Rainhard Fendrich: „Früher hatte ich kranke Gedanken im Kopf“

Magazin

Rainhard Fendrich: „Früher hatte ich kranke Gedanken im Kopf“

"Macho Macho" ist einer der bekanntesten Hits von Rainhard Fendrich. Aber auf seine großen Erfolge will sich der Österreicher nicht reduzieren lassen. Deshalb hat er anlässlich seines bevorstehenden 60. Geburtstags ein Album mit seinen weniger bekannten Liedern zusammengestellt. spot on news ist mit ihm auf eine musikalische Zeitreise gegangen.

Er ist der wohl bekannteste Vertreter des Austro-Pop: Rainhard Fendrich. Mit „Macho Macho“ schaffte er Ende der 80er Jahre auch seinen endgültigen Durchbruch in Deutschland. Seitdem sind seine Lieder wie „Es lebe der Sport“, „Strada del Sole“ oder die heimliche Bundeshymne Österreichs „I Am From Austria“ gefeierte Hits. Auf seinem neuen Album „Auf den zweiten Blick“ soll es aber nicht um ebendiese gehen, wie der österreichische Liedermacher im Interview mit spot on news klar macht.

Anlässlich seines bevorstehenden 60. Geburtstags hat sich Fendrich nämlich mit all seinen bisher veröffentlichten Studioalben nochmals auseinandergesetzt. Dabei ist er auf die Suche nach den Liedern gegangen, die neben seinen großen Hits ein Schattendasein fristeten. Für ihn war das wie das Blättern in einem „akustischen Fotoalbum“. Eine musikalische Zeitreise. Dabei hat er auch „kranke Gedanken“ in seinem Kopf festgestellt.

Herr Fendrich, was steckt hinter dem Album-Titel „Auf den zweiten Blick“?

Rainhard Fendrich: Auf dem Album sind keine neuen Lieder. Aber es sind die Lieder, die auf Platten drauf waren, auf denen meist ein Hit dominierte, der alle anderen Songs in den Schatten stellte. Von einer Platte werden in der Regel zwei bis drei Lieder gespielt und der Rest gerät in Vergessenheit. Es steckt aber in jedem Lied ein gewisses Maß an Herzblut und ich habe mir anlässlich meines runden Jubiläums mal die Mühe gemacht, zurückzublicken und habe mir alle meine bisherigen Studioalben angehört. Dabei sind ein paar Sachen hängengeblieben, bei denen ich mir dachte, die wären es wert, nochmal neu aufgenommen zu werden.

In welcher Hinsicht?

Fendrich: Jedes Lied ist eine Reflexion seiner Umgebung. Das heißt, wenn man sich mit so einem Lied wieder auseinandersetzt, dann taucht irgendwann wieder die Erinnerung auf, warum habe ich das geschrieben und was war das für eine Zeit? Das war für mich, wie in einem akustischen Fotoalbum zu blättern.

Was haben Sie dabei alles entdeckt?

Fendrich: Es war interessant für mich, mich mit dem jungen Rainhard Fendrich auseinanderzusetzen. Was habe ich da für kranke Gedanken im Kopf gehabt? Auf der einen Seite waren das teils blöde Ideen, die ich mir auch hätte sparen können. Auf der anderen Seite frage ich mich, wie kommt ein Bub in solch einem jungen Alter von Mitte Zwanzig auf die Idee, ein Lied wie „Die Erde“ zu schreiben? Also hat es damals schon ein Umweltbewusstsein gegeben, das leider ungehört verhallt ist. Das war eine interessante Zeitreise, auf der ich auch wiedererlebt habe, was für ein Zeitgeist damals war.

Gab es sonst noch einen Grund, warum Sie nun solch ein Album veröffentlichen?

Fendrich: Ich wollte den Compilations zuvorkommen, die da vielleicht zu meinem Geburtstag zusammengeschustert werden. Da wären dann eh nur wieder all diese Lieder drauf, die dauernd von mir gespielt werden. Deshalb habe ich meine eigene Compilation gemacht mit den Liedern, die mir gefallen, nicht marktorientiert. Weil das ist mein Leben und das sind meine Lieder und ich habe mir in den vergangenen 30 Jahren ein Publikum erarbeitet, das das auch gerne hört.

Wird es denn auch noch ein Album mit neuen Songs geben?

Fendrich: Die Kreativität ist etwas, das man nicht züchten oder beeinflussen kann. Sie ist wie ein Edelweiß, den findet man oder man findet ihn nicht. Aber ich habe jetzt ein Projekt mit Vereinigte Bühnen Wien. Und zwar wird es ein Juke-Box-Musical mit meinen Songs geben. Im März 2016 soll Premiere sein und den Titel tragen „I Am From Austria“. Das ist für mich ein sehr großes Kompliment, das man es wert findet, mit meiner Musik ein abendfüllendes Musical zu machen. Das wird meine nahe Zukunft in Anspruch nehmen. Aber wenn ich dann schon mal im Schreiben drin bin, dann kommt oftmals was anderes nach. Ich kann mir also vorstellen, im Herbst 2016 nach der Musical-Premiere ein neues Album zu veröffentlichen.

Sie verspüren also momentan keinen Druck, neue Lieder veröffentlichen zu müssen?

Fendrich: Mein erster Platten-Chef hat einmal gesagt: „Für den ersten Hit hast ein Leben lang Zeit, für den zweiten ein Jahr!“ Den Druck habe ich nun nicht mehr. Bei mir wissen die Leute, dass da wo Fendrich draufsteht auch Fendrich drin ist. Was zählt ist die Bühne, denn das ist das Salz in der Suppe. Und wenn ich meine Konzerte spiele, weiß ich, dass das Publikum sich nicht um den Eintrittspreis betrogen fühlt und gerne wieder kommt, weil es auf einem Niveau unterhalten wird, das ich angemessen finde. Denn Unterhaltung hat auch was mit Haltung zu tun. Und das ist mein Kapital, deshalb bin ich vollkommen entspannt.

Haltung hat auch Udo Jürgens bis zuletzt auf der Bühne bewiesen. Wie sehr hat Sie sein Tod getroffen?

Fendrich: Ich war fassungslos. Das hat mich sehr getroffen. Ich habe ihn persönlich kennengelernt als einen besessenen Musiker, rastlosen Menschen und kameradschaftlichen Kollegen. Klar kann man sagen, mit 80 zu sterben ist okay. Aber weh tut es trotzdem. Udo Jürgens war für mich eine Institution und plötzlich ist er nicht mehr da. Mit ihm ist der letzte große Entertainer dieses Metiers von uns gegangen. Für mich war er das Symbol ewiger Jugend und es hat mir wieder einmal gezeigt, dass alles ein Ende hat und wie schnell dieses kommen kann.