Morten Harket: „Es ist quasi eine dreiköpfige Diktatur“

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Morten Harket: „Es ist quasi eine dreiköpfige Diktatur“

Nach einigen erfolgreichen Solo-Alben meldet sich Morten Harket nun mit seiner Band a-ha zurück. Wie die Zusammenarbeit mit Pal und Magne ist, erklärt der Sänger im Interview. Dabei verrät er auch, was er von den künstlerischen Ambitionen eines seiner fünf Kinder hält.

Er gilt als charmanter Womanizer. Doch in Morten Harket (55) – Frontman der Band a-ha, weltbekannt seit „Take On Me“ (1984) – steckt nicht nur eine verträumte Künstlerseele mit Sinn für die schönen Dinge im Leben, sondern auch ein sehr reflektierter Charakterkopf. Was unter anderem am Umgang mit den künstlerischen Ambitionen seiner Tochter Tomine (22) erkennbar ist sowie in einigen Songtexten auf dem neuen a-ha-Album „Cast In Steel“ (Universal Music), das am 4. September erscheint, und von dem bereits die Single „Under The Makeup“ veröffentlicht wurde.

Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news erklärt der norwegische Sänger, was an der Zusammenarbeit mit seinen Band-Kollegen Pal Waaktaar-Savoy (53) und Magne Furuholmen (52) im Unterschied zu seinen Solo-Projekten besonders ist. Er verrät aber auch, was er sich für seine fünf Kinder wünscht und warum ihm der Song „Living At The End Of The World“ („Leben am Ende der Welt“) so wichtig ist.

Das neue a-ha-Album ist da. Sie haben aber auch einige Solo-Platten gemacht. Worin liegt der größte Unterschied in der Arbeit mit Pal und Magne?

Morten Harket: Nur mit Pal und Magne ist es a-ha. Im Produktionsprozess macht es natürlich einen Unterschied, ob ich ein Album allein oder als a-ha mache. Bei a-ha wollen mehr Menschen mitsprechen. Sich auf bestimmte Dinge zu einigen, ist zu dritt eine größere Herausforderung. Vor allem auch, weil wir drei sehr starke Persönlichkeiten sind. Es ist quasi eine dreiköpfige Diktatur. Allein muss ich nur mit dem Produzenten oder dem Songwriter-Partner diskutieren. Das macht es leichter.

Mit a-ha sind Sie in den 1980ern sehr berühmt geworden. Wie war es, damals ein Star zu sein, im Vergleich zu heute?

Harket: Die Elemente, die zu einem Leben im Rampenlicht gehören, sind gleich geblieben. Der Unterschied ist, dass die Menschen heutzutage alle ständig Kameras zur Hand haben. Entsprechend ist es schwieriger, sein Privatleben zu schützen. Das ist die Krankheit unserer Tage. Sie betrifft aber auch Menschen, die nicht im Showgeschäft tätig sind, sondern in ganz normalen Berufen arbeiten. Mein Vorteil ist, dass ich daran gewöhnt bin. Ich lebe seit 30 Jahren damit. Die neue Situation wird zu Veränderungen in der Gesellschaft führen. Welche genau das sein werden, kann ich aber noch nicht sagen.

Würden Sie sagen, dass Ihr Beruf früher mehr Spaß gemacht hat und heute eher ein ernster Job ist?

Harket: Nein. Ich habe nur mehr Erfahrung und verstehe die einzelnen Elemente besser. Ich kenne die Werte besser und weiß, was ich respektieren muss und was ich ignorieren kann. Auf der Bühne zu stehen, macht nach wie vor unheimlich viel Spaß. Sonst wäre ich auch nicht hier und würde mit Ihnen darüber sprechen. Ich bin dankbar für die Möglichkeit, das machen zu dürfen und dafür, gesund zu sein. Gleichzeitig habe ich natürlich auch schon mal bedauert, durch die Musik wenig Zeit für andere Dinge zu haben.

Was wäre das gewesen?

Harket: Faszinierend finde ich Bildhauerei und Industriedesign, aber auch jede Art von Umweltschutz oder Umweltschutzpolitik, Ethnologie, Paläontologie und Geologie. Es ist eine lange Liste. Das Leben als Musiker ist aber so anstrengend und ich habe so wenig Freizeit, dass für eine ernsthafte Auseinandersetzung mit solchen Tätigkeiten derzeit kein Raum ist.

Sie haben fünf Kinder. Eines davon, Tomine, ist auch eine Künstlerin. Wie fanden Sie es, als sie Ihnen eröffnet hat, auch in diese Branche zu wollen?

Harket: Tomine ist eine sehr talentierte Sängerin und eine interessante Songwriterin. Sie wird ihren Weg gehen, wenn sie damit weitermacht. Vielleicht wird sie sich aber auch irgendwann etwas anderes suchen. Das weiß ich nicht. Grundsätzlich stellt sich mir diese Frage aber nicht. Denn ich wünsche mir einfach nur, dass Tomine und meine anderen Kinder etwas machen, das sie wirklich fasziniert. Und dass sie die Freiheit haben, diese Dinge verfolgen zu können. Jeder von ihnen kann gerne auch machen, was ich mache. Solange sie wirklich dafür brennen. Ist das nicht der Fall, kommt man womöglich mit den Herausforderungen, die dieser Beruf auch mit sich bringt, nicht so gut klar. Wenn du diesen Drang nicht hast, wirst du auch die nötige Ausdauer nicht haben. Und dann ist es die falsche Wahl.

Sie sind ein Star mit vielen Fans und einem außergewöhnlichen Leben. Wie schaffen Sie es, am Boden zu bleiben?

Harket: Will ich überhaupt auf dem Boden bleiben? Man braucht doch Visionen und muss ihnen auch erlauben, Teil des eigenen Lebens zu sein. Es kommt natürlich auch ein bisschen darauf an, wie man Auf-dem-Boden-bleiben definiert. Wenn es bedeutet, dankbar zu sein, respektvoll mit anderen Menschen umzugehen, zu wissen, dass man geben muss, und seinen Platz im Leben kennt, dann sollte das jeder sein, egal, ob Künstler oder nicht.

Ein interessanter Song auf dem neuen a-ha-Album heißt „Living At The End Of The World“ („Leben am Ende der Welt“). Haben Sie das Gefühl, am Ende der Welt zu leben?

Harket: Sagen wir es so, ich habe den Horizont noch nie so nahe gesehen. Weltuntergangsprophezeiungen von irgendwelchen religiösen Führern gab es natürlich in jeder Phase der Menschheitsgeschichte. Heute ist es aber anders. Wir sehen und wissen, dass wir sehr viele Menschen auf dem Planeten sind, doch das Ökosystem, auf das wir angewiesen sind, kommt langsam an seine Grenzen. Es verträgt nur eine bestimmte Anzahl. Somit zerstören wir unsere Lebensgrundlage. Zwar werden die technologischen Kapazitäten immer weiter ausgebaut, ethisch werden wir aber nicht unbedingt weiser. In dem Song geht es um das Gefühl, dass wir nun an einem entscheidenden Punkt in der Geschichte der Menschheit stehen.