The Prodigy: Auf sie mit Gebrüll!
Magazin
Schwarzer Audioverstärker
The Prodigy rufen wieder zur Meuterei auf, natürlich in der Nacht und in Clubs, da wo Raucherlunge, Hörsturz und geweitete Pupillen die Statussymbole sind. "The Day Is My Enemy" liefert genau die akustischen Anschläge, die Prodigy-Fans brauchen, um noch einmal die Fäuste in die vernebelte Luft zu recken.
Selten hat ein Musiker seinen Output so auf den Punkt gebracht wie Liam Howlett von The Prodigy: „Musik, die ich mag, habe ich immer als eine Art von Angriff gesehen. Das ist es, wofür ich Musik nutze, sie ist eine Art Attacke.“ Wie kraftvoll die Mittvierziger noch immer „Attacke!“ schreien können, beweisen sie mit dem neuen und sechsten Album „The Day Is My Enemy“, das einen schon beim ersten Hören zurück in die Zeiten von „Smack My Bitch Up“ versetzt. Die meisten der 15 neuen Songs klingen wie die meisten der alten. Kompromisslos, düster und krachend wüten sie sich ihren Weg mit Breakbeat, gepitchten Synthies und einem Gesang aus der Hölle durch die Boxen.
Auch 2015 klingt das nach Chaos und Untergang, Punk und Revolte – oder zumindest einem lautstarken Großeinsatz von Sirenen. Wer auch heute noch gerne zu „Firestarter“ feiert, bekommt mit „The Day Is My Enemy“ die tiefgekühlte und gegen jede Weiterentwicklung revoltierende Fortsetzung geliefert. Bis auf zwei zurückhaltende Songs („Beyond The Deathray“ und „Invisible Sun“) hätte jede dieser Neuauflagen auch in den Neunzigern funktioniert.
Für die meisten ist „The Day Is My Enemy“ aber einfach viel Lärm um nichts Neues. Mittlerweile greifen ja selbst Bands wie Tokio Hotel mit dem Stilmittel des Drum and Bass an, was The Prodigy noch zusätzlich Öl ins Wut-Feuer schütten dürfte. Mit der Jugend von heute tun sich die Herren generell schwer, wie „Ibiza“ zu verstehen gibt. Darin wüten Howlett und die ebenfalls sehr aggressiven Sleaford Mods gegen die heutige DJ-Kultur. Irgendwie ironisch, dass selbst die einstmals so progressiven Prodigy auf den Früher-War-Alles-Besser-Zug aufspringen.
Da es aber tatsächlich einige Dinge gibt, gegen oder für die es sich zu kämpfen lohnt, kann so ein lauter Energieschub sicher nicht schaden. Mögen sie in Frieden meutern.