„Northmen – A Viking Saga“: Zehn kleine Jägermeister

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„Northmen – A Viking Saga“: Zehn kleine Jägermeister

Schiffbrüchige Wikinger, eine entführte Prinzessin und auf den Fersen unbarmherzige Soldaten: "Northmen - A Viking Saga" braucht nur 10 Minuten, um die Handlung zu etablieren. Diese ist dank der Landschaftsaufnahmen und aufwendiger Kostüme nett anzusehen. Die vorhersehbare Story und platten Charaktere sorgen aber mit zunehmender Laufzeit für Augenrollen.

„Northmen – A Viking Saga“ ist ein waschechtes Multi-Kulti-Projekt: Claudio Fäh (39), der Regisseur aus der Schweiz, scharte für seinen Film neben Landsmann Anatole Taubman (43) auch Schauspieler aus England, Australien, Irland und Deutschland um sich. Während „True Blood“-Star Ryan Kwanten (37) und der in Heidelberg geborene Ken Duken (35) eine gute Figur abgeben, bleiben die restlichen Charaktere erschreckend schwach. An der Tatsache, dass der Streifen angesichts des Handlungsverlaufs gefühlt 30 Jahre zu spät kommt, ändern daher auch die schönen Aufnahmen nichts.

Schiffbrüchig mit Wikinger

873 nach Christus: Eigentlich wollte die tapfere Wikinger-Schar um Anführer Asbjörn (Tom Hopper) Kurs auf Britannien nehmen, um dort das Kloster Lindisfarne um dessen Goldschätze zu erleichtern. Die Meute hat die Rechnung aber ohne die stürmische See gemacht, die sie an die Küste von Schottland schwemmt. Kaum ist der Sand aus dem Harnisch geschüttelt, sieht sich die stark dezimierte Heldentruppe sogleich einer feindlichen Armee gegenüber. Doch das Scharmützel stellt sich als Glücksfall heraus: Als Beute fällt den Kriegern die Tochter des Königs in die Hände – mit ihr wollen sie sich die Freiheit erkaufen.

König Dunchaid ist dagegen wenig erpicht, sich von einer Bande Wikinger im eigenen Land erpressen zu lassen und schickt sein gefürchtetes „Wolfsrudel“ auf die Fährte der Schiffsbrüchigen. Die grausame Soldateneinheit soll Asbjörn und seine Mannen um jeden Preis töten, selbst wenn dies bedeutet, dass auch Tochter Inghean das Zeitliche segnet. Gemeinsam mit dem mysteriösen Mönch Conall (Kwanten) betreten die Wikinger daher den längst vergessenen „Pfad der Schlange“, um den Verfolgern zu entkommen. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt, der einige Nordmänner gen Walhalla schickt.

Schnörkelloser Start

Der Beginn von „Northmen“ ist verheißungsvoll: Der aussichtslose Kampf der Wikinger gegen die meterhohen Wellen ist stimmungsvoll und gut inszeniert. Kaum am Strand Schottlands angekommen, suchen die gebeutelten Seefahrer aber verzweifelt nach dem Plot – und finden ihn in Form der Tochter des Königs sofort. Ab diesem Zeitpunkt ist die Handlung des Films besiegelt, auf unvorhergesehene Wendungen wartet der Zuschauer in den kommenden 85 Minuten vergeblich.

Und so kommt es wie es kommen muss: Zwischen dem blonden Hünen Asbjörn und der entführten Inghean knistert es, das Stockholm-Syndrom lässt grüßen. Für einen Wikinger ist der junge Anführer aber auch überraschend kultiviert und höflich. Die Prinzessin hat dagegen seherische Fähigkeiten. Das macht in dem ansonsten realistischen Setting zwar wenig Sinn, ein bisschen Fantasy schadet aber nie, scheint sich Fäh gedacht zu haben.

Grimmige Blicke, keine Gnade

Ein anderes Bild zeigt sich bei ihrem Vater und seinen Untergebenen, allen voran dem „Wolfsrudel“-Anführer Hjorr (Ed Skrein, 31). Der läuft den gesamten Film über mit heruntergezogenen Mundwinkeln umher und meuchelt notfalls seine eigenen Männer. Jede Faser seines Körpers scheint zu schreien: „Ich bin böse, und das ist auch gut so.“ In den 80er Jahren hätte all das ohne jeden Zweifel funktioniert, nur ist der Zuschauer heutzutage mehr Tiefgang von Antagonisten gewohnt.

Auch auf Seiten der Helden wird Tiefe schmerzlich vermisst, gerade daran krankt der Film: Wenn eine kleine Gruppe im Stile der „zehn kleinen Jägermeister“ nach und nach dezimiert wird, ist es unabdingbar, dass die Figuren dem Zuschauer während des Films ans Herz wachsen. Mit Ausnahme des Bogenschützen Thorald (Duken) und Mönch Conall interessiert aber kein Schicksal der Verfolgten, zumal das Ende recht vorhersehbar erscheint – samt der Rückkehr eines Totgeglaubten.

Die schottische Landschaft Südafrikas

Wenig vorzuwerfen hat sich der Film bei seiner Inszenierung. Zwar merkt man den teils unspektakulären Kampfszenen das niedrige Budget an, dafür hat die Kostüm-Abteilung ganze Arbeit geleistet und die Schauspieler gut in Szene gesetzt. Mit Südafrika fand Fäh zudem die perfekte Location, um die hohen Produktionskosten Schottlands zu umgehen..

Fazit

„Oldschool“ – damit ist der Film von Fäh treffend beschrieben. Das kann Charme haben, wenngleich erzählerisch keine Meilensteine zu erwarten sind. Wesentlich störender sind die größtenteils blassen Charaktere. Zumindest optisch macht die internationale Koproduktion aber eine gute Figur, kann während der Kampfszenen jedoch nicht über das recht schmale Budget hinwegtäuschen.