„Knight of Cups“: Bildgewaltige Tropfenfolter

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„Knight of Cups“: Bildgewaltige Tropfenfolter

Regisseur Terrence Malick steht für visuellen Anspruch. Bei "Knight of Cups" vernachlässigt er dadurch aber zu sehr alles andere. So wird der Film mit Christian Bale schnell zur Tortur.

Wer in einen Film von Terrence Malick geht und erwartet, stringente und leicht bekömmliche Filmkost serviert zu bekommen, hat wohl noch nie einen Film des US-Regisseurs gesehen. Spaltete schon sein stargespickter Film „The Tree of Life“ durch „unsägliche Langeweile“, aber auch „berührende Anmut“ Zuschauer und Kritiker gleichermaßen, ist Malick mit „Knight of Cups“ sein filmisches Husarenstück gelungen. Noch reduzierter in seiner Handlung verkommt der Film mit Christian Bale für die meisten Zuschauer trotz wunderschöner Cinematographie zu einer hoffnungslos überstilisierten Geduldsprobe.

Die Leiden des jungen Rick

Rick (Bale) ist ein Sklave des Hollywood-Systems. Einerseits ist er süchtig nach Erfolg und Anerkennung, aalt sich darin, andererseits deprimiert ihn die vermeintliche Bedeutungslosigkeit seines Lebens. Wie die Tarot-Karte, die dem Film seinen Titel verleiht, ist Rick permanent gelangweilt und auf der Suche nach Stimulierung. Sein täglicher Trott ist aber in erster Linie die Suche nach der einen Frau, die in der Lage ist, seinen Wankelmut und die scheinbar unbändige Rastlosigkeit zu zähmen. Denn „Der Ritter der Kelche“ ist eben nicht nur ein Künstler und Abenteurer, sondern auch ein Romantiker.

Traum- und Alptraumfabrik

So verkünstelt „Knight of Cups“ auch ist, kompliziert ist Malicks Botschaft eigentlich nicht. Mit dem Streifen gibt er sein Statement über das so glorifizierte Pflaster Hollywood ab. Hauptfigur Rick hangelt sich von Party zu Party, von Frau zu Frau, lebt den vermeintlichen Traum von „Sex, Drugs and Rock’n’Roll“ und ist dennoch zu Tode betrübt. „Wie kann es sein, dass du nichts hast?“, fragt an einer Stelle des Films ein Einbrecher Rick, als er die Penthouse-Wohnung des Schauspielers durchwühlt. Ebenso gut hätte er diese Frage auch über Ricks Gefühlswelt stellen können.

In „Knight of Cups“ wechseln schöne Landschaftsaufnahmen Bilder schöner Menschen ab und vice versa. Das weckt in den ersten Minuten ohne Zweifel Neugier, spätestens nach einer halben Stunde beginnt man aber, ungeduldig auf dem Kinositz umherzurutschen. Werden die nächsten 90 Minuten etwa ähnlich ereignislos bleiben, wie die ersten 30? Die Antwort darauf ist „Ja“. „Knight of Cups“ anzusehen bedeutet, zwei Stunden zwar toll aufgenommene, aber ungemein anstrengende Bildsprache über sich ergehen zu lassen.

Durch den Mangel einer wirklichen Geschichte ist es zudem schwer, das Ende des Films vorauszusagen. Nach jeder Abblende ertappt man sich daher insgeheim bei dem Wunsch, dass als nächstes doch endlich der Abspann über den Bildschirm laufen möge – aber vergebens, die nächste Szene kommt, und die nächste. So in etwa muss sich die Tropfenfolter anfühlen.

In der Kürze liegt die Würze

Dabei schafft es Malicks Film durchaus, die Emotionen der Zuschauer in einzelnen Abschnitten des Films anzusprechen. Die hoffnungslose Liebe zu einer vergebenen Person, oder der Verlust eben jener Liebe zum eigenen Partner – wohl jeder Zuschauer wird sich in der Gedankenwelt von Rick an eigene verflossene oder zum Scheitern verurteilte Liebschaften erinnert fühlen. Doch hätte der Film dasselbe Kunststück auch in viel kürzerer Zeit geschafft. Als Kurzfilm würde „Knight of Cups“ glänzend funktionieren, als zweistündiger Feature-Film ist er eine Tortur.

Davon dürfen auch auf keinen Fall die Stars ablenken, die so verheißungsvoll in Trailern und sonstigen Werbungen für den Film locken. Ob Cate Blanchett, Natalie Portman, Antonio Banderas oder Jason Clarke – allesamt sind sie kaum mehr als kurzes Beiwerk auf Bales zäher Suche nach dem Sinn. Sollte jemand ausschließlich aufgrund des Casts eine Karte für „Knight of Cups“ lösen, ist Enttäuschung und ein vorzeitiges Verlassen des Kinosaals programmiert.

Fazit

Visualisierte Midlife-Crisis trifft auf Lars von Triers „Melancholia“. Dass „Knight of Cups“ keine leichte Kost werden würde, war bei Regisseur Terrence Malick klar. Eine derartige Geduldsprobe hätte der zugegeben wunderschön aufgenommene Film mit Christian Bale aber auch nicht werden müssen. Mit 120 Minuten Laufzeit ist er gefühlt etwa 90 Minuten zu lang. Wer Malicks ungewöhnliche, meist nonverbale Erzählweise mag, wird auch „Knight of Cups“ etwas abgewinnen können. Alle anderen sitzen während der zwei Stunden Laufzeit hingegen auf glühenden Kohlen, sind eingeschlafen, oder vorzeitig in die Nacht enteilt.