Miss Platnum: „Ich glaube nicht, dass es Mädchen schwieriger haben“

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Miss Platnum: „Ich glaube nicht, dass es Mädchen schwieriger haben“

Sie ist eine echte Power-Frau, die sich im männerdominierten Hip-Hop-Business durchgesetzt hat. Mit "Lila Wolken" landete sie 2012 den Sommer-Hit des Jahres. Jetzt präsentiert die Berlinerin Miss Platnum ihr neues Album "Ich war hier" - ihre persönliche Verewigung.

In der Hip-Hop-Szene hat sie sich längst einen Namen gemacht. Spätestens mit dem Hit „Lila Wolken“, den sie zusammen mit Marteria und Yasha gesungen hat, ist sie deutschlandweit bekannt geworden. Jetzt legt Ruth Maria Renner alias Miss Platnum (34, „Dein Name“) ein neues Album vor. „Ich war hier“ heißt die Platte, die am 2. Oktober erscheint. Die Nachrichtenagentur spot on news hat mit der Sängerin über die neue CD, ihre Hip-Hop-Kollegen und ihr Rudel gesprochen.

Ihr neues Album heißt „Ich war hier“. Das klingt irgendwie nach Abschied. War es das mit Miss Platnum?

Miss Platnum: Es ist eher eine Verewigung. Das kennen Sie vielleicht von irgendwelchen Städtereisen: Es ist sehr beliebt sich zum Beispiel auf Toiletten zu verewigen mit Sätzen wie ‚Peter from Paris was here‘. Der Titel „Ich war hier“ ist für mich ein Statement als Künstlerin und als Mensch. Ich möchte mich mit der Musik, die ich mache, verewigen. Gleichzeitig bin ich mir aber auch meiner Vergänglichkeit bewusst.

Auch dieses Album haben Sie wieder ausschließlich auf Deutsch eingesungen. Früher waren ihre Lieder fast ausschließlich englischsprachig. Warum haben Sie sich vom Singen auf Englisch verabschiedet?

Miss Platnum: Es hat sich einfach richtig angefühlt auf Deutsch zu singen. In Sachen Balkan-Pop habe ich einfach alles ausprobiert, was ich machen wollte. Da habe ich mir meine Träume erfüllt und jetzt war es an der Zeit, mich weiter zu entwickeln. Deutsch ist eine sehr präzise Sprache. Wenn man sie zu präzise benutzt, kann sie gern auch ein bisschen hart werden; aber in jedem Fall ist sie sehr poetisch. Man kann sehr genaue und schöne Bilder zeichnen, das finde ich toll. Es gibt ein Meer aus Optionen, um das Gleiche auszudrücken. Das ist für mich als Künstlerin extrem wichtig: So gehen mir die Optionen auch nicht aus.

Sie haben sich nicht nur sprachlich, sondern auch musikalisch entwickelt. Wie würden Sie da Ihre Entwicklung beschreiben?

Miss Platnum: Ich habe das nicht geplant. Wie bei jedem Album, bin ich auch bei „Ich war hier“ sehr offen an die Sache herangegangen. Ich lasse mich überraschen von den Momenten, die kommen. Das ist das Schönste, wenn aus dem Nichts einfach etwas entstehen kann. Dieses Album ist urbane Popmusik auf Deutsch. Da habe ich meine ganz eigene Mischung gemacht. Ich spiele mit verschiedenen Musikstilen und natürlich auch mit der Sprache. Der rote Faden ist meine Stimme in Kombination mit den prägnanten Beat-Produktionen – ein typisches Miss-Platnum-Album trotz aller Veränderung.

Auf dem Album findet sich ein Feature mit Taktloss. Im Laufe Ihrer Karriere gab es schon viele Zusammenarbeiten mit sehr unterschiedlichen Künstlern. Welche war für Sie die spannendste?

