Steve McQueen: Seine Filme sollen anstrengen

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Steve McQueen: Seine Filme sollen anstrengen

Die Werke von Steve McQueen sind keine leichte Kost. Ob Hungerstreik, Sexsucht oder, mit "12 Years a Slave", die Schrecken der amerikanischen Sklaverei - seine Filme sollen schockieren. Bereits jetzt gilt der Film über die wahre Geschichte des Solomon Northup als großer Favorit für die anstehenden Oscar-Nominierungen.

Der Brite Steve McQueen gilt mit seinem Sklaven-Epos „12 Years a Slave“ als heißester Anwärter für die diesjährige Oscar-Nominierung. Schonungslos erzählt der Film die wahre Geschichte des 1841 von Sklavenhändlern verschleppten Solomon Northup (Chiwetel Ejiofor, 36, „The Shadow Line“). Das mit Stars gespickte Drama soll den Zuschauern zum ersten Mal das wahre Martyrium schwarzer Sklaven nahebringen, wie der Regisseur nun der „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ verriet.

„Ich hatte schon immer das Gefühl, dass an der Stelle ‚Sklaverei‘ ein riesiges Loch in der Filmgeschichte klafft. Ehrlich gesagt, kenne ich keinen akzeptablen Film zum Thema. Was kann ich als Filmemacher dagegen tun? Ich versuche, es besser zu machen.“ Dass ausgerechnet ein Brite den Amerikanern eine Geschichtsstunde der eigenen Historie erteilt, stieß dabei Einigen sauer auf, so McQueen: „Es gab hier und da ein paar Bemerkungen. Meist von Afroamerikanern, die die Hoheit über ihre Geschichte behalten wollen. Aber die Sklaverei war ein globalisiertes Phänomen. Fünf Kontinente waren daran beteiligt. Meine Mutter stammt aus Trinidad, ich bin in Grenada geboren, woher auch Malcom X stammt.

Auf die unglaubliche Geschichte von Solomon Northup stieß der 44-Jährige dabei eher zufällig durch den Ratschlag seiner Ehefrau: „Ich hatte die Idee, einen Film über eine Entführung in der Sklavenzeit zu drehen. Dann sagte meine Frau: Warum suchst du nicht nach Geschichten aus erster Hand, nach Oral Histories? Sie fand schließlich diese unglaubliche Erzählung ‚Twelve Years a Slave‘. Da war meine Geschichte, bereits perfekt ausgeformt.

Wie es sich anfühlt, als freier Mann verschleppt zu werden und 12 Jahre Sklaverei zu überleben, erfährt der Zuschauer während des gesamten Film hautnah: „Das Publikum bleibt immer an Solomons Seite. Ich glaube, es gibt keine Szene, in der er nicht zu sehen ist. Der Film funktioniert nur, weil sich die Zuschauer mit Solomon identifizieren. Was er fühlt, wird auch das Publikum fühlen.“ Dass das zuweilen überwältigend sein kann, war McQueen vollkommen bewusst. „Zuschauen muss anstrengen. Hier gibt es keine gutgelaunten Schwarzen, die nach Feierabend am Lagerfeuer singen.

Für seinen Film konnte der Regisseur zahlreiche prominente Schauspieler gewinnen, die wie Paul Giamatti (46, „Sideways“) oder Brad Pitt (50, „World War Z“) zum Teil nur kurze Auftritte haben. „Ein Film ist nur so gut wie sein Casting“, führt McQueen aus und ergänzt: „Besonders die kleinen Rollen sind mir wichtig. Etwa der Sklavenhändler: Giamatti brauchte nicht mal eine Anweisung, er verstand sofort, worum es ging. Er verkauft Sklaven, als seien es Pferde oder Kartoffeln.“

Dieser harte Tobak scheint auch McQueen auf Dauer zu sehr mitzunehmen. Nach seinen für Zuschauer ebenfalls schwer erträglichen Filmen „Shame“ und „Hunger“, in denen jeweils Michael Fassbender (36) die Hauptrolle spielte, plant der Filmemacher nach eigener Aussage als nächstes Projekt etwas völlig Anderes: „Ich werde ein Musical machen. Schauen Sie sich die Themen meiner drei Filme an: Hungerstreik, Sexsucht, Sklaverei. Jetzt ist mir zum Tanzen zumute.“