Rapper Nazar: „Für mich ist Falco der Größte“
Magazin
Band Session im Proberaum
Am 22. August erscheint das sechste Album des österreichischen Rappers Nazar: "Camouflage", eine Platte mit Tiefgang und wild gemischten Features von Mark Forster bis Sido. Wie wichtig dem 29-Jährigen dieses Album ist und warum gerade Falco so eine enorm große Rolle bei der Produktion spielte, erzählt Nazar im Interview mit spot on news.
Die Geschichte des österreichischen Rappers Nazar, mit bürgerlichen Namen Ardalan Afshar, ist vielleicht nicht ganz die von Aschenputtel, aber auch der 29-jährige Wiener mit iranischer und türkisch-afscharischer Abstammung hatte anfangs mit schweren Bedingungen zu kämpfen. Als Kind nach Österreich geflohen und ohne Geld in der Tasche kämpfte Nazar dafür, Musik machen zu können. Und heute? Zahlreiche Charterfolge und sechs Alben später steht der Rapper ganz oben im Hip-Hop-Olymp. Mit im Gepäck: das neue Album „Camouflage“ und eine politische Meinung, die gehört werden sollte.
Das sechste Studioalbum trägt den Namen „Camouflage“. Was steckt hinter diesem Titel?
Nazar: Mein Aussehen wirft immer automatisch ein typisches Bild auf die Musik. Oftmals wird mir gar keine Möglichkeit gegeben, zu zeigen, was sich hinter mir und vor allem hinter meiner Musik verbirgt. Somit habe ich mich dazu entschieden, das Album „Camouflage“ zu nennen. Die Leute sollen verstehen, dass in dem Album nicht bloß das steckt, was sie bei mir an Äußerlichkeiten sehen.
Musikalisch erwartet uns demzufolge was?
Nazar: Ein sehr vielfältiges, musikalisches Album, an dem wir acht Monate gearbeitet haben und auf das ich sehr stolz bin. Es ist für jeden Geschmack etwas dabei und ich würde mir deshalb wünschen, dass so viele Menschen wie möglich in das Ding reinhören und der Platte eine Chance geben.
Mit was überzeugen Sie die Leute?
Nazar: Wir haben noch nie so lang an einem Album gearbeitet. Sonst waren Melodien und Texte in drei bis vier Wochen im Kasten. Diesmal wurden viele Beats arrangiert und andere Musiker dazu geholt, welche live gespielt haben. Dadurch ist „Camouflage“ sehr themenhaltig und persönlich geworden. Obwohl ich im letzten Jahr deswegen viel Stress mit meinem Label bekomme habe, betonte ich immer wieder, es bisher nicht geschafft zu haben, ein langlebiges Album zu machen. Dieser Gedanke hat mich immer verfolgt: Falls ich morgen mit dem Flugzeug abstürze, wollte ich einfach etwas Beständiges hinterlassen, was für mich und mein Leben stehen kann.
Ist deshalb auch genau jetzt der passende Zeitpunkt für einen gemeinsamen Song mit Falco?
Nazar: Ich wusste lange Zeit nicht, ob es überhaupt rechtlich möglich ist, diese Idee umzusetzen und einen Song mit Falco zu produzieren. Wie kann es denn auch sein, dass so etwas noch nie jemand gemacht hat? Ich wollte aber eben keinen alten Song von ihm auf der Hip-Hop-Schiene covern, sondern war es mein Anliegen, es klingen zu lassen, als hätten wir einen Song zusammen aufgenommen. Es war eine unglaubliche Herausforderung, aber dass dieses Projekt funktioniert hat, ist für mich die größte Ehre überhaupt. Es gibt für mich kein größeres Feature auf der Welt als Falco.
Ist es denn Ihre Pflicht als Österreicher, Fan von Falco zu sein?
Nazar: Ich glaube, jeder Österreicher hat eine Verbindung zu Falco, da er für uns alle der Vater der Musik war. Dieser kontroverse Mensch – wenn der mit jemanden geredet hat, musste man einfach zuhören. Er hatte soviel Einfluß auf die Musik, auch nach seinem Tod. Wie kann so eine Persönlichkeit kein Vorbild sein?
