Killerpilze: „Könnt ihr euch vorstellen, wie es im Tourbus gerochen hat?“

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Killerpilze: „Könnt ihr euch vorstellen, wie es im Tourbus gerochen hat?“

Drei Freunde müsst ihr sein: Die Killerpilze haben in ihren frühen Teenager-Jahren den ganz großen Hype erlebt. Jetzt, mit Anfang 20 machen sie immer noch zusammen Musik. Nun sogar auf dem eigenen Label. Was rückblickend an der Pubertät im Tourbus am Schwierigsten war und wie es weitergehen soll, verraten sie im Interview.

Killerpilze – der Name ist durchaus ein Begriff. Auch zehn Jahre nach dem großen „Bravo“-Hype. Um das Jahr 2006 war die Band, damals erst um die 15 Jahre alt, in aller Teenie-Munde. Aber das Leben geht weiter. Und die Bandmitglieder sind nicht nur erwachsen geworden, sie wollen nun auch die entsprechende Musik machen.

Einen Major-Vertrag gibt es dafür nicht mehr: Die Brüder Jo (24) und Fabian Halbig (21) und Drummer Mäx Schlichter (26) haben ihr eigenes kleines Label gegründet und handeln jetzt jede Menge Papierkram. Dazu Auftritte bei Rock am Ring und eine neue Platte: Die „Postkarten EP“ erscheint offiziell Anfang September. Mit der Nachrichtenagentur spot on news haben die Killerpilze über ihren neuen Sound und große Pläne gesprochen – und über die unangenehmsten Momente ihrer Pubertät im Tourbus.

Es gibt nun auch das eigene Label killerpilzerecords. Wie schwer war der Schritt, selbst als Unternehmer tätig zu werden, inklusive Papierkram und finanziellem Risiko?

Fabian Halbig: Die Anfänge waren wie bei jedem Start-Up sehr schwer – und wir lernen mit jeder weiteren Veröffentlichung dazu. Mittlerweile haben wir in vier Jahren vier CDs veröffentlicht und unsere Firmenstruktur optimiert. Bei der ersten CD haben wir uns in bestimmten Bereichen auch noch finanziell verschätzt – dafür aber in anderen unverhofft Glück gehabt. Mit der Zeit lernt man, Abläufe zu optimieren, mit mehr Weitblick zu arbeiten und vor allem, trotz all der bürokratischen Hürden, den Spaß nicht zu verlieren.

Wie fühlt sich das jetzt an?

Fabian Halbig: Wir sind gerade mal Anfang bis Mitte 20 und ich denke, wir stehen mittlerweile auf sehr soliden Füßen, was „killerpilzerecords“ angeht. Das macht uns schon stolz. Aber es arbeiten natürlich auch andere Leute an unserer Karriere mit und ohne sie wäre es ebenfalls nicht möglich. Unser Management, unsere Booker und Freunde unterstützen uns in vielerlei Hinsicht. Aber die Verantwortung ist für jeden von uns Drei über die letzten Jahre gewachsen. Von der Produktion über Videokonzeptionen, Merchandise-Gestaltung, Businessplänen bis hin zu Versand. Wir haben überall unsere Finger im Spiel.

Zum Ergebnis: Was zeichnet das kommende Album musikalisch aus – verglichen mit dem, was die meisten Mainstream- und Radiohörer aus den 00er-Jahren in Erinnerung haben?

Jo Halbig: Am liebsten überlassen wir die Beurteilung den Zuhörern selbst – aber in den acht Jahren seit unserem Debüt-Album hat sich natürlich viel verändert. Wir haben uns weit aus der Schublade des damaligen „Teenie-Pop-Punkrock“ gespielt und uns zu einer Rockband entwickelt. Damals waren das genauso wir, aber mittlerweile sind wir als Band, als Menschen und Songwriter gereift. Auf unserer „Postkarten EP“ kann man hören, dass wir nach wie vor große Fans schöner Melodien sind. Dennoch werden wir konsequent an einem kantigen, einzigartigen Sound arbeiten. Das Album soll eine Gitarrenplatte werden, die für uns nach der Entwicklung der letzten Jahre eine wirkliche Zäsur bildet und sich für den Zuhörer wie ein Glastonbury-Konzert bei Sonnenuntergang, einer Zigarette in der linken Hand, dem Freund oder der Freundin im rechten Arm anfühlen. Idealerweise singen beide aus vollem Hals mit.

Es hat den Anschein, dass viele Fans die Band seit den Anfangstagen begleiten – und auch nach der Major-Label-Phase die Treue gehalten haben.

Mäx Schlichter: Definitiv kann man sagen, dass unsere KPFamily – so wie wir unsere Community nennen – aus vielen sehr treuen Seelen besteht. Es geht zu großen Teilen um die Musik, aber eben auch um das Gemeinschaftsgefühl. Dieser Rückhalt ist unbezahlbar. Seit unserem Konzert bei Rock Am Ring sieht man auch immer mehr „alte Gesichter“ wieder – was uns sehr freut!

Jo Halbig: Der Support aus dem Ausland ist auch krass. Wir haben große Fan-Communities in Russland oder Frankreich, aber auch in vielen anderen Ländern, die alle Deutsch lernen, um die Texte zu verstehen. Echt eine Ausnahme für eine deutschsprachige Band.

