Marcus H. Rosenmüller: „Als ich am Bau gejobbt habe, war ich nicht so fleißig“

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Marcus H. Rosenmüller: „Als ich am Bau gejobbt habe, war ich nicht so fleißig“

Nach dem Film ist vor dem Film. Während am Donnerstag der langersehnte dritte Teil der "Beste"-Trilogie in die Kinos kommt, tüftelt der Filmemacher Marcus H. Rosenmüller längst an einer möglichen Fortsetzung. Über sein Arbeitspensum staunen viele. Was es damit auf sich hat, verrät er im Interview.

Mit dem Überraschungserfolg „Wer früher stirbt, ist länger tot“ machten Marcus H. Rosenmüller (40) und sein Team den bayerischen Heimatfilm 2006 endgültig wieder salonfähig. Seither boomen nicht nur das Werk des gebürtigen Tegerseers, seine Fan-Gemeinde und die bayerische Filmszene, auch die „Beste“-Trilogie scheint mit „Beste Chance“, der am Donnerstag in den Kinos startet nicht, noch lange nicht zu Ende zu sein. Eine lebenslange Reihe könnte es werden, wenn es nach Rosenmüller geht.

Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news erklärt der Kult-Regisseur und Wahl-Münchner, warum genau das sein Traum ist. Er verrät aber auch, warum sein großer innerer Kampf die Basis für sein Schaffen ist und ob er sich als Romantiker bezeichnen würde.

Mit „Beste Chance“ (2014) kommt der dritte Teil der Trilogie ins Kino. Sollte man „Beste Zeit“ (2007) und „Beste Gegend“ (2008) kennen, um richtig viel Spaß dabei zu haben?

Marcus H. Rosenmüller: Nein, das sind drei eigenständige Filme mit jeweils einer eigenen Geschichte. Ich könnte mir aber schon vorstellen, dass sich der eine oder andere Kinobesucher nach „Beste Chance“ auch für die beiden Vorgänger interessieren wird. Darin sieht man ja, wie sich die hoffentlich liebgewonnen Figuren entwickelt haben, was sie erlebt haben, als sie noch jünger waren.

Könnte es einen vierten Teil geben?

Rosenmüller: Wenn es nach mir geht, könnte es sogar immer weitergehen. Ich hätte große Lust darauf, mit diesen Figuren und Filmen alt zu werden. Eine vierte Geschichte haben wir noch nicht, aber es gibt ja immer wieder spannende Phasen im Leben.

Kam Ihnen die grandiose Karriere dazwischen oder warum ist der Abstand zwischen Teil zwei und drei so groß?

Rosenmüller: Das lag eigentlich eher an der Finanzierung. Die ersten beiden Teile haben nur in Tandern, im Landkreis Dachau bei München, gespielt und waren somit sehr preiswert. Der dritte Film spielt zum Teil in Indien und war somit wesentlich teurer. Außerdem haben wir schon sehr lange mit dem Buch gebraucht. Insgesamt finde ich es aber nicht schlimm, dass die Zeitspannen zwischen den Filmen unregelmäßig sind, so entsteht kein Druck für eine pünktliche Fortsetzung. Außerdem kann man länger mit einer Idee schwanger gehen, die Drehbücher können besser reifen.

Warum geht es in „Beste Chance“ nach Indien?

Rosenmüller: Ich habe meinen Abschlussfilm in Indien gedreht und die Erfahrung gemacht, dass es ein sehr wildes und komplett anderes Land ist. Dort wollte ich nochmal hin.

Wie schön ist es denn, in Indien zu filmen?

Rosenmüller: Das war jedes Mal furchtbar und sehr anstrengend. Nach dem Dreh war ich fix und fertig. Ein paarmal habe ich mir gedacht: Warum schreibst du nicht einfach ein paar Szenen auf einer ruhigen Alm bei schönem Wetter, in der Nähe deiner Familie und ohne Gefahren?

In Indien ist der Film wesentlich schneller, lauter, wilder als in den Szenen, die in Bayern spielen. War das Absicht?

Rosenmüller: Im Winter am Land ist es einfach etwas behäbiger als im Dauersommer von Indien. Es hat auch etwas mit Veränderung zu tun: Während in Indien alles im Fluss ist, geht es in Deutschland einfach ruhiger zu.

Sie sind eher schnell und haben viel Energie. Mussten Sie sich bei den langsamen Wintereinstellungen sehr bremsen?

