Liebe macht vulgär: Schnipo Schranke

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Liebe macht vulgär: Schnipo Schranke

Die Stammesältesten von Intro, Musikexpress und Spex sind sich einig: Mit einem Song namens "Pisse" hat das Duo Schnipo Schranke aus dem Stand einen der größten Hits 2014 abgeliefert. Ihr Debütalbum klingt nun wie die Deutschpop-Variante der Serie "Girls".

Da sieht man mal, wohin so ein konformes Studium der klassischen Musik führen kann: Ein sinnloser, von Fastfood inspirierter Bandname (Schnipo Schranke), Musik im Kinderzimmer-Produktions-Style und Textzeilen wie: „Dein Handy mit den Arschbacken gehalten / Nur um dich zu unterhalten / Dacht‘, du findest so was komisch / Seitdem liebst du mich platonisch.“

Die Frage ist ja, wie Fritzi Ernst und Daniela Reis überhaupt auf die Idee gekommen sind, Cello und Blockflöte zu studieren. Und auch noch in Frankfurt. Langweilig und unkreativ kommen ihnen diese Zeiten mittlerweile vor. Aber vielleicht ist genau das der Grund, warum Schnipo Schranke heute anders klingen als der Rest von Indiepop-Deutschland – und trotzdem die hohe Kunst des Ohrwurms beherrschen. In Sachen Melodie und Harmonie haben die beiden gut aufgepasst, auch wenn sie das hinter einer charmanten Lofi-Wand und witzig-derben Texten verstecken.

Das ist natürlich unterhaltsam und wunderbar geeignet für die imaginäre Hamburger WG-Küche von Lena Dunham, Charlotte Roche und WIZO. Dass das Duo mit seinem Song „Pisse“ für die Leser der „Intro“ den Jahreshit 2014 geschrieben hat, passt da ja perfekt ins Bild. Aber das ist nicht genug, die Fans von SCHNItzel mit POmmes Rot-Weiß (aka Schranke) haben Bock auf Mainstream: „Ich halte überhaupt nichts davon mit Absicht schräge Sachen zu machen. Am Ende des Tages ist man der Einzige, der seinen Scheiß abfeiert.“

Vom Deutschlandradio wurden die nun veröffentlichten Songs auf dem Debütalbum „Satt“ treffend als „Obszönitäten-Chansons“ beschrieben. Denn der Kern dieser Band sind die Texte, in denen purer Punk herrscht und Proleten-Feminismus auf Kinderreim-Schema trifft. „Ich würd Dich gern mal treffen, doch ich werf immer daneben“, heißt es da etwa.

„Komm in meine Arme / Komm in meinem Mund / Nimm mich an die Hand / Nimm mich an der Wand“, heißt es in „Intensiv“, ein Adjektiv, mit dem übrigens das Sperma des aktuell Geliebten beschrieben wird. Überhaupt geht es bis auf einen Song in jedem Lied um Männer, Liebe und die Körperflüssigkeiten, die damit einhergehen. „Das ist das Ding unserer Generation – weil man ja kaum noch andere Probleme hat“, erklären Schnipo Schranke dazu schön reflektiert. „Ich hab zu jedem Song nen Kerl im Kopf“, so die eine. „Also ich nicht, ich mische alle Kerle zusammen“, die andere. Und irgendeinen Grund muss es ja dafür geben, dass sich „küssen“ auf „eingeschissen“ und „Pisse“ auf „vermisse“ reimt.