Maeckes: „Mir gefällt der Gedanke, dass Scheitern okay ist“

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Maeckes: „Mir gefällt der Gedanke, dass Scheitern okay ist“

Maeckes wird im Herzen immer ein Kind des Hip-Hops bleiben. Seine Projekte mit den Orsons oder Edgar Wasser sprechen deutlich dafür. Doch der Stuttgarter Rapper kann auch anders: Seine erfolgreichen Gitarrenkonzerte sind kleine musikalische Umwege mit melancholischen Abbiegungen. Im Gespräch mit spot on news erzählt er über sein Leben als Künstler und verrät schon jetzt einige Details aus dem neuen Album "Drei".

Die Sonne scheint, der Blondschopf mit den blauen Augen rührt behaglich in seiner Tasse Kaffee und spricht mit uns nicht über Gott, aber über die Welt und seine erfolgreiche Gitarrenkonzert-Tour 2014. Es ist 16.30 Uhr – Zeit, zusammen mit Maeckes die letzten Wochen Revue passieren zu lassen und in das Leben eines begabten Rappers, Produzenten und Sprachpropheten einzutauchen. Allüren? Keine Spur. Im Gegenteil: Bescheidenheit wird belohnt. Aus dem bedachten Markus Winter im Interview wird ein musikalischer Entertainer, der das Publikum ausnahmslos in jeder Stadt zum Durchdrehen brachte. Warum? Sympathisches Gitarren-Halbwissen trifft auf rhetorisches Geschick mit schlagfertigem Improvisationstalent. Story continues…

Blicken wir zurück auf Ihre diesjährige Gitarrenkonzert-Tour, die fast überall ausverkauft war. Ist es Ihnen wichtig, vor wie vielen Menschen Sie spielen?

Maeckes: Natürlich freue ich mich sehr, wenn der Ansturm so groß ist und viele Fans die Show wirklich gern sehen wollen. Aber auch wenn noch drei Stühle frei sind, bin ich genau so froh darüber. Hauptsache, die Leute haben Bock.

Bei so einer großen Nachfrage – werden die Lokalitäten bei der nächsten Solo-Tour größer oder wollen Sie diese kleineren intimen Club-Konzerte beibehalten?

Maeckes: Im Herzen habe ich es am liebsten klein und intim, aber natürlich möchte ich es auch so vielen Leuten wie möglich zugänglich machen. Ich werde einfach einen Mittelweg finden und zwischendurch immer wieder kleinere Konzerte spielen, sodass diese private Atmosphäre irgendwie bestehen bleibt.

Die Philosophie Ihrer Gitarrenkonzerte lautet, nicht zwangsläufig perfekt Gitarre spielen zu müssen. Doch mit den Auftritten werden Sie automatisch professioneller. Was kommt als Nächstes – Klavier, Xylophon, Triangel?

Maeckes: Es gab tatsächlich schon einmal diese Schnapsidee – falls ich wirklich mal gut Gitarre spielen kann – Maeckes Klavierkonzerte an den Start zu bringen. Ich fange einfach von Null an und bin richtig schlecht.

Sie sind also ein großer Fan von Herausforderungen und noch selbstbewusst obendrauf?

Maeckes: In der heutigen Zeit soll immer alles erfolgreich und optimiert sein. Es ist doch schön, etwas zu haben, was nicht den vorgegebenen Idealen und Perfektionen entspricht. Mir gefällt der Gedanke, dass Scheitern okay ist. Wenn man sich damit abfindet, kommt dieses nötige Selbstbewusstsein von ganz allein. Scheitern als Chance zu begreifen, finde ich eigentlich ganz gut.

Dann gehören sie zu den wenigen nicht erfolgsorientierten Geschöpfen.

Maeckes: Naja, weil Scheitern auch als was wirklich Schreckliches in dieser Welt gilt. Verlieren und Misserfolg gehören zu den größten Ängsten von ganz vielen Leuten. Doch wenn man sich ein bisschen mit diesem Gedanken anfreundet, nicht immer vollkommen zu sein, kann man manchmal trotzdem Erfolg haben, wie die Gitarrenkonzerte zeigen.

Ihre Konzerte sind voller witziger Momente, in denen das Publikum nicht mehr aus dem Lach-Modus herauskommt. Woher nehmen Sie dieses Improvisationstalent?

Maeckes: Klar hatte ich mir auch immer einen gewissen Spannungsbogen für den Abend überlegt, aber es ist kein Korsett, in dem ich mich nicht frei bewegen kann. Und obwohl ich nur mit der Gitarre dasitze, ist es für mich wie ein kleines Theaterstück. Es gibt so viele Momente, in denen ich selber nicht weiß, was passiert. Ich setze dann einfach spontan um, was mir in den Kopf kommt. Genau davon leben die Shows.

In Ihrem kleinen Wohnzimmer auf der Bühne hat auch Michel Houellebecqs Buch „Die Möglichkeit einer Insel“ Platz gefunden. War das Ihre Tour-Lektüre?

