Wild West auf skandinavisch

Spaghetti-Western, Karl-May-Western, Neo-Western - und nun eben ein skandinavischer Western. In Kristian Levrings "The Salvation" zieht Bond-Bösewicht Mads Mikkelsen als geschundener Racheengel durch die Steppe.

Der ultimative Blockbuster sähe derzeit vermutlich so aus: Unter der gleißenden Sonne im wilden Westen müssen es Superhelden mit einer Armee von wandelnden Leichen aufnehmen. Denn neben Zombie- und Comic-Verfilmungen gehört das Western-Genre seit Jahren zu den Dauerbrennern auf der Kinoleinwand und im TV. Ob „Django Unchained“ (2013), „Todeszug nach Juma“ (2007), die formidable TV-Serie „Deadwood“ (2004 bis 2006) oder der im Dezember erscheinende „The Homesman“ von Tommy Lee Jones – rauchende Colts, stahlharte Cowboys und ein Showdown im Wüstenstaub ziehen eben immer. Mit dieser Gewissheit im Rücken liefert nun der dänische Regisseur Kristian Levring (57, „Fear me not“) den Rache-Western „The Salvation“ ab.

Amerika um 1870: Sieben Jahre nachdem der frühere dänischer Soldat Jon (Mads Mikkelsen) und sein Bruder Peter (Mikael Persbrandt) dem alten Kontinent den Rücken gekehrt und ihr Glück in der Ferne gesucht haben, erreichen auch Jons Frau Marie (Nanna Oland Fabricius) und sein kleiner Sohn Kresten (Toke Lars Bjarke) das gelobte Land. In der neuen Heimat wollen sie zusammen ein friedliches Leben als Siedler führen. Doch kaum ist die Familie vereint, werden Marie und Kresten brutal ermordet, noch ehe Jon die Täter zur Strecke bringen kann.

Was der Witwer nicht weiß: einer der beiden Getöteten war der Bruder des mächtigen und berüchtigten Bandenanführers Delarue (Jeffrey Dean Morgan), der fortan auf Rache sinnt und aus blinder Wut zunächst drei Bewohner des Örtchens Black Creek exekutiert. Aus Angst vor Delarue liefern die Einheimischen Jon den Banditen aus. Zwar gelingt ihm mit Hilfe seines Bruders zunächst die Flucht, doch als bei der anschließenden Verfolgung auch noch Peter brutal niedergestreckt wird, hat Jon nur noch ein Ziel: blutige Rache.

Ja, die Story ist abgedroschen und auch einige nette kleine Wendungen machen die Handlung nicht weniger vorhersehbar. Zudem wirkt die Kapitalismuskritik rund um den beginnenden Siegeszugs des Öls als umkämpften Rohstoff ein wenig mit der heißen Nadel gestrickt. Erstaunlicherweise unterhält „The Salvation“ trotzdem. Denn die Vorahnung, dass hinter jeder Ecke schlimme Dinge lauern, erzeugt eine ganz eigene, düstere Stimmung. Als Jon etwa mit seiner Frau und seinem Sohn die Postkutsche besteigt und zwei üble Gesellen gegenüber Platz nehmen, weiß man als Zuschauer, dass die Sache nicht gut ausgeht. Wie sich die Situation dann zuspitzt und Jon dem Leid seiner Liebsten hilflos gegenüber steht, lässt einen nicht kalt.

Pulver früh verschossen

Leider kann der Film über die 90 Minuten das hohe Niveau des bedrückenden Auftakts nicht halten – das Pulver ist quasi schon ein bisschen früh verschossen. Fortan wartet man als Zuschauer im Grunde nur noch auf finale Abrechnung. Der mäßigen Spannung zum Trotz, kann man sich fortan immerhin an der Szenerie und der gelungenen Bildsprache erfreuen. So erscheint eine Bett-Szene mit Delarue und der verwitweten Schwägerin Princess (Eva Green) nach einem kurzen Kameraschwenk plötzlich in einem ganz anderen Licht. Die Außenaufnahmen, gedreht in Südafrika, vermitteln ein gutes und stimmungsvolles Bild von staubigen Steppen und verfallenen Geisterstädten. Wenngleich in wenigen Szenen der Einsatz von Computertechnik ein bisschen zu offensichtlich ist.

Das größte Plus sind sicherlich die Darsteller, denen man einfach gerne bei der Arbeit zusieht. Allen voran natürlich Charakterkopf Mikkelsen, unter dessen strähniger Mähne sich in glasigen Augen und geschundenem Gesicht das Elend der Welt zu spiegeln scheint. Keine Frage: Der Mann ist wie für einen Western gemacht. Ebenfalls ein ziemlich cooler Hund: sein dänischer Kollege Mikael Persbrandt. Die beiden Brüder brauchen nicht viele Worte, um sich zu verstehen und miteinander zu kommunizieren. Überhaupt setzt „The Salvation“ bei der Sprache auf Minimalismus. Eva Green als Princess etwa sieht blendend wie immer aus, sagt aber im Film kein einziges Wort, da ihr einst von Indianern die Zunge aus dem Mund geschnitten wurde.

Jeffrey Dean Morgan spielt den sadistischen Mörder Delarue mit sichtlicher Freude und erinnert dabei nicht nur optisch an Daniel Day-Lewis in seiner Rolle als William „Bill the butcher“ Cutting aus „Gangs of New York“. Besonders schön: Fußball-Raubein Eric Cantona darf in einer Nebenrolle als Delarues rechte Hand den Colt ziehen.

Fazit:

„The Salvation“ ist ein grundsolider Western, der keine neuen Impulse setzt, sondern bekannte Klischees mit einer Prise skandinavischer Bitterkeit würzt und dank imposanter Bilder und starker Schauspieler Extrapunkte sammelt.