„Noah“ – Bibel trifft auf Herr der Ringe

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„Noah“ – Bibel trifft auf Herr der Ringe

Es gibt nicht viele Regisseure, die von den Fans so verehrt werden wie Darren Aronofsky. Dass aber auch ein guter Ruf nicht vor Tiefschlägen schützt, musste er bereits erfahren. Jetzt hat er sich an ein wahrlich gewaltiges Thema gewagt: Die Verfilmung der Bibel-Geschichte um Noah und seine Arche.

Der Mensch ist unwürdig. Unwürdig, weiter die Erde bevölkern zu dürfen. Zu dieser Ansicht kommt Noah im gleichnamigen Film. Was seine Schlüsse daraus sind, das erzählt Regisseur Darren Aronofsky in seinem neuen Film „Noah“ auf seine für ihn typische Art.

Viel wird und wurde diskutiert über den neuen Film von Filmemacher Aronofsky. „Noah“, mit Russell Crowe in der Hauptrolle, sorgt für einigen Wirbel. In islamischen Ländern darf der Film nicht gezeigt werden, weil Noah laut Koran nicht bildlich dargestellt werden darf, zudem sind fundamentale Christen in den USA nicht zufrieden mit der Umsetzung, die zu weit von der Bibel entfernt sei. Dem ist entgegenzusetzen, dass sich Aronofsky bewusst diese Freiheit genommen hat.

Denn er hat sich praktischerweise an einem Drehbuch orientiert, welches auf seiner eigenen Graphic Novel basiert. So hat er eben im Umgang mit der biblischen Geschichte genügend Freiraum. An die Grenzen dieser kommt er, wenn er Wesen darstellen muss, die in der Bibel erscheinen, jedoch nicht genauer definiert sind. Diese Nephilim werden bei ihm zu Riesen aus Stein – „Der Herr der Ringe“ lässt grüßen -, die Noah helfen, die Arche zu bauen und sie zu schützen, um dann Erlösung zu finden. Auch ansonsten muss er, um im Bild zu bleiben, einige Klippen umschiffen. Was ihm mehr oder minder gut gelingt.

Biblische Motive, wie die Suche nach Erlösung, Gerechtigkeit und Bestimmung, prägen den Film. Aronofskys Werk beginnt mit der Kindheit von Noah, springt von dieser schnell zu seinem einfachen, aber erfüllten Leben mit der Familie in einer sich zerstörenden Welt und erreicht dann den Punkt, an dem Noah von seiner Berufung erfährt. Diese Visionen, in der der Erschaffer der Erde, sprich Gott, nie direkt auftritt, sind in der für Aronofsky so typischen Hip-Hop-Montage aufgenommen. Mit dem Aneinanderreihen schneller Schnittfolgen werden so Elemente der Story im Zeitraffer dargestellt und müssen nicht episch ausgewälzt werden. Für die Träume von Noah ist dies wie geschaffen.

Apokalyptisch sieht die Welt schon vor der später im Film folgenden Flut aus, zerstört durch die Menschen, kaum Grün, Feindseligkeit überall. Nachdem Noah seinen Großvater konsultiert hat, wird ihm eben seine Berufung klar: Menschen sind böse, Tiere sind gut, diese müssen gerettet werden, die Menschen sind es jedoch nicht wert. Dieser Prämisse ordnet er ab dem Zeitpunkt sein Leben und vor allem auch das seiner Familie unter und baut in den folgenden Jahren die Arche Noah.

Crowe und Jennifer Connelly als Noahs Frau Naameh haben eine gemeinsame, erfolgreiche Vorgeschichte: Ein Paar spielten sie schon in Ron Howards Meisterwerk „A Beautiful Mind“, Connelly bekam für die Rolle als Frau des schizophrenen Mathematikgenies John Forbes Nash den Nebenrollen-Oscar verliehen. Auch jetzt als Naameh muss Connelly eine Frau spielen, die an ihre Grenzen geht, um ihren Mann Noah zu verstehen. Einen Mann, der wie Crowe als Nash, in seiner eigenen Welt lebt und dessen Verbindung zur Außenwelt sie ist.

Beim Cast ist vor allem Ray Winstone alias Tubal Cain, der König der Verdammten, hervorzuheben. Winstone verkörpert den Gegenspieler von Noah als populistischen Tyrann, der eigentlich nur eines im Sinn hat: seine eigene Haut zu retten. Was durchaus verständlich, ja menschlich ist. Dabei schreckt er nicht vor körperlicher Gewalt und psychologischen Tricks zurück. Mit diesen versucht er vor allem, Noahs enttäuschten Sohn Ham (Logan Lerman) zu manipulieren.

Emma Watson als junge Frau, die Noah dann zum Großvater macht und ihn damit in große Gewissenskonflikte stürzt, weiß nicht wirklich zu überzeugen. Babybauch und „Hermione Granger“, nein, das passt nicht zusammen. Als Methusalem darf auch Sir Anthony Hopkins durch die vor-apokalyptische Welt irren – und ein bisschen Menschlichkeit in den vom strengen Noah dominierten Plot bringen. Alle Figuren sind von der Entwicklung der Charaktere und der optischen Darstellung her zu stark nach einem Schwarz-Weiß-Schema angelegt.

Überzeugend sind dafür die Effekte und Bilder, die uns Aronofsky präsentiert. Vor allem in Bezug auf die Natur gelingt ihm das. Egal, ob Ödnis, Wüste oder Urwald, diese Bilder faszinieren. Hinzu kommt die realitätsnahe Darstellung der Arche Noah – wenn da nur nicht diese Steinmenschen wären…

Was ist also von „Noah“ zu halten? Zuerst einmal muss man Aronofsky dafür loben, dass er den Mut hat, einen so bekannten Stoff mit eigenen Interpretationen zu verfilmen. Dass das nicht jeden Kinogänger begeistern dürfte, war ihm sicher klar. Dass er sich bei einem Budget von kolportierten 130 Millionen Dollar auch nach den Wünschen des Studios richten musste, ebenfalls. So ist es ein Film geworden, der bibeltreue Christen nicht verschrecken soll, das bei Muslimen jedoch tut. Ein Blockbuster eines Arthouse-Regisseurs, der sich an ein traditionelles wie auch junges Publikum wenden soll, kann nur ein Kompromiss sein. Fazit: Ein guter Blockbuster, aber ein nur durchschnittlich guter Film.