RZA: „Würde gerne wieder mit Xavier Naidoo arbeiten“
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Publikum feiert zusammen mit der Band
Was lange währt, wird endlich gut! Nach einer siebenjährigen Unterbrechung steht mit "A Better Tomorrow" wieder ein neues Album des Wu Tang Clans in den Regalen. Produzent RZA verrät im Interview, wie sich das Hip-Hop-Business in all den Jahren verändert hat - nicht unbedingt zum Besseren.
Sieben Jahre ist es her, dass der Wu Tang Clan ein Album veröffentlicht hat. Mit „A Better Tomorrow“ steht nun endlich das sechste Studiowerk der New Yorker Rapper in den Regalen. Wu-Tang-Mastermind und Produzent RZA, der mit bürgerlichem Namen Robert Diggs heißt, nahm sich Zeit, um mit spot on news über die neuen Songs, soziale Ungerechtigkeit in den USA und unerwartete Fernsehgewohnheiten zu sprechen.
Nach sieben Jahren ist mit „A Better Tomorrow“ nun das nächste Wu-Tang-Album erschienen. Wie sieht Ihre Version einer besseren Zukunft aus?
RZA: Wir versuchen die Welt mit unserer Musik zu verbessern. Wu Tang war schon immer eine Band, die Brücken zwischen verschiedenen Rassen, Kulturen, Ländern und Menschen unterschiedlicher Altersgruppen schlagen konnte. Das ist und bleibt der Ansatz von Wu Tang, den wir auch mit dem neuen Album verfolgten.
Im Vorfeld gab es eine Auseinandersetzung mit Raekwon, um ein Haar hätte er nicht bei „A Better Tomorrow“ mitgewirkt. Worum ging es dabei?
RZA: Raekwon hatte andere Ansichten darüber, wie sich der Sound von Wu Tang anzuhören hätte. Darüber hinaus ging es ebenfalls um finanzielle Dinge. Ich habe schließlich eingelenkt und hinterher war wieder alles beim Alten. (Anmerkung der Red.: Raekwon wollte einen höheren Gagenvorschuss heraushandeln, was zu einigen Spannungen geführt hat.)
Worin unterscheidet sich das neue Album von seinen Vorgängern?
RZA: Es ist bereits unser sechstes gemeinsames Studioalbum. Als Produzent aller Wu-Tang-Alben wollte ich diesmal etwas mehr herum experimentieren. Anstatt der klassischen Musiksamples von Platten verwendete ich auf „A Better Tomorrow“ mehr Einspieler mit echten Instrumenten. So kommt eine gute Mischung aus neuem melodischerem Sound und klassisch hartem Wu-Tang-Sound zustande.
„A Better Tomorrow“ behandelt soziale Ungleichheit, Rassismus, aber auch Probleme wie globale Erwärmung…
RZA: Genau, das sind die Probleme, die wir als Künstler ansprechen wollen. Wir sind nicht mehr dieselben Jugendlichen aus dem Ghetto, die jeden Tag sehen müssen, wie sie über die Runden kommen. Wir haben heute andere Probleme zu lösen. Als Erwachsene sollten wir deshalb auch über die Probleme der Älteren reden.
Seit dem ersten Wu-Tang-Album „Enter The 36 Chambers“ sind bereits über 20 Jahre vergangen. Wie hat sich die Hip-Hop-Szene in dieser Zeit verändert?
RZA: Auf der einen Seite hat sich zunächst einmal das Equipment grundlegend verändert. Der Zugang ist einfach ein anderer, früher ging man in den Plattenladen und wühlte durch die Plattenkisten und suchte sich seine Samples. Heutzutage läuft alles nur noch über Computer – man kann sogar über das iPad Musik produzieren.
Hip Hop wurde in den letzten Jahren stark von Dance Music und R’n’B beeinflusst. Die Stärke von Hip Hop ist aber, dass er trotzdem immer ein Alleinstellungsmerkmal hatte, aber auf der anderen Seite ständig Einflüsse von außen hatte. A Tribe Called Quest brachten der Rap-Musik den Jazz, Dr. Dre und De La Soul den Funk, Wu Tang die Martial Arts. Heutzutage ist es jedoch eine schmaler Grat zwischen Hip Hop und R’n’B.
Außerdem gibt es viel weniger Vielfalt. Früher gab es Run DMC, die Beastie Boys, Public Enemy, Eric B. and Rakim, Big Daddie Kane, Biz Markie, A Tribe Called Quest, De La Soul, Eazie E, DJ Quick, Too Short, Digital Underground, Ghetto Boys, Kid Frost, MC Solar, Cypress Hill, die allesamt einen eigenen spezifischen Sound hatten. Auch noch in den 90er galt das für Acts wie Notorious B.I.G., Nas oder Snoop Doggy Dogg. Heutzutage gibt es nur noch einen Einheitsbrei.
Im Kontext der Ereignisse um Ferguson und der sozialen Spannungen in den USA: Haben es schwarze Jugendliche heutzutage schwerer als zu der Zeit als Sie heranwuchsen?