Sie haben als Kind eine ziemliche lange Zeit im Krankenhaus verbracht. War auch damals schon die Musik ein wichtiger Wegbegleiter für Sie?
Nazar: Auf jeden Fall. Wenn ich Leuten davon erzähle, wie ich aufgewachsen und mit meiner Familie geflohen bin, erschrecken die Menschen manchmal deswegen. Ich bin als Migrantenkind auf der Straße groß geworden und habe immer so viel Wut in mir getragen. Das hat definitiv dazu beigetragen, mit dem Rappen anzufangen. Wenn ich darüber nachdenke, dass ich jetzt in Österreich häufig Anfragen bekomme, mit dem Außenminister oder anderen Politikern über diverse politische Themen zu diskutieren, ist das schon sehr krass. Das Blatt hat sich gewendet.
Ab wann haben Sie erkannt, dass das Rappen einen größeren Platz in Ihrem Leben einnimmt?
Nazar: Ich habe Musik von Anfang mit der Intention gemacht, Erfolg zu haben, anstatt ein weiteres Hobby dazuzugewinnen. Für mich war klar, alles zu geben und hinein investieren zu müssen, was ich beseitze. So habe ich damals Kredite aufgenommen, um mir die Studios und Videoproduktionen leisten zu können. Es lief alles in Eigenregie und musste irgendwie bezahlt werden. Schnell wurde klar, dass es kein Zurück mehr gibt.
In einem Ihrer Songs heißt es auch: „Jeder kann es schaffen, aber die Regeln sind nicht leicht“. Wie sehen Ihrer Meinung nach diese Regeln im Geschäft aus?
Nazar: Gerade in solchen Ländern wie Deutschland, Österreich und der Schweiz sind die Menschen sehr verwöhnt und denken, alles auf der Welt sei so leicht zu bekommen – vor allem Musik zu machen und erfolgreich zu werden. Viele sind der Meinung, einfach nur an etwas glauben zu müssen und es dann im besten Fall mit Geld erkaufen zu können. Aber einen Traum zu erfüllen, bedeutet nicht nur abends vor dem Bett zu knien und zu beten, sondern es heißt Opfer zu bringen. Du darfst nicht meckern, nicht neidisch auf andere sein, sondern du musst selber alles geben. Es kostet Zeit, Geld und Nerven, überhaupt die Möglichkeit zu bekommen, gehört zu werden.
Gehört zu werden und in Ihrem Fall gleichzeitig politische Konflikte anzusprechen. Wie wichtig ist es Ihnen, musikalisch mit diesen Themen an die Öffentlichkeit zu gehen?
Nazar: Sehr wichtig. Vor allem unter dem Aspekt, dass sich viele andere Kollegen gar nicht so weit aus dem Fenster lehnen wollen. Sie denken, es sei nicht cool für die Jugendlichen und dass diese im Umkehrschluss die Musik nicht konsumieren. Oder dass seit Neuestem 90 Prozent aller Rapper auf den Zug des Israel-Palästiner-Konflikts aufgesprungen sind und viele so tun als wenn ihnen das Problem am Herzen liege. Aber ganz ehrlich, das ist ein Dauerproblem, diese schwierige Thematik gibt es schon so lang. Jedoch es ist ja einfach, sich über den Rap darüber zu äußern, da sowieso der größte Teil der Welt etwas gegen Juden und Israel haben und man sich so keine Feinde macht.
Ist es am Ende das, was einen Nazar ausmacht?
Nazar: So Rapper wie ich, die sehr viel Einfluss auf junge Menschen von der Straße haben, müssen einfach den Mund aufmachen. Es ist unsere Pflicht, das Wort der ganzen jugendlichen Migranten zu egreifen. Wie können diese sich denn gegen die Vorwürfe der FPÖ verteidigen? Gar nicht. Und so wird die Wut immer größer. Ich habe jetzt die Möglichkeit, diese Kids über meine Musik zu erreichen und bringe deshalb derartige Themen in die Medien.