Miss Platnum: Mit Taktloss zu arbeiten ist wirklich sehr interessant. Da habe ich mir selbst einen Traum erfüllt, weil ich ihn als Künstler sehr verehre. Er ist für mich der Gott des Underground-Rap, außerdem aber auch ein guter Freund. Auf diese Zusammenarbeit bin ich wahnsinnig stolz, aber auch andere waren total schön. Natürlich auch der Hit „Lila Wolken“, den ich mit Marteria und Yasha geschrieben habe. Das wurde so ein riesiger Erfolg, mit dem wir alle gar nicht gerechnet haben. Das sind alles schöne Momente. Für die Menschen, mit denen ich arbeiten durfte, bin ich sehr dankbar. Ich schaue dann aber auch immer wieder nach vorne und nach neuen Aufgaben.

Wenn Sie dann doch mal zurückschauen. Was würden Sie dann sagen, wer Sie in Ihrer Musik beeinflusst hat. Wer sind Ihre Vorbilder?

Miss Platnum: Vorbilder im klassischen Sinne hatte ich nicht wirklich. Es gibt immer mal wieder Künstler, die mich beeindruckt haben, weil sie mit ihrer Einzigartigkeit so herausstechen. Dazu gehören zum Beispiel Grace Jones, Tom Waits, Cindy Lauper oder David Bowie. Die haben einfach gesagt ‚Ich war hier. Ich mache das auf meine ganz eigene Art und lasse mir nichts sagen. Ich bleibe mir treu‘. Diese Musiker sind richtige Gesamtkunstwerke als Person und eben als Musiker. Das sind Künstler, die mich wirklich tief beeindrucken.

Gibt es auch unter Ihren Hip Hop-Kollegen Künstler, die Sie beeindrucken?

Miss Platnum: Auf jeden Fall. Haftbefehl und Taktloss zum Beispiel. Von letzterem bin ich wirklich schon lange Fan und finde es unglaublich, was er gemacht hat. Es ist einzigartig, wie er mit Sprache umgeht. Seinen Flow kann niemand nachmachen. Das finde ich, macht einen Künstler aus. Bei Haftbefehl ist das ähnlich. Es ist erstaunlich, wie er mit Sprache arbeitet. Eigentlich hat er eine ganz neue Sprache gebildet, hat sie sich erarbeitet und jetzt kann sich eine ganze Generation damit identifizieren. Das finde ich total beeindruckend.

In dieser Szene muss man gerade als Frau tough wirken. Das schaffen Sie mit Songs wie „Mädchen sind die besseren Jungs“ auch. Auf dem neuen Album gibt es aber auch Lieder, die Ihre verletzliche Seite zeigen. Wie passt das zusammen?

Miss Platnum: Ich glaube jeder Mensch hat ein Yin und ein Yang. Bei mir ist das genauso und bei meinen Alben deshalb auch. Ich habe immer zwei Seiten, wenn nicht sogar noch viel mehr. Das Eine kann auch ohne das Andere gar nicht funktionieren. Wenn man seine weiche Seite nicht akzeptiert, kann man auch die starke Seite nicht leben. So ist es bei mir auf jeden Fall. Deshalb stehe ich zu beiden Seiten. Keine von beiden wird bevorzugt und deshalb finden sich auch Stücke wie „Lauf zu dir“ auf der neuen Platte, in denen ich sensible Themen anspreche.

Ist es für Mädchen schwieriger, sich selbst zu finden und beide Seiten zuzulassen?

Miss Platnum: Das glaube ich eigentlich nicht. Ich kenne wahnsinnig viele sehr selbstbewusste Mädchen. Wir leben hier in einer Gesellschaft, in der wir das Glück haben, sagen und tun zu können, was wir wollen. Ich sehe mich natürlich als sehr privilegiert, weil ich auch noch das machen kann, was ich liebe. Ich glaube, jeder Mensch sollte aber auch wirklich dafür kämpfen, das machen zu können, was er liebt und sich von niemandem beirren lassen. Ich glaube nicht, dass es Mädchen schwieriger haben. Vielleicht gibt es immer noch in den Köpfen in bestimmten Berufen so eine Hierarchie, die sollte man aber möglichst durchbrechen und drauf scheißen und einfach sein Ding machen.