RZA: Ich weiß nicht, ob es heute schwieriger ist. Es ist auf jeden Fall immer noch schwer. Feuer brennt, wissen Sie. Man hat sich vor 100 Jahren daran verbrannt und verbrennt sich auch heute noch daran. Das gleiche gilt für Rassismus. Solange er existiert, brennt er.
Derzeit protestieren viele Menschen in New York nach dem Tod von Eric Garner gegen Polizeigewalt. Waren Sie jemals selbst Opfer von Polizeibrutalität?
RZA: Als ich jünger war, wurde ich – wie jeder andere auch – häufig kontrolliert und belästigt. Aber New York ist durch Giuliani (New Yorks Bürgermeister von 1994 bis 2001, Anmerkung der Red.) inzwischen viel sicherer geworden. Es gab eine Zeit, da konnte man mit einer Gucci-Tasche oder Goldschmuck nicht auf die Straße gehen, ohne beraubt zu werden. Aber heutzutage ist die Kriminalität im Vergleich zur damaligen Zeit um 84 Prozent gesunken. Dennoch hat sich das Mindset vieler Polizisten nicht geändert. Sie denken, sie stehen einer Stadt voller Krimineller gegenüber und vorverurteilen in diesem Zusammenhang gerade schwarze Jugendliche besonders häufig.
Hinzu kommt, dass die Polizei häufig gewisse Verhaftungsquoten erfüllen muss.
RZA: Definitiv, das ist das allerschlimmste. Wenn die Verbrechensrate sinkt, sinken auch die dadurch auf staatlicher Seite generierten Einnahmen. Wenn also keiner da ist, den man für schwerwiegende Verbrechen ins Gefängnis stecken kann, müssen Menschen wegen geringer Tatbestände hinter Gitter. Das Problem bei Eric Garner war, dass sie ihm einfach einen 15-Dollar-Strafzettel hätten geben sollen. Durch die Verhaftung und das darauffolgende Gerichtsverfahren wären der Stadt Kosten von 55.000 Dollar entstanden. Selbst aus einem Business-Standpunkt heraus ist es schlichtweg bescheuert. Nun sind die Kosten natürlich allein durch die Proteste in Millionenhöhe. Es ist einfach bescheuert. Sie haben sich auf Eric Garner gestürzt wie hungrige Wölfe auf einen Hirsch. Wann man sich das Video anschaut, sieht es nicht aus, als würde eine Gang jemanden verprügeln. So sieht es zumindest für mich aus.
Sie gelten als aktiver Unterstützer von Barack Obama, der zuletzt immer mehr in die Kritik geriet. Hat sich Amerika verbessert, seit er im Weißen Haus sitzt?
RZA: Definitiv! Man muss sich nur die blanken Zahlen anschauen. Der Wirtschaft geht es besser, mehr Menschen haben Arbeit gefunden und auch das Image der USA in der Welt hat sich seit dem Ende der Amtszeit von George W. Bush deutlich zum besseren gewandelt. Aber es ist natürlich schwer für eine einzelne Person, gravierende Änderungen voranzutreiben, wenn große Teile der Politik sich aus Prinzip gegen einen stellen.
(Anmerkung der Red.: RZA meint die Blockadehaltung der republikanischen Partei im US-Parlament an)
Sie haben neben Wu Tang auch häufig als Schauspieler gearbeitet. Gibt es dort neue Projekte?
RZA: Eigentlich rede ich nicht über meine Schauspielerei, wenn ich Promo für Wu Tang mache. Aber es gibt da einen Film, den ich cool finde. Und zwar die Action-Komödie „Mr. Right“ mit Sam Rockwell, Tim Roth, Anna Kendrick und mir. Wir sind gerade mit der Produktion fertig geworden.
Welche ist ihre Lieblings-TV-Serie. Gibt es eine Fernsehserie, in der Sie gerne mitspielen würden?
RZA: Ja, die gibt es. Meine Liebslings-Serie ist „Family Feud“ (auf deutsch: „Das Familienduell“) mit Steve Harvey. Das ist die coolste Sendung im Fernsehen. Er ist wohl einer der besten TV-Moderatoren aller Zeiten. Ich schaue jeden Tag an die vier Folgen.
Gibt es Pläne, erneut mit Quentin Tarantino zusammen zu arbeiten?
RZA: Nein, da ist momentan nichts geplant. Aber wir wollen über die Feiertage zusammen einige Kung-Fu-Filme anschauen. Er hat mich zu sich eingeladen. Da steckte ich aber im Produktionsstress – nun habe ich aber mehr Zeit.
Sie haben häufig mit europäischen Künstlern zusammen gearbeitet – zuletzt auch Genetikk aus Deutschland – gibt es auch andere deutsche Rapper, mit denen Sie gerne Musik machen würden?
RZA: Ich würde gerne wieder mit meinem Kumpel Xavier Naidoo arbeiten. Ich bin inzwischen ein viel besserer Songschreiber. Es wäre großartig, wieder mit ihm zu arbeiten. Wir hatten damals schon einen besonderen Vibe. Heute wäre es noch viel besser, da wir uns als Künstler beide weiterentwickelt haben.