„Spectre“: So fallen die ersten Reviews zum neuen „Bond“ aus

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„Spectre“: So fallen die ersten Reviews zum neuen „Bond“ aus

Zu einem neuen "Bond" hat jeder eine Meinung! Die Rezensenten der englischsprachigen Webseiten toben sich seit Mittwoch so richtig aus. Ihr Fazit: "Ziemlich gut, aber..."

Es gibt diese Ereignisse, zu denen wirklich jeder eine Meinung hat: Die Spiele der Fußball-Nationalmannschaft, Angela Merkels Flüchtlingspolitik – und, nicht zuletzt, Blockbuster-Filme Marke „Herr der Ringe“, „Star Wars“ oder „Bond“. Eine weitere goldene Regel lautet: Wo der Laie sich lautstark wundert, muss der Fachmann noch pointierter vom Leder ziehen. Und so ist der Release des neuen 007 natürlich ein Prestige-Event für die Rezensenten-Platzhirsche in aller Welt.

Seit Mittwochabend dürfen schon mal die englischsprachigen Kino-Kritiker ihre Reviews abfeuern. Eine Gelegenheit, die alle großen Webseiten genutzt haben. Das Fazit klingt durchaus spannend. Wie es aussieht, ist der neue Bond gut gemacht, bilderprächtig, ein Rückgriff auf die Kultfilme der 60er… Und vielleicht sogar Kult. Vielleicht. Oder auch etwas blöd. Wer weiß. Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten. Hier sind die wichtigsten „Bond“-Vorab-Erkenntnisse der US- und UK-Rezensenten im Überblick:

„So gut wie Connery“ – so schlägt sich Daniel Craig:

Die vielleicht wichtigste Frage vorab: Wie schlägt sich Daniel Craig (47), der Bond-Mime, der nicht mehr Bond sein will? Immer noch eigenwillig, aber klasse, sagen die Rezensenten. „Er ist einer der besten Bonds und so gut wie Connery“, schreibt der „Guardian“. So weit gehen nicht alle Kritiker. Aber der Respekt für Craigs Leistung ist hoch. In den Worten des „Hollywood Reporter“: „Er ist ein Terminator im Frack, eine Massenvernichtungswaffe, der pathologischer Narzisst, der aus der Kälte kam“, Craig spiele das „Image als soziopathischer Sadist mehr aus, als jeder vorherige 007“.

Ein Könner in einer Karikatur-Rolle – Christoph Waltz‘ Leistung:

Gerade im deutschsprachigen Raum ist die Spannung groß: Wie wird sich Österreichs Doppel-Oscar-Gewinner Christoph Waltz (59, „Django Unchained“) als Bösewicht schlagen? Auch hier ist viel Wohlwollen zu lesen. Allerdings gemischt mit sachter Kritik am „Spectre“-Skript. „Waltz flicht manchmal etwas Camp ein, aber im Allgemeinen spielt er mit kühler Gelassenheit, die in Schlüsselszenen für Gänsehaut sorgt, herunter, was im Prinzip eine lächerliche Rolle ist“, schreibt der „Telegraph“. Also: Gerade noch gerettet, oder? „Er ist großartig!“, findet „Hollywood News“.

Altmodische Extravaganz – das ist der neue Bond-Style:

Weiterentwicklung oder klassischer Bond? Die Rezensenten sind sich einig: „Spectre“ macht sich auf, zurück zu den Sixties. „Spectre ist voll von Anspielungen auf frühere Bond-Movies“, notiert der „Independent“. Geheimdienstarbeit als „altmodische Verwegenheit“ mit einem sexy Schuss „Pro-Snowden“-Statement sieht der „Guardian“. Und der „Telegraph“ freut sich über die äußerst bondige Ausstattung samt „Momenten der Extravaganz, die hier hingehören“: „Eine Geheimbasis in einem Krater, ein von Spots angestrahlter Meteorit als innenarchitektonisches Feature, ein Wrestling-Kampf in einem führerlosen Helikopter“. Der „Guardian“ sagt weiter: „Purer Action-Wahnsinn mit einem echten Sinn für Style!“

„Ein 300-Millionen-Dollar-Tiramisu“ – Die Highlights:

Auch bildlich hat „Spectre“ offenbar einiges zu bieten. Einhellig fasziniert sind die Rezensenten schon von der Eingangssequenz, in Szene gesetzt beim mexikanischen Totentag – „eine Sequenz, die Orson Wells neidisch gemacht hätte“, jubiliert „Hollywood Reporter“. Und findet auch die Actionparts aller Ehren wert: „‚Spectre‘ liefert das Futter, mit reichlich verrücktem Super-Auto-Porn und diversen Hochgeschwindigkeits-Verfolgungsjagden zu Straße, Fluß und verschneiten Berghängen.“ Eine „Folterszene für die Ewigkeit“, notiert der „Telegraph“. Dessen Kritiker gerät bei der Farbenpracht auch gleich ins Fabulieren: Rom sehe in den Aufnahmen aus, wie ein „300-Millionen-Dollar Faschisten-Tiramisu“. Es ist wohl als Kompliment gemeint.

„Auflösung von der Stange“ – Taugt die Story?

Das Wohl und Wehe hängt aber nicht zuletzt an der Story. Und just hier gehen die Meinungen auseinander. „Independent“ rügt: „Die Filmmacher wollen beides: Clevere Unterhaltung bieten und gleichzeitig neue Einsichten in Bonds Gefühle und seine Vergangenheit.“ Geklappt hat das offenbar zumindest nicht ohne Weiteres. Ein nicht mit genug Geschichte versehenes Gehangel von Reisestation zu Reisestation sieht „Variety“. Der Film löse seine eigenen Widersprüche nicht auf, meint der „Independent“. Und „Hollywood Reporter“ geißelt nach dem spannenden Auftakt viele Handlungselemente „von der Stange“ und klischeebeladene Charaktere.

„Zutiefst blöd, rasend unterhaltsam“ – Das Fazit:

Trotzdem: Ziemlich, ziemlich gut – aber nicht so gut wie „Skyfall“, so lautet das Fazit der meisten Rezensenten. „‚Spectre‘ enthält genug Blendwerk und Waghalsigkeit um die Marke Bond auf Kurs zu halten, aber nicht um ein bahnbrechendes Reboot wie ‚Skyfall‘ zu liefern. Zwei Schritte vorwärts, einer zurück“, meint „Hollywood Reporter“. Am schönsten fasst das Ergebnis aber vielleicht „Guardian“-Autor Peter Bradshaw: „Er ist zutiefst blöd, aber rasend unterhaltsam. Am Ende fühlte ich mich fast schuldig, ihn so sehr genossen zu haben – aber nur fast.“