Rosenmüller: Nein, das macht der Ort mit mir. Bei den Szenen, die im bayerischen Tandern spielen, war es uns auch wichtig, einen Blick auf diese prägende und filmisch unheimlich schöne Natur zu haben. Die Autorin unserer Filme kommt tatsächlich aus dem Dorf und Figuren wie den Rocky gibt es dort auch wirklich. Im allerersten Moment fand ich es ein bisschen langweilig, aber dann wurde es Poesie für mich. Wenn ich dort bin, werde ich auch ruhiger.

Ist der Film ein Gegenstück zu Ihrer Culture-Clash-Komödie „Sommer in Orange“ (2011), in der sich eine esoterische Sannyasin-Gruppe in einem oberbayerischen Dorf niederlässt?

Rosenmüller: Die Sannyasin haben ihr Zentrum in Indien, daher gibt es schon eine Verbindung. Für mich ist der Sannyasin-Film „Orange“ aber gar kein Sannyasin-Film, sondern ein Film über meinen eigenen inneren Kampf zwischen dem Wunsch nach einem liberalen, freien Leben, in dem auch mal die Grenzen überschritten werden und dem Bedürfnis nach gerade diesen Grenzen und einer konservativen Stabilität.

Und wofür steht dann „Beste Chance“?

Rosenmüller: Für das Verlassen des vorgezeichneten Weges. Bei uns ist doch alles vorgegeben: Vom Kindergarten geht es in die Schule, dann macht man vielleicht Abitur und studiert. Auf diese Weise wird man dafür trainiert, seine Aufgaben zu erledigen. Die Individualität kann dabei auf der Strecke bleiben. Und unser Film soll zeigen, dass man die besten Erfahrungen macht, wenn man die Bücher mal auf die Seite legt. Diese Erfahrungen sind natürlich nicht immer positiv. Oft sind es aber gerade die schmerzhaften Erfahrungen, die dich weiterbringen und vielleicht sogar zu einem besseren Menschen machen. Und wenn ich dann am Anfang des Filmes den geraden Weg zeige und in der Schlusseinstellung den Fluss, dann ist für mich das Dilemma des Lebens beschrieben.

Ein anderes wichtiges Motiv im Film ist die Vater-Kind-Beziehung…

Rosenmüller: Das stimmt, es werden auch einige Varianten gezeigt. Ich finde, dass gerade diese Beziehung viel mit Heimat und Geborgenheit zu tun hat. Und die Mutter-Kind-Beziehung natürlich auch. Wenn du das Glück hast, in eine Familie geboren worden zu sein, die sich um dich kümmert und auf die du dich verlassen kannst, kann dir das unheimlich viel Kraft geben – bei Freunden ist es das Gleiche. „Du bist nicht allein“, danach handeln und das fühlen macht eine gute Gesellschaft aus.

Würden Sie sich als Romantiker bezeichnen?

Rosenmüller: Absolut. Fürs Filmemachen ist das nicht immer einfach, weil ich eigentlich am liebsten nur das Positive sehen und zeigen würde. Ebenfalls sehr wichtig ist mir die Suche nach dem Wesen, dem Sinn, dem Gott in all den Dingen.

Kati (Anna Maria Sturm) sucht im Film ihre Freundin Jo (Rosalie Thomass) in Indien. Anna Maria Sturm hat im Interview gesagt, dass sie manchmal auf die Einladung einer Freundin geht, auch wenn sie keine rechte Lust hat. Käme das für Sie auch infrage?

Rosenmüller: Nein, bei mir ist das Gegenteil der Fall. Das gilt aber auch für meine Freunde. Denen sage ich immer: Wenn man schon mal die Möglichkeit hat, auf dem Sofa liegenzubleiben, sollte man es nutzen. Das macht die Freundschaft nicht kleiner.

Sie sind unheimlich fleißig. Wann machen Sie denn mal Pause?

Rosenmüller: Pause mache ich eigentlich nie. Ich mache mal Urlaub mit der Familie. Jetzt schreibe ich gerade viel oder ich gehe zu Gerd Baumann ins Studio und wir arbeiten an der Musik zum Film. Das ist aber keine schlimme Arbeit für mich. Es ist eher Glück. Drehen und die Vorbereitung für einen Film sind stressige Phasen. Die Postproduktion empfinde ich nicht als stressig. Da verbringe ich einfach viel Zeit mit sehr netten Leuten. Als ich noch am Bau gejobbt habe, war ich sicher nicht so fleißig.