„Rush – Alles für den Sieg“: Streckenrekord oder Ausritt ins Kiesbett?

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„Rush – Alles für den Sieg“: Streckenrekord oder Ausritt ins Kiesbett?

Viele deutsche Kinofans waren entsetzt, als Daniel Brühl für seine Rolle als Niki Lauda in "Rush - Alles für den Sieg" bei den diesjährigen Golden Globes leer ausging und für die Oscars gar nicht erst nominiert wurde. Jetzt begeistert das Hochgeschwindigkeits-Drama auch Heimkino-Enthusiasten auf DVD und Blu-ray. Und eines vorweg: Formel-1-Fan muss man nicht sein, um den Film richtig gut zu finden.

Hollywood-Arbeitstier und Regisseur Ron Howard, der unter anderem durch Kinohits wie „Apollo 13“ und „The Da Vinci Code – Sakrileg“ bekannt wurde, bewies schon im Historien-Drama „Frost/Nixon“, dass er ein Händchen für eher ungewöhnliche filmische Konzepte hat. Mit „Rush – Alles für den Sieg“ verfilmte er angeblich eine der größten Sportrivalitäten, die es je gegeben hat – die zwischen der österreichischen Formel-1-Legende Niki Lauda (65) und seinem Kontrahenten, dem britischen Rennfahrer James Hunt (1947 – 1993). In Wahrheit war die Auseinandersetzung bei weitem nicht so brisant, wie sie auf Zelluloid dargestellt wird – privat verband die die Sportler sogar eine Freundschaft. Aber stört das? Mitnichten.

Ganz im Gegenteil – das erklärte auch Drehbuchautor Peter Morgan in einem Interview mit der „Welt“. „Eine stille, innere Rivalität ist eher etwas für einen Roman,“ meinte der Schreiber dort. „Ja, ich habe den Konflikt und die Bitternis übertrieben. Aber am Ende bleibt kein Zweifel über die tiefen Gefühle, die beide verbinden,“ gibt Morgan zu. Und wie recht er doch hat. Was wäre das Kino ohne ausufernde Effekte, spannungsgeladene Geschichten und seine mitreißenden Momente? Genau hier setzt auch das Formel-1-Drama an, das nun am 28. März auf Blu-ray und DVD erscheint.

„Rush“ rollt mit einer Story an die Startlinie, die genauso gut in Hunderten anderen Settings abgefahren werden könnte. Zwei Rivalen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, liefern sich einen unerbittlichen Kampf. Der eine, nämlich Hunt, ist ein Naturtalent. Er geht Risiken ein, lebt sein Leben und den Rennsport bis an seine Grenzen. Lauda, der andere, ist besonnen. Mit viel Arbeit und Engagement setzt er sich von dem Briten und den anderen Fahrern ab. Dass hier die Formel 1 als Getriebe der Rahmenhandlung fungiert ist da schon fast Nebensache. Klar, Motorsport-Fans interessieren sich für das Drumherum und freuen sich, dass die Saison des Jahres 1976 auch auf der Leinwand zum größten Teil akkurat dargestellt wird. Doch Laien dürfte das kaum bewegen.

Letztere finden viel mehr Gefallen an den oftmals zündenden Dialogen und der Leistung von Daniel Brühl (35, „Lila, Lila“), der sich hier an die Pole Position der „Rush“-Darstellerriege schauspielert. Nicht umsonst wurde der deutsche Vorzeigemime in diesem Jahr bei den britischen Bafta-Awards und bei den Golden Globes in der Rolle des Niki Lauda als bester Nebendarsteller nominiert. Auch Chris Hemsworth (30, „Red Dawn“), der den Lauda-Rivalen James Hunt verkörpert, geht mit einer guten Leistung aus dem Qualifying. Und Hunts Eroberungen wie Natalie Dormer (32, Margaery Tyrell aus „Game of Thrones“) und „Tron Legacy“-Schauspielerin Olivia Wilde (30) belegen zusätzlich solide Platzierungen im Darstellerfeld.

„Stärker als die Angst vor dem Tod ist der Wille zum Sieg“, heißt es im Film-Trailer und so spielt natürlich auch der nahezu tödliche Unfall von Lauda eine tragende Rolle im Film. Auf dem Nürburgring verunglückte der Österreicher nahe des Streckenabschnitts Bergwerk. Er war kurzzeitig im Cockpit seines Wagens eingeschlossen und erlitt schwere Verbrennungen am Kopf und Verätzungen der Lunge. Nur wenige Wochen später saß Lauda wieder im Rennwagen und beendete die Saison.

Selbst wer mit dem ganzen Rennzirkus nichts anfangen kann, der kann die Spannung und Magie nicht verleugnen, die „Rush“ in seinen aufreibenden Fahrszenen versprüht. Intensiv kommen sie daher, fast als fahre man als stiller Beobachter Sozius; als könne man den Benzingeruch in der flimmernden Luft wahrnehmen. Diese Aufnahmen lockern das Geschehen auf, bringen Abwechslung und Tempo in den gut zweistündigen Film, der sich besonders auf die beiden Fahrer und ihr Duell konzentriert.

Auch die Maske sowie die Requisiten tun ihr übriges, um den Zuseher in eine 1970er-Jahre-Welt aus Wortgefechten und Adrenalin zu ziehen, selbst wenn es sich zum Beispiel bei den Wagen nicht um Originale handelt. Andererseits zeigen die gelungenen Nachbildungen perfekt, wie viel Arbeit die filmende Boxencrew in das Projekt investiert hat – allen voran Rennstallbesitzer Ron Howard, dessen Erfahrung sich offensichtlich bezahlt macht. Die Blu-ray gibt sich unterdessen nicht ganz auf Weltmeister-Niveau. Das Bild ist gut, der „DTS-HD 5.1“-Sound der englischen und deutschen Tonspuren gibt sich solide und auch die Zusatz-Inhalte – wie Interviews mit Darstellern und Crew sowie mehrere Kurz-Featurettes – gefallen. Außergewöhnliches wird auf diesem Sektor jedoch nicht geboten.

„Rush“ erkämpft sich damit insgesamt einen wohlverdienten Podiumsplatz in der Königsklasse der Sport-Filme. Kein Vergleich also zu Seifenkisten-Rennen wie Sylvester Stallones (67) fast schon peinlichem „Driven“ von 2001, in dem auch der deutsche Frauenliebling Til Schweiger (50, „Keinohrhasen“) mitspielt. Stattdessen dürfte „Rush“ bald in einer Reihe mit Produktionen wie „Million Dollar Baby“ genannt werden, der 2005 insgesamt vier Oscars gewann. „Rush“ ist heißer als jedes Boxenluder!