Streaming hat die Musikwelt grundlegend verändert. Während man früher eine CD kaufen oder einzelne Songs digital erwerben musste, gibt es heute für eine monatliche Abo-Gebühr unbegrenzten Zugriff auf Millionen Titel. Das klingt nach einer goldenen Ära für Musikfans. Doch während die Nutzerschaft alles bekommt, was ihr Herz begehrt, stellt sich die Frage: Wie sieht es eigentlich mit denen aus, die diese Musik überhaupt erst machen?
Ohne Kenntnis der Branchendetails könnte man annehmen, dass ein Song mit Millionen Streams automatisch finanziellen Erfolg bedeutet. Doch genau hier liegt der Knackpunkt: Die meisten Musiker verdienen selbst mit beachtlichen Streaming-Zahlen erschreckend wenig. Das liegt an den oft unfairen Vergütungsmodellen der Plattformen.
Ein weitverbreiteter Irrglaube ist, dass Künstler pro Stream eine feste Summe erhalten. Tatsächlich fließen jedoch alle monatlichen Abo- und Werbegebühren in einen großen Topf, der anschließend nach einem bestimmten Schlüssel verteilt wird.
Das Konzept der Auszahlungsquoten im Musikstreaming ähnelt dabei anderen Formen der Umsatzverteilung in der Branche. Wie bei traditionellen Plattenverkäufen oder Lizenzvereinbarungen sind Künstler und Labels bestrebt, zu verstehen, wie Streaming-Plattformen sie für ihre Arbeit vergüten. Diese Auszahlungsquoten, auch Tantiemen genannt, haben direkten Einfluss auf die finanzielle Nachhaltigkeit der Musikindustrie. Daher ist es für Musiker und Komponisten von entscheidender Bedeutung, zu verstehen, wie diese Quoten berechnet werden und wie sie sich zwischen den verschiedenen Plattformen vergleichen lassen. Ähnlich wie bei Online Casinos, bei denen die Auszahlungsquoten die Attraktivität eines Spiels bestimmen, haben auch die Auszahlungsquoten bei Musik-Streaming-Plattformen direkten Einfluss auf die Fairness der Künstlervergütung.
Zuerst nimmt sich der Streaming-Dienst seinen Anteil, dann greifen die Labels, Managements und Verlage zu. Was am Ende bei den Künstlern ankommt, ist oft erschreckend wenig. Die Vergütung pro Stream variiert dabei je nach Plattform. Spotify zahlt beispielsweise im Durchschnitt rund 0,003 US-Dollar pro Stream, während Apple Music auf knapp 0,01 US-Dollar kommt. Hingegen liegt Amazon Music mit circa 0,008 US-Dollar pro Stream genau dazwischen.
Wer 1.000 Dollar mit Spotify-Streams verdienen will, braucht somit also ungefähr 330.000 Wiedergaben. Bei Apple Music sind es rund 100.000 Streams. So bringt der Verkauf eines 30 Euro Konzertticket einem Künstler im Vergleich sofort mehr Einnahmen als 10.000 Streams auf Spotify.
Nicht alle Streaming-Dienste ticken gleich. Spotify dominiert zwar den Markt, zahlt aber gleichzeitig eine der niedrigsten Vergütungen. Ein wesentlicher Grund dafür ist das kostenlose, werbefinanzierte Modell, das erheblich weniger Einnahmen generiert als zahlende Abonnements. Apple Music verfolgt eine andere Strategie, dort gibt es keine kostenlose Version, wodurch alle Streams aus Abo-Gebühren finanziert werden. Dies sorgt automatisch für stabilere und höhere Ausschüttungen.
Amazon Music wird oft unterschätzt. Zwar hat die Plattform eine kleinere Nutzerbasis, jedoch zahlt Amazon Music pro Stream auch mehr als zum Beispiel Spotify. Ähnlich verhält es sich mit Tidal, das sich mit faireren Künstlervergütungen positioniert. Besonders bei den HiFi-Abos fließt ein größerer Teil der Einnahmen direkt an die Musiker.
Ein weiterer Anbieter ist Deezer, welcher mit einem neuen Vergütungsmodell experimentiert, bei dem die Abo-Gebühr eines Nutzers nur an die Künstler geht, die er tatsächlich hört. Das klingt revolutionär, doch ob es sich durchsetzt, bleibt abzuwarten.
Das klassische Streaming-Modell hat einen großen Haken, da es bevorzugt Künstler mit gigantischen Reichweiten. Da die Einnahmen nach Marktanteilen verteilt werden, fließt das Geld eines Hörers, der nur Independent-Künstler streamt, trotzdem zu den Superstars mit den meisten Streams. Für kleine Musiker bleibt so kaum etwas übrig.
Die nutzerzentrierte Vergütung wäre gerechter, da die Abo-Gebühren eines Hörers direkt an die von ihm gehörten Künstler fließen würden. Das würde vor allem unabhängigen Musikern helfen. Bisher gibt es nur wenige Tests mit diesem Modell, Deezer ist einer der wenigen Anbieter, die es ausprobieren. Große Labels stehen dem jedoch skeptisch gegenüber, da sie vom bisherigen System profitieren.
Major-Labels haben hier klare Vorteile, da sie bessere Deals mit Streaming-Diensten aushandeln können. Ihre Künstler erhalten dadurch oft mehr pro Stream als unabhängige Musiker. Wer kein Label hat, nutzt Vertriebsplattformen wie DistroKid oder TuneCore, um die eigene Musik gegen eine Gebühr auf Spotify und Co. zu platzieren.
Auch Playlist-Platzierungen spielen eine enorme Rolle, denn ein Song in einer großen Spotify-Playlist kann in kürzester Zeit Millionen Streams generieren. Doch ohne die richtigen Kontakte oder eine starke Promotion-Strategie ist es fast unmöglich, dort überhaupt zu landen.
Betrachtet man die Einnahmen aus Streaming, so wirkt das Modell im Vergleich zu früheren Musikverkäufen unfair. Während ein Albumverkauf früher eine solide Einnahme brachte, muss ein Song heute zehntausende Male gestreamt werden und in den Charts landen, um die gleiche Summe zu erzielen. Viele Künstler müssen sich daher alternative Einnahmequellen suchen.
Live-Auftritte sind oft weitaus lukrativer als Streaming, ebenso wie Merchandise, Vinyl-Verkäufe und Crowdfunding-Plattformen wie Bandcamp oder Patreon.
Die Diskussion über fairere Streaming-Vergütung ist in vollem Gange. Musikerverbände fordern höhere Auszahlungen, während die Plattformen auf ihre geringen Margen verweisen.
Einige Länder prüfen gesetzliche Regelungen für eine gerechtere Künstlervergütung, deren Realisierbarkeit jedoch abzuwarten bleibt. Mehr Transparenz wäre ein erster Schritt, da viele Musiker kaum Einblick in die Berechnung ihrer Einnahmen haben.
Langfristig könnten alternative Modelle wie nutzerzentrierte Vergütung, direkte Fan-Unterstützung und Künstler-freundlichere Plattformen an Bedeutung gewinnen. Bis dahin bleibt Streaming für viele Musiker eher Werbekanal als echte Einnahmequelle.