Wie bringt man so eine Bindung zustande?

Fabian Halbig: Wir haben uns nie als Band verstanden, die irgendwelche Barrieren zwischen sich und dem Publikum aufbauen möchte. Für uns gehört das Biertrinken nach der Show am Merch-Stand genauso dazu, wie mit den Fans via Twitter oder Facebook täglich in Kontakt zu sein. Wir drehen Youtube-Folgen, lassen die Fans so virtuell an unserer Geschichte teilhaben, nehmen uns Zeit und empfinden es als wichtigen Bestandteil, die Menschen, die uns unsere Tourneen, Plattenverkäufe und diesen Weg ermöglichen, zu schätzen.

Jo Halbig: Das Internet ist da natürlich eine große Hilfe, aber am Ende des Tages wird diese Bindung auf den Konzerten entschieden. Ich denke, über die Jahre haben wir uns ein großes Vertrauen erspielt.

Sie haben schon zusammen Musik gemacht, da waren Sie gerademal Teenager. Was war das Schwierigste daran, quer durch die Pubertät und die ersten Weichenstellungen als Twen als Band zusammen weiterzumachen?

Mäx Schlichter: Das Schwierigste war sicher, die Pubertät zusammen im Tourbus zu überstehen. Könnt ihr euch vorstellen, wie es da gerochen hat? Wir wussten immer, dass die Musik unser Ding ist und dass es ein großes Privileg ist, schon so früh so erfolgreich zu sein. Der Traum hat uns immer durch alle Krisen wie erste Trennungen, aber auch Schulabschlüsse, Studium, Zivildienst geführt. Wenn wir zusammen auf Tour gehen, sind wir eine Gang, die Lust hat, die Welt zu sehen. Es ist unvergleichlich, mit seinen besten Freunden und Brüdern vor vielen Leuten seine Songs spielen zu können, Orte zu sehen, an die man sonst nie kommen würde, Menschen zu treffen, Partys zu feiern und das alles teilen zu können. Erst dann macht der Rock’n’Roll auch richtig Spaß.

Gibt es Episoden aus der Bandgeschichte, die Sie bereuen?

Fabian Halbig: Die Outfits. Da gab es schon vieles, was man rückwirkend anders gemacht hätte. Und die zweite Single-Auskopplung der zweiten Platte. Aber ansonsten würde ich aus voller Überzeugung sagen: Nein, denn jede Entscheidung erfährt irgendwann ihre Berechtigung. Nach Wahrscheinlichkeiten zu forschen, „was gewesen wäre, wenn“, das ist nicht unser Ding.

Daran anschließend: Sie sind eine ziemlich umtriebige Liveband. Hätten Sie sich rückblickend einmal eine andere Teenager-Zeit gewünscht, als die auf Tour und im Studio?

Mäx Schlichter: Nach circa 750 gespielten Konzerten in ganz Europa und den ganzen Momenten, die man auf Tour so erlebt, können wir uns nur überglücklich schätzen, so ein aufregendes Leben führen zu dürfen. Von ausverkauften Shows in Frankreich, über Konzerte vor 80.000 Menschen bis zur Aftershow-Grillparty auf einem kleinen schwäbischen Festival war da schon alles dabei. Wir hatten immer die Option, das zu tun, worauf wir Lust haben und das ist wahrscheinlich der größte Luxus, den man sich wünschen kann. Natürlich mussten wir auch Abstriche machen, aber verglichen mit dem, was für einen Spaß wir haben, wen wir alles kennengelernt haben und dass wir mit der Musik unser Geld verdienen dürfen, ist das alles nicht nennenswert.

Jo Halbig: Wie sagte schon Noel Gallagher: „Wenn du in einer Rockband spielen darfst, sei verdammt nochmal glücklich darüber und hör auf zu jammern!“ Außerdem haben wir das Glück, dass wir unseren Freundeskreis oft auf Tour dabei haben und er zum Teil sogar fester Bestandteil unseres Teams ist.

Die ganz großen Verkaufszahlen sind nach der „Invasion der Killerpilze“ eher ausgeblieben. Grämen Sie sich darüber – oder ist es wichtiger, einfach die Musik machen zu können, die man machen will und davon leben zu können?

Jo Halbig: Wir sind nicht traurig darüber, dass wir heute keine 100.000 Alben verkaufen. Die letzten Jahre waren alle wichtig, um irgendwann wieder dort zu stehen. Wir haben uns für einen harten Weg entschieden, aber das heißt nicht, dass wir deswegen unglücklich sind. Viel mehr wissen wir sehr zu schätzen, dass wir gerade eine der erfolgreichsten Crowdfunding-Kampagnen aller Zeiten realisiert haben, 75.000 Euro sammeln konnten und im zwölften Bandjahr gefestigter dastehen denn je.

Max: Wir haben schon immer die Musik gemacht, die wir machen wollten – nur hat sich die mit uns im Laufe der Jahre verändert. Wir haben die letzten Jahre viel gearbeitet und uns eine tolle Ausgangssituation mit einem tollen Team um uns geschaffen. Das nächste Album wird kommen und dann werden die Karten neu gemischt. Wir freuen uns schon sehr darauf.