„Mad Max: Fury Road“: Ein zweistündiges Finale

Magazin

„Mad Max: Fury Road“: Ein zweistündiges Finale

Das Auto zerstört, eingesperrt und als Blutbank missbraucht: Kein Wunder, dass Max so wütend ist. In den rund zwei Stunden von "Mad Max: Fury Road" hat er aber genug Zeit, um eindrucksvoll Dampf abzulassen.

Selbst die opulentesten Action-Streifen lassen den Zuschauern in aller Regel zumindest zu Beginn kurz Luft zum Durchatmen. Nicht so „Mad Max: Fury Road“: Schnell das Auto geschrottet, in Gefangenschaft geraten und einen schicken Haarschnitt bekommen – und schon kann es für Protagonist Max (Tom Hardy) in das gefühlt zweistündige Finale des Films gehen. Und wer sich darauf einlässt, wird selten besser unterhalten aus dem Kino kommen.

Hat der noch TÜV?

Die Handlung von „Mad Max“ ist dementsprechend schnell zusammengefasst. Eigentlich will Max nur in aller Ruhe um seine ermordete Familie trauern. Doch die motorisierten Schergen des Despoten Immortan Joe lassen das nicht zu. Der wortkarge Einsiedler wird von ihnen in Ketten gelegt und als lebende Dialyse-Maschine beziehungsweise Kühlerhaubenfigur missbraucht.

Ein Glück, dass die toughe Furiosa kurze Zeit später beschließt, sich nicht länger von Immortan Joe knechten zu lassen. Bei einer Versorgungsfahrt mit einem Tanklaster nutzt sie die Gelegenheit zur Flucht, den kompletten Harem des Tyrannen heimlich mit an Bord. Der ist über den Verlust seiner hübschen Damen selbstredend wenig erfreut und nimmt mit seiner Armada an wild zusammengeschusterten Boliden die Verfolgung durch die Wüste auf – der bemitleidenswerte Max mittendrin.

Opulente Endzeit

Es ist schon beeindruckend, wie gut es Regisseur George Miller gelungen ist, die Atmosphäre seiner bisherigen „Mad Max“-Streifen rund 35 Jahre nach dem ersten Teil wieder einzufangen. „Fury Road“ ist genauso übertrieben, wahnwitzig und brachial, wie ein „Mad Max“-Film zu sein hat.

Entgegen des Trends Remakes oder Reboots eines alten Werks ungemein düster und „realstisch“ neu zu interpretieren, nimmt sich der Film aber selbst nicht zu ernst. Wie könnte er das auch? Hirn aus, Motor an – so lautet die Formel, mit der „Mad Max“ erstaunlich gut zu unterhalten weiß. Auch, weil der Film trotz der Bierdeckel-Story mehr Substanz aufweist, als zuletzt das effektheischende Action-Kino à la Michael Bay.

Charlize Theron als Furiosa macht ihrem Namen alle Ehre

Die Kunst der Zerstörung

Das wird speziell in den ungemein aufwendig choreografierten Kampf- und Verfolgungsjagden deutlich, die im Grunde fast den gesamten Film ausmachen. Die Kamera wahrt während dieser Szenen eine gewisse Distanz. Die ist auch schlichtweg notwendig, um der rasanten Action folgen zu können. Das sieht fantastisch aus. Auf diese Weise kann aber auch nichts kaschiert werden. Braucht es auch nicht. Denn zum Glück hat es Miller immer noch drauf, auch die zigste Karambolage einzigartig zu inszenieren. Wer sich in „Mad Max“ langweilt, der gähnt auch beim Achterbahnfahren.

Ohne Computertechnik kommt natürlich auch „Mad Max“ nicht aus. Mit Ausnahme der unmöglichsten Stunts wird aber so gut es geht auf echte Schauspieler und Explosionen zurückgegriffen, was grundsätzlich immer die bessere Wahl ist. Apropos Tricktechnik: In einem Punkt zitiert sich Miller auffallend selbst. Wie in seinen Vorgänger-Filmen lässt er auch in „Fury Road“ das Geschehen gerne schneller ablaufen. Dadurch wird ein beinahe comichafter Look erschaffen, der nicht jedermanns Sache sein dürfte, zu „Mad Max“ aber ebenso gut passt, wie der Geruch von Motoröl und Benzin.

Bass, wir brauchen Bass

Max alias Tom Hardy hat ohnehin schon eine beeindruckende Stimme, für „Mad Max“ wurde sie aber noch eine Oktaven nach unten geknüppelt. Um große Reden zu schwingen, benutzt er sie aber nicht, sondern eher, um zustimmend oder verächtlich zu knurren. Mit Hardy wurde definitiv der perfekte Ersatz für den in die Jahre gekommenen Mel Gibson gefunden, der bislang der einzige Darsteller des Wüterichs war. Dennoch stiehlt ihm Charlize Theron ein wenig die Show. Als einarmiger Inbegriff einer Amazone überzeugt sie mit raspelkurzen Haaren und schwarzer Kriegsbemalung. Ihrem Charakternamen Furiosa wird sie mehr als gerecht.

Fazit

Interessierten Freunden erklärt man den Plot von „Mad Max: Fury Road“ am besten, indem man beide Arme in die Luft reißt und Explosions-Geräusche von sich gibt. Wer in den Film geht und allen Ernstes erwartet, anspruchsvolles Kino zu erleben, dem sollte Max höchstpersönlich die Leviten lesen. Alle anderen erwartet zwei Stunden purer Irrwitz. Der wird Action-Fans mit einem infantilen Grinsen aus dem Kino entlassen – und mit dem Wissen, dem Gehirn gerade den wohlverdienten Urlaub gegeben zu haben.