Maeckes: Nicht für mich, aber für unseren Video-Mann. Ein großartiges Buch, ich bin ein großer Fan des Autors. Kennen Sie „Durch die Nacht mit…“ auf Arte? Die Episode mit ihm und dem Theater-Regisseur Calixto Bieito war eine der unangenehmsten – inklusive einiger Fremdschäm-Momente. Ich schweife ab. Guter Mann.

Wenn man sich Ihre Texte genauer anschaut, erkennt man schnell den guten Geschmack für „ästhetische Wortfindung“. Wann haben Sie Ihre Begeisterung für Sprache entdeckt?

Maeckes: In der Schule war ich in Deutsch immer schlecht, aber dennoch hat das alles bei mir sehr früh angefangen. Durch den Hip Hop habe ich zeitig begonnen, zu freestylen, zu improvisieren und mich mit Sprache zu beschäftigen. Zu der Struktur und den Reimen sind später Inhalte dazugekommen. Ich hatte recht bald das Verlangen, mir eine eigene Sprachwelt zu erschaffen.

Gerade in der Musik kann es schnell passieren, in sentimentalen Kitsch zu verfallen.

Maeckes: Es ist voll schwierig. Denn besonders in Deutschland ist Pathos und Kitsch eine Slalomstange, die man umfahren muss. Und vor allem die großen schwierigen Themen in einfache klare Worte zu verpacken, ist das Härteste überhaupt.

Ziehen Sie sich auch zum Schreiben in eine typisch künstlerische Umgebung zurück – bewaffnet mit einem Büchlein, einem Glas Wein und einer Schachtel Kippen für die Inspiration?

Maeckes: Wenn ich richtig Lust habe zu texten, arrangiere ich mir das auch. Aber der Moment kommt eigentlich öfter zu mir, ohne dass ich mir irgendwelche Pflichtzeiten setze. Aber das Kippchen fällt jetzt erst mal weg, ich habe aufgehört zu rauchen.

In Ihrem dritten Album wollen Sie am liebsten nur noch textlich mitmischen, sich aber stimmlich komplett zurücknehmen. Woher kommt diese wilde Idee?

Maeckes: Meine bisherigen Alben „Null“, „Eins“, „Zwei“ sind meine persönliche Mixtape-Serie. Alles begann mit einem Skizzenalbum, dieses wurde dann von einem Produzenten geremixed. Später wurden diese Beats wieder neu betextet und auf „Drei“ sollen nun die Lyrics nochmals eine neue Musik finden. Es geht also immer hin und her. Mir schwebt vor, dass andere Künstler die Vocal-Parts übernehmen und ich gar nicht mehr darauf zu hören bin. Ein ganz neues Experiment.

Experimentieren ist ein gern genutztes Wort von Ihnen. Sind denn schon weitere kreative Pläne in Aussicht?

Maeckes: Wir produzieren jetzt gerade wieder ein Orsons-Album, ich werde mich vielleicht irgendwann noch an einem Roman versuchen und meine Musikvideos wären da auch noch. Ich weiß ziemlich genau, was ich haben will und dann arbeite ich mich soweit rein, um es anderen Leuten mitzuteilen. Ich mag aber keine Kamera in der Hand halten, sondern nur die Visionen umgesetzt wissen. Abends arbeite ich also an meinen zukünftigen Wunschprojekten und tagsüber erledige ich den anderen Kram.

Wie würden Sie Ihre musikalischen Ergüsse einem völlig Ahnungslosen beschreiben?

Maeckes: Ich komme aus dem Rap und werde es im Herzen auch immer bleiben. Doch ich befinde mich manchmal auf Umwegen, die vielleicht an dem ein oder anderen melancholischen Strauch vorbeischlendern und sich lieber einen eigenen Weg bahnen als befahrene Autobahnen zu nutzen. Habe ich schon erwähnt, dass ich auch Metaphern mag?

Diese künstlerischen Umwege scheinen bei den Fans sehr gut anzukommen. Ihr Bekanntheitsgrad steigt immer mehr. Cro versucht mit seiner Maske, Privates und Job zu trennen. Gehen Sie denn noch ungestört feiern?

Maeckes: Bis jetzt ist alles noch sehr angenehm. Meine Fans respektieren, dass es für sie und für mich merkwürdig wäre, sich im Alltag zu begegnen. Das sind auch keine kreischenden Beatles-Fans, sondern sehr tolerante Menschen. Aber am Ende haben die Fans auch nur eine Projektion von mir als Mensch. Und wenn diese Projektion größer wird als der Mensch selber, wäre das sehr traurig.

Waren Sie selber mal richtig Fan von jemandem?

Maeckes: Ich bin Fan von vielen Dingen, aber ich benötige nichts in Gegenständen materialisiert. Ein Autogramm wollte ich nie. Obwohl, als Kind fand ich David Hasselhoff mega cool und heute machen mich Future Island extrem glücklich, wenn ich die höre. Von denen habe ich auch ein Autogramm. Erwischt.

Sie werden als „schönster Rapper“ Deutschlands betitelt. Was ist Ihr Statement dazu?

Maeckes: Oh! Ich fühle mich geehrt. Ein Strauß Blumen für die Gattin.

Wenn Sie es sich aussuchen könnten, in welchem Jahrzehnt hätten Sie am liebsten gelebt?

Maeckes: Es gibt nur das Jetzt.