Jördis Tielsch: Göttin des Geigenbogens

Magazin

Jördis Tielsch: Göttin des Geigenbogens

Mit "Kleine Stadt, großes Kino" legt Jördis Tielsch ihr Debütalbum vor. Die Newcomerin begeistert darauf mit perfektem Geigenspiel. Sie deshalb in die Klassik-Schublade zu stecken, wäre aber ein fataler Fehler.

Ihr Vorname kommt aus dem Isländischen und bedeutet Göttin des Schwertes. Sie aber ist weder aus Island, noch geübt im Umgang mit dem Schwert. Vielmehr ist Jördis Tielsch (20) eine Göttin des Geigenbogens. Von sich selbst sagt sie, sie sei nur „eine Musikerin“. Das stimmt zwar auch, wird ihrem großen Talent an der Violine aber nicht annähernd gerecht. „Ich wollte nie eine klassische Geigerin werden“, erklärt sie im Interview mit spot on news, nachdem sie im kleinen Rahmen in München ihr Debütalbum „Kleine Stadt, großes Kino“ vorgestellt hat.

Auf „vier bis fünf Stunden“ üben am Tag habe sie keine Lust gehabt. Trotzdem beherrscht Jördis das Streichinstrument perfekt. Seit ihrem sechsten Lebensjahr hat sie Geigenunterricht genommen. Freiwillig. Gelernt hat sie nach der Suzuki-Methode, bei der das Spielerische im Vordergrund steht. Am Anfang habe sie noch „sehr viel Klassik“ gespielt. Ihre Leidenschaft galt aber schon immer der Pop- und Folk-Musik. Deshalb habe sie irgendwann versucht, ihr Geigenspiel „mit dem Gesang zu verknüpfen“.

„Man darf nicht zu verbissen sein“

Eine gute Entscheidung, die ihr letztlich einen Plattenvertrag einbrachte und somit auch dieses Debüt. Doch Jördis hebt deswegen nicht ab. Sie ist nicht so blauäugig „zu glauben, dass das jetzt gleich alles durch die Decke geht“. Ihr sei es sowieso wichtiger, sich langfristig eine Karriere aufzubauen. „Aber ich glaube auch, dass man nicht zu verbissen sein sollte, weil dann funktioniert es nicht und am Ende leidet die Musik darunter. Man braucht Geduld.“

Ihre Bodenständigkeit drückt sich noch in einem anderen Punkt aus: Sie setzt nicht alles auf eine Karte. „Ab Oktober studiere ich in Köln Musik und Englisch auf Lehramt“, verrät sie im Interview. Sie könne sich „sehr gut vorstellen, später mit Jugendlichen zusammenzuarbeiten“. Freilich wäre das nur ein Plan B, ihr großer Traum bleibt die Bühne. Vor dem Spagat zwischen Musik-Karriere und Studium habe sie etwas Angst, wie sie zugeben muss. „Aber es wird eine Lösung geben, man muss es nur ausprobieren.“

Kein Groupie von David Garrett

Für das Studium verlässt Jördis sogar ihre geliebte Heimat. Sie stammt aus der kleinen Gemeinde Sinn in Mittelhessen. „In meinem Dorf ist man im Prinzip von Natur und Tieren umgeben.“ Genau das schätzt sie so am Leben dort. Ab Oktober aber heißt es: Großstadtleben statt Landidyll. Die Anonymität einer Großstadt finde sie etwas befremdlich. „Man begegnet so vielen Menschen am Tag, aber keinen kennt man so richtig. Viele nimmt man nicht mal mehr richtig wahr.“ Sie wisse schon jetzt, dass sie Heimweh haben werde. Aber das Wichtigste ist, so eine Erfahrung zu machen.

Wer übrigens aufgrund der Verbindung zwischen Geige und Pop glaubt, dass David Garrett die 20-Jährige inspiriert haben könnte, der wird von Jördis enttäuscht. Er habe es zwar geschafft, die Geige populär zu machen. Aber sie sei nie ein Groupie des Star-Geigers gewesen. „Ich habe auch kein Album von ihm“, erklärt sie. „Aber er ist technisch und musikalisch wirklich gut.“ Dasselbe gilt für Jördis Tielsch, die trotz ihres göttlichen Talents ziemlich irdisch wirkt. Nicht die schlechteste Voraussetzung für eine große Karriere.