Moderat: „Andere Leute gehen aus, wir buchen uns ein DJ-Set“

Magazin

Moderat: „Andere Leute gehen aus, wir buchen uns ein DJ-Set“

Einer für die Poesie, zwei für den Rumms: Deutschlands Elektro-Supergroup Moderat hat mit ihrem zweiten Album die Top 10 geknackt und füllt derzeit die Konzerthallen in ganz Europa. Die Nachrichtenagentur spot on news traf die heilige Dreifaltigkeit auf dem vorläufigen Höhepunkt ihrer Karriere in Berlin.

Kaffee und Zigaretten, Crepe und Nutella oder Tim Burton und Johnny Depp – manche Dinge sind zusammen einfach noch besser, als einzeln. Die Fusion von Modeselektor und Apparat zu Moderat ist so ein Fall – die einen bringen den Rumms, der andere die Poesie. Mit ihrem zweiten Album haben Gernot, Szary und Sascha den Sprung in die Top 10 geschafft. Auf dem bisherigen Höhepunkt ihres Erfolgs hat spot on news Deutschlands Elektro-Supergroup in Berlin getroffen. Über DJ-Sets statt Partys, Jubelgewohnheiten in anderen Ländern und das herzlose Geschäft mit Tracks, die leider nur „fast geil“ sind.

Was ist das bisherige Highlight der Europa-Tour?

Gernot: Ich sag mal so – das ist die erste Tour in unserer Karriere, die komplett ausverkauft ist. Ich mein, sogar in Wiesbaden!

Szary: Interessant ist auch die Mentalität der unterschiedlichen Regionen. Es wird anders gejubelt.

Wie anders?

Szary: In anderen Sprachen (lacht). Nein, in einer Stadt hat sich zum Beispiel ein Moshpit gebildet.

Ihr habt euch von DJs zu einer Band entwickelt – wie seht ihr euch mittlerweile?

Sascha: Das war ein Prozess, der vor zwanzig Jahren angefangen hat. Für uns war es schon lange klar, dass wir keine DJs mehr sind. Wir spielen schon seit Jahrzehnten live.

Gernot: Meine Frau fragt mich das schon seit Jahren: Bist du jetzt ein DJ, ein Live-Act oder in einer Band? Wir sind jetzt ganz klar eine audiovisuelle Band mit einer Crew von neun Leuten.

Szary: Es muss knallen!

Gernot: Wir hatten schon immer einen hohen Anspruch an Visuals und Licht. Das fing schon mit den Labstyle-Partys in Berlin an, wo wir auch Sascha kennen gelernt haben. Eigentlich machen wir seitdem nichts anderes, nur jetzt in geordneten Verhältnissen.

Szary: Und ohne feiern.

Ihr geht nach euren Konzerten nicht mehr feiern?

Gernot: Wir haben öfter Aftershowpartys gespielt als DJs, die immer ausgeartet sind. Da ist dann die gesamte Crew regelmäßig abgestürzt.

Sascha: So gehen wir mittlerweile feiern. Andere Leute gehen aus, wir buchen uns ein DJ-Set.

Gernot: Man würde allerdings nie auf die Idee kommen, selbst auf so eine Party zu gehen. Dafür machen wir das schon zu lange.

Eure Tour ist Ende März erst mal vorbei – oder geht es dann auf den Festivals weiter? Und dann mit euren einzelnen Bands oder als Moderat?

Gernot: Wir spielen den ganzen Sommer durch! Und wenn wir was machen, dann richtig: Wir sind jetzt Moderat und unsere anderen Projekte nicht mehr existent.

Eure Stile sind sehr unterschiedlich, wie funktioniert die Arbeit im Studio? Knallt ihr da auch mal aneinander?

Gernot: Natürlich geraten wir auch mal aneinander, das ist ganz normal.

Szary: Es ist unberechenbar.

Sascha: Eine Achterbahnfahrt. Jeder hat jede Idee mindestens einmal.

Passiert es auch, dass einer über Nacht an einem Track arbeitet und den komplett umkrempelt?

Sascha: Das ist eigentlich verboten. Außer der Track wird dadurch besser.

Gernot: Wir haben ein Song auf dem Album, „Last Time“, der war von Szary eigentlich schon fertig. Den haben wir an einem Abend komplett verändert. Ich glaube, Szary hatte da schon eine Woche dran zu knabbern.

Sascha: „Last Time“ war auf neunzig Prozent, der war fast geil. Aber diese zehn Prozent haben gefehlt. Und dann muss man das Haus halt einreißen und ein Neues bauen.

Szary: Ich weiß noch wie Sascha rüberkam: „Alter, Gernot zerstört gerade so geil ‚Last Time‘!“ Da hat man natürlich erst mal die ganze Arbeit vor Augen, die man da schon reingesteckt hat… Ich habe dann in der Zeit „Damage Done“ fertig gestellt.

Gernot: Der Track konnte mit den anderen einfach nicht mehr mithalten. Im Studio bekommt man so einen Rush und wird zum Ende hin immer besser. Die Single „Bad Kingdom“ zum Beispiel war eine Tagesaktion, eine Woche vor dem Mastering.

Sascha: Hits darf man nicht forcieren, man muss einfach drauf warten.

Sascha, fühlst du dich mittlerweile richtig wohl am Mikrofon?

Sascha: Ja, jetzt schon. Als ich vor sechs Jahren das erste Mal gesungen habe, war das natürlich eine totale Katastrophe. Aber solche Risiken muss man eingehen. Das ist wie eine öffentliche Probe, da hat die Welt den Prozess eben mitbekommen, der mittlerweile ziemlich weit fortgeschritten ist.

Wie kam es überhaupt, dass Apparat einen Song zu „Breaking Bad“ zugesteuert hat?

Sascha: Die kamen auf mich zu. In Amerika gibt es ziemlich fähige Leute, die Musik für Filme und Serien suchen. Da sitzt dann einer, der viel Geld zur Verfügung hat, und damit eben nicht Scheiße kauft, sondern etwas Cooles. Das funktioniert hier in Deutschland mehr über Vetternwirtschaft – und deswegen ist unsere TV-Landschaft auch absolut grottig.