„San Andreas“ – das bisschen Erdbeben…
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DJ mischt Musik
Zu viel Lärm und zu wenig Dialog - ein häufiger Kritikpunkt bei Action-Filmen. Bei "San Andreas" wünscht man sich genau das Gegenteil. Doch was bedeutet schon ein Erdbeben, wenn die eigene Ehe auf dem Spiel steht?
So ganz kann Hollywood die Katastrophenfilme nicht lassen. Die aufkeimende Diskussion um den Klimawandel brachte eine Flut von Eiszeiten, Stürmen und Killer-Wellen ins Kino. Hin und wieder rumst seitdem ein Nachbeben durch die Kinosäle, nun in Form eines 3D-Spektakels namens „San Andreas“ (ab 28. Mai im Kino), das dem Genre entsprechend laut, zerstörerisch und bierernst daherkommt. Eine Prise Selbstironie hätte dem Film allerdings nicht geschadet – dann wäre die von unbeholfenem Drama zerfressene Geschichte vielleicht halbwegs erträglich gewesen.
Nicht ohne meine Tochter
Charakterkopf Paul Giamatti, der nun mal auch Rechnungen bezahlen muss, hat als Seismologe Dr. Lawrence Hayes die simple Ausgangslage schnell erklärt: Eine Verschiebung der berüchtigte San-Andreas-Verwerfung sorgt in Kalifornien für ein Erdbeben der Stärke 9 auf der Richterskala – das heißt: Rette sich wer kann! Anschließend wird Giamatti darauf reduziert, mit Dackelblick Gebete in Richtung der schwer gebeutelten Stadt San Francisco zu schicken, wo sich die Handlung abspielt. Und je mehr man von der sieht, desto mehr wünscht man sich, der Film hätte einfach darauf verzichtet.
Helden-Hüne Ray (Dwayne Johnson) hat als Rettungspilot der Feuerwehr schon hunderte Menschen gerettet, doch inmitten der schwersten Katastrophe wird das Leid der Allgemeinheit schnell zur Nebensache, denn seine Tochter Blake (Alexandra Daddario) sitzt in San Francisco fest. Zusammen mit seiner Noch-Ehefrau Emma (Carla Gugino) macht er sich auf den Weg in das Katastrophengebiet.
We are family
Und schon kann es losgehen mit der Action – natürlich in 3D. Damit dieser Trend nicht vollkommen zum Gimmick verkommt, hat Regisseur Brad Peyton zumindest eine Handvoll Einstellungen eingebaut, in denen die Technik durchaus effektiv zum Einsatz kommt. Überhaupt haben es die spannend inszenierten Action-Szenen in sich – wenn sie mal dran sind. Denn zwischen kurzen, mitreißenden Sequenzen, in denen San Francisco wie ein Kartenhaus in sich zusammenfällt, hält sich der Film mit den wirklich wichtigen Dingen wie der Suche nach fahrbaren Untersätzen, der tieferen Bedeutung von Halsketten oder einem irritierenden Kurzauftritt von Pop-Star Kylie Minogue (46) auf.
Schade ist das vor allem für Dwayne Johnson (43, „Hercules“). Der Ex-Wrestling-Star hat sich in Hollywood längst als profitabler Action-Held etabliert und hätte mehr verdient als die schwülstigen Oneliner, die ihm das Drehbuch in den Mund legt, oder das unerträglich vorhersehbare Familiendrama, das die Geduld des Zuschauers in langatmigen Dialogen auf eine harte Probe stellt. Denn natürlich findet Ray inmitten von Tod und Zerstörung die Zeit, seine kaputte Ehe zu kitten. Wozu sollte ein Erdbeben schließlich sonst gut sein?
Manchmal braucht es wohl schwere Geschütze, um die amerikanische Familie – und Standfestigkeit – ins richtige Licht zu rücken, was am Ende die eigentliche Prämisse des Films zu sein scheint. Sobald sich Vater, Mutter und Kind in den Armen halten, ist die Ordnung schnell wieder hergestellt. Die Erde hört auf zu beben, die Überlebenden versammeln sich ums Lagerfeuer, und irgendjemand stellt eine US-Flagge auf, die bedeutungsschwanger im Sonnenuntergang flattert. Dass ganze Städte in Schutt und Asche liegen, scheint da nicht weiter schlimm. Kann man ja wieder aufbauen.