PeterLicht: „Man soll das Finanzamt nie erzürnen“

Magazin

PeterLicht: „Man soll das Finanzamt nie erzürnen“

PeterLicht ist nicht nur eine der außergewöhnlichsten - und rätselhaftesten - Erscheinungen im deutschen Indie-Pop. Sondern auch Autor, Bachmann-Preisträger, Kapitalismuskritiker. Warum sein neues Live-Album per Crowdfunding finanziert wird, hat er spot on news auf (beinahe) literarischem Weg erklärt.

PeterLicht ist das eng zusammengeschriebene Pseudonym einer schillernden Figur im deutschen Musikzirkus – die allem Erfolg zum Trotz nur ungern auf Promofotos ihr Gesicht zeigt: Vor über einem Jahrzehnt verzückte das Elektro-Indie-Pop-Stück „Sonnendeck“ die Szene. Später sang PeterLicht „Lieder vom Ende des Kapitalismus“ und gewann als Autor den Publikums-Preis beim renommierten Ingeborg-Bachmann-Preis.

Außergewöhnliche, lyrische, kritische Texte über neue Zeiten schreibt der Kölner Musiker bis heute – nur die Plattenfirma hat sich scheinbar verabschiedet: Sein neues Live-Album soll per Crowdfunding finanziert werden. Noch bis zum 20. April läuft der Countdown. Warum er diesen Weg gewählt hat, und warum seine Songs für ihn wie eine „Familie“ sind, hat PeterLicht spot on news erklärt. Auf dem Weg, der dem wortgewaltigen Vordenker vielleicht am besten liegt: in einem kleinen, elektronischen Frage-und-Antwort-Manifest.

Ihr neues Album soll über ein Crowdfunding-Projekt finanziert werden. Weil „kein Konzern, keine staatliche Stelle“ die Kosten übernimmt. Was ist denn mit dem Konzern passiert?

PeterLicht: Der Konzern ist in den Sonnenuntergang geritten auf einem alten Klappergaul. Niemand sah ihn jemals wieder.

Im Trailer zum Projekt heißt es, eigentlich sei die Aktion nicht politisch. Aber ist das Crowdfunding als Idee – mit seinen vielen einzelnen Unterstützern – nicht doch so ein kleiner Schritt hin zum „Ende des Kapitalismus“?

PeterLicht: Ja, natürlich ist das Crowdfunding politisch! Das mag ich daran sehr. Es braucht keine Konzerne, keine Banken, um unabhängige freie Projekte umzusetzen. Die Leute selber sind der Konzern. Die Leute sind das Label. Die Musik ist für die Leute gemacht und die Leute machen die Musik, indem sie sie finanzieren. Die Leute machen Dinge möglich oder nicht. Und manche Dinge sterben dann eben auch. Das goldene digitale Zeitalter schenkte uns die Welt für umme. Im Feld der Musik ist alles umsonst. Hier gibt es keinen Markt mehr. Hier gibt es keinen Kapitalismus mehr. Hier hat die Volksabstimmung ergeben, dass das jetzt alles Mark Zuckerberg gehört oder einem von seinen Silikonfreunden.

…und ist das Crowdfunding dann „antikapitalistisch“?

PeterLicht: Ob Crowdfunding antikapitalistisch ist, weiß ich nicht. Ich habe eine andere Vermutung: Der Kapitalismus ist antikapitalistisch. Ich mag Demokratie. Ich mag Freiheit. Wer was geben will, der soll was geben, wenn er will. Wenn er nicht will, nicht. Das ist direkt und klar. Ich freu mich über jeden Euro, der hier reinkommt. Ich geb den Leuten meine Musik. Die Leute geben mir ihr Geld.

Zu lesen ist auf der Projekt-Seite auch, Lieder würden „morphen“ wie Menschen, sich entwickeln. Wird das Live-Album eine Art Familien-Album, zwei bis neun Jahre, nachdem die Kinder das Haus verlassen haben?

PeterLicht: Ja, die Lieder entwickeln sich, sie pubertieren, sie stänkern rum. Dann gehen sie aus dem Haus und kommen manchmal nie mehr wieder. Andere stehen irgendwann vor der Tür mit einer Geburtstagstorte in der Hand. Vielleicht ist das Live-Album ein Familientreffen.

Es gibt auch Dankeschöns für die Teilnehmer am Crowdfunding. Für 5 Euro gibt es „Ein Wort von PeterLicht“, für 300 Euro ein vertontes privates Dokument. Auf was für Worte darf man hoffen, liegt schon ein Schälchen bereit? Und gibt es private Dokumente, die Sie besonders gerne vertonen würden, haben Sie den Versuch schon mal unternommen?

PeterLicht: Die Worte sind noch geheim. Und mein Versuch, die Steuererklärung für 2014 zu versingen, ist gescheitert. Mein Steuerberater riet mir ab. Man soll das Finanzamt nie erzürnen. Der Steuerprüfer summt seine eigene Melodie.

Wäre das Crowdfunding auch eine Idee für das nächste Studioalbum? Ergäbe das neue Freiheiten? Und: Ist eines in Planung?

PeterLicht: Das wäre tatsächlich eine gute Idee. Und ja, das wäre tatsächlich eine Freiheit. Mal schauen, ob es für das Live-Album reicht.

Noch bis 20. April läuft das Crowdfunding für PeterLichts Livealbum „Krach. Musik und tonnenweise Worte“. Auf der Plattform startnext können Sie mitmachen. Erscheinen soll das Werk im Juni.