So viel Wahrheit steckt in Hollywood

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So viel Wahrheit steckt in Hollywood

Ob "Captain Phillips", "The Wolf of Wall Street" oder "Rush" - all diese Geschichten entsprangen nicht etwa dem Geist eines begabten Drehbuchautors, sondern der Realität. Doch was bleibt davon eigentlich noch übrig, nachdem sich Hollywood ihrer angenommen hat?

„Basierend auf einer wahren Begebenheit“ – nicht selten bedienen sich Kinoproduktionen dieser Filmeinleitung und versprechen dem Zuschauer so originalgetreue Umsetzungen tatsächlicher Ereignisse. Wie sehr gerade Hollywood diese Art von Film liebt, ist an der aktuellen Flut der „wahren Geschichten“ auf der Kinoleinwand zu sehen. Doch wie viel Realität steckt wirklich in Leonardo DiCaprios „Wolf of Wall Street“, „Rush“ mit Daniel Brühl oder dem Drama „Dallas Buyers Club“, in dem Matthew McConaughey einen Aids-Kranken spielt?

Den wohl geringsten Wahrheitsgehalt aller kürzlich verfilmten Geschichten hat „Captain Phillips“ mit Tom Hanks (57, „Der Soldat James Ryan“) in der Titelrolle. Darin geht es um das 2009 von somalischen Piraten geenterte Schiff Maersk Alabama. Im Film der unumstrittene Held, musste Phillips in der Realität harsche Kritik für sein Verhalten hinnehmen. Einige Mitglieder seiner Besatzung verklagten sogar das Schiffunternehmen, weil sie sich von ihrem Kapitän in unnötige Gefahr gebracht fühlten, berichtet die „Daily Mail“. Dieser habe trotz bekannter Piratengefahr vor der Küste von Somalia den Kurs nicht korrigiert und so den Angriff provoziert.

Wesentlich originalgetreuer zeigt sich der Film „Rush“, der dem deutschen Schauspieler Daniel Brühl (35, „Die fetten Jahre sind vorbei“) eine Nominierung als bester Nebendarsteller für seine Verkörperung von Rennfahrer Niki Lauda bei den Golden Globes einbrachte. Der Streifen schildert den erbitterten Kampf des introvertierten Lauda mit seinem ärgsten Konkurrenten, dem Lebemann James Hunt. Einziger Kritikpunkt: Die Verfilmung zeichnet eine wesentlich größere Feindschaft der beiden, als tatsächlich vorhanden war. In Wirklichkeit verriet Lauda im Interview mit „The Telegraph“, dass er auch schon eine Nacht in der Wohnung von Hunt in London verbracht habe.

Ebenfalls sehr detailgetreu zeigt sich Martin Scorseses Film „The Wolf of Wall Street“. Darin spielt Leonardo DiCaprio den Aktienhändler Jordan Belfort, der Ende der 80er durch Wertpapierbetrügereien und Goldwäsche einen Millionenbetrag ergaunerte. Lediglich einige zu ausschweifende Party-Eskapaden sind laut der realen Beteiligten unter dem Begriff „künstlerische Freiheit“ einzuordnen: So kam es weder zu Gruppensex noch zu dem berüchtigten „Zwergenweitwurf“ im Büro, versichert Danny Porush, Freund und Mitbegründer von Belforts Maklerunternehmen Stratton Oakmont der Seite „Mother Jones“. Sein Verzehr des Goldfisches eines Kollegen sei dagegen wahrheitsgetreu, gibt Porush zu.

„Dallas Buyers Club“ behandelt die Geschichte des Aids-Infizierten Ron Woodroof, dem Ärzte nur noch kurze Zeit zu leben gaben. Anstatt sein Schicksal hinzunehmen, begann der von Matthew McConaughey (44, „Der Mandant“)dargestellte Texaner, heimlich Medikamente nach Amerika zu schmuggeln, die dortzulande illegal waren. Anderen Leidensgenossen verkaufte Woodroof dann einen Teil der Schmuggelware – der „Dallas Buyers Club“ war geboren. Der Film hält sich sehr nah an den Begebenheiten der Vorlage, mit Jared Letos Figur des Transsexuellen Rayon wurde aber ein fiktionaler Charakter in die Geschichte eingewoben.

Auch „12 Years a Slave“ von Regisseur Steve McQueen kann als äußerst wahrheitsgetreue Verfilmung angesehen werden. Darin verarbeitet er die Memoiren von Solomon Northup, der als freier Schwarzer 1841 in die Südstaaten verschleppt wurde, um dort als Sklave auf der Plantage von William Ford (Benedict Cumberbatch) zu arbeiten. Der Streifen hält sich äußerst nah an der Vorlage, lediglich die Darstellung des Sklavenhalters Ford wurde verändert. Dieser begeht im Film einige Gräueltaten, von denen Northup in seinem Buch selbst nicht berichtet hat.