Pharrell Williams: Der glückliche Vampir

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Pharrell Williams: Der glückliche Vampir

"Get Lucky", "Blurred Lines", "Happy": Seit seinem Überhit mit Daft Punk wird der Hype um die Hitmaschine Pharrell Williams immer größer. Auf dem Zenit seiner Popularität bringt der scheinbar nicht alternde 40-Jährige nun sein zweites Soloalbum heraus: "GIRL". Damit wird Williams bei den nächsten Grammys eine der Hauptrollen spielen.

Das Internet hat die Besonderheit von Pharrell Williams schon lange erkannt. Eine Collage, die Bilder des 40-Jährigen aus den letzten drei Jahrzehnten zeigt, geistert seit einiger Zeit durch die virtuelle Welt. Das Auffällige daran: Der 40-Jährige sieht noch immer aus wie 1990. Wer den Namen des „Get Lucky“-Sängers bei Google sucht, dem schlägt die Suchmaschine deshalb als erstes vor: „Pharrell Williams Vampire“. Es gibt Webseiten, die haben schon ein ganzes Bilderquiz unter dem Motto „Welcher Pharrell ist älter?“ gebastelt. Der Mann altert einfach nicht, was tatsächlich ein Mysterium ist.

Noch aufsehenerregender als sein seit drei Jahrzehnten währendes Babyface ist Pharrell Williams aktuelle Präsenz. Seit „Get Lucky“, dem Überhit des letzten Jahres, den er für Daft Punk einsingen durfte, schraubt sich der Hype um den Mann mit dem eingebauten Schlafzimmerblick in immer höhere Dimensionen. Den einen Hit („Get Lucky“) sang er, den anderen schrieb er („Blurred Lines“), beim aktuellen („Happy“) übernahm er gleich alle Aufgaben, vom Songschreiber über den Sänger bis zum Produzenten. Zudem setzte er das erste 24-Stunden-Video der Zeitgeschichte in die Welt. Das „Happy“ nun sogar für einen Oscar für den Besten Filmsong nominiert war, ist nur die aktuelle Krönung dieser Erfolgsgeschichte.

Ob und wie sich ein Hype entwickelt ist immer unvorhersehbar. Williams hat – aus Glück oder dank seiner übersinnlichen Fähigkeiten sei mal dahingestellt – nun den perfekten Zeitpunkt für sein zweites Soloalbum gewählt. Fernab vom gewöhnlichen Veröffentlichungsfreitag erscheint „GIRL“ am heutigen Montag. Sein erstes Soloalbum („In My Mind“) ist nun schon acht Jahre her, seitdem zog Williams die Strippen vor allem als Songwriter und Produzent im Hintergrund des Musikbusiness. Darin ist er ein Meister: In den Neunzigern stand er mit dem Hip-Hop-Produzenten-Duo The Neptunes im Fokus der Öffentlichkeit. Er verhalf Kelis zu ihrem Durchbruch und Britney Spears zu ihrem musikalisch interessantesten Hit „I’m A Slave 4 U“. Mit seiner Band N.E.R.D. schrieb er zudem Hip-Hop-Rockgeschichte. Zudem verhalf der in Virgina Beach geborene Amerikaner Größen wie Madonna, Snoop Dogg oder Justin Timberlake zu (noch mehr) Erfolg.

Nun also, auf dem Höhepunkt seiner Popularität, bringt der glückliche Vampir das Album heraus, auf das die ganze Welt wartet. Entsprechend ambitioniert beginnt sein neuestes Werk auch: Mit einem Song namens „Marilyn Monroe“ und einem klassischen Streicherintro, wie wir es zuletzt nur so dramatisch von Lana Del Rey gehört haben – komponiert von niemand Geringerem als dem deutschen Oscarpreisträger Hans Zimmer. Schnell aber übernimmt der typisch funkige, chartinfizierte Pop von Pharrell, der allgegenwärtige Funk, die smoothen Beats, der Falsettgesang, die gute Laune.

Viel bis sehr viel erinnert hier an den Futurepop-R’n’B von Justin Timberlake, den Williams als Produzent ja auch mitgeprägt hat. Passenderweise steigt der (Timberlake) im zweiten Song dann auch gleich ein. Auch Daft Punk, Miley Cyrus und Alicia Keys veredeln dieses Album mit hervorragend gewählten Beiträgen: Daft Punk als melancholische Roboter, Cyrus als Backroundsängerin, Keys mit einem ganz besonderen Solo. Alles, was die Welt durch die letzten Hits an Pharrell Williams lieben gelernt hat, ist auf „GIRL“ in Perfektion komprimiert. Es ist ein Album, das am Puls der Zeit und in den Charts gleichermaßen stattfindet. Und vielleicht tatsächlich das Werk, das Williams zum neuen Michael Jackson kürt. Dass er seit Jahrzehnten nicht um eine Falte gealtert ist, ist da noch die kleinste Besonderheit.