Frittenbude: „Pegida war eine Klatsche ins Gesicht“
Magazin
DJ mischt Musik
Nach Nachtigall, Katze und Delfin reiht sich nun das Küken in den bandinternen Zoo: In diesen Tagen veröffentlicht die Band Frittenbude ihr viertes Album "Küken des Orion". Frontmann Johannes Rögner spricht im Interview über das kommunistische Bandgefüge, Fremdenhass und Alpakas.
Frittenbude – das sind Jakob Hägelsperger, Johannes Rögner und Martin Steer. Geboren in Niederbayern, geflüchtet nach Berlin – jetzt veröffentlichen die drei Exil-Bajuwaren nach drei Jahren Pause ihr neues und gleichzeitig viertes Studioalbum „Küken des Orion“. Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news sprach Rapper und Sänger Johannes Rögner über Pegida, soziale Netzwerke und seine Heimat Bayern.
Warum ist das Alpaka der legitime Nachfolger für Ihre bisherigen Albumcover-Tiere?
Johannes Rögner: Alpakas fanden wir einfach schon immer süß. Hätte ich einen Garten, würden mindestens zwei darin leben. Für das Albumcover sind wir zu einer Alpakazucht vor den Toren Berlins gefahren. Die Alpakas leben dort auf riesigen Wiesen und werden von zwei großen, weißen Hunden vor den Wölfen beschützt. Viele denken, das abgebildete Alpaka wäre ein junges Lama, aber in Wirklichkeit ist es ein ganz altes namens Anni.
Der Song „Möglichkeit eine Lamas“ handelt davon, dass man von den Chancen und Optionen, die das Leben bietet, überfordert ist. Ein Plädoyer für mehr Gelassenheit?
Rögner: Die „Möglichkeit eines Lamas“ muss nicht unbedingt eine Möglichkeit sein, die man ergreift, sondern kann auch eine sein, die man verpasst und daraus gelernt hat. Man muss das Leben mehr leben. Was nützt dir dein ganzes Geld, wenn du keine Zeit hast, es auszugeben. Warum hast du überhaupt eine Familie, wenn du sie kaum sieht, weil du die ganze Zeit in der Arbeit bist. Man sollte sich mehr auf das Wesentliche besinnen. Es gibt so viele Dinge, die glücklich machen können, aber keinen Wert im Sinne von Geld haben.
Sehen Sie Ihr neues Album „Küken des Orion“ als Kommentar zu aktuellen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen?
Rögner: Als Musiker verarbeitet man alles, was um einen herum und in der Welt passiert. Da wir keine unpolitischen Menschen sind, fließt das natürlich in die Texte mit ein – egal, ob das die Grenzpolitik in Europa oder Pegida in Dresden ist.
Vor allem die Pegida-Bewegung dürften Sie als politisch links orientierte Band mit Entsetzten beobachtet haben…
Rögner: Natürlich. Aber es war auch mal wieder gut zu sehen, wie dumm die Leute eigentlich sind. Für diejenigen, die behaupten, dass es in Deutschland keinen Fremdenhass gibt und dass sich in dieser Hinsicht viel getan hat, war Pegida eine Klatsche ins Gesicht. Denn in Wirklichkeit sind die Menschen so geblieben, wie sie schon immer waren.
Aber genau diese Leute erreichen Sie mit Ihrer Musik und Ihrer Botschaft doch nicht?
Rögner: Für diese Menschen machen wir unsere Musik auch nicht. In erster Linie machen wir die Musik für uns selbst. Und für jeden, der sie fühlen und verstehen kann. Wenn das von 25.000 Pegida-Leuten dann einer doch kapiert, haben wir alles richtig gemacht. Dann ist es einer weniger.
Heutzutage spielt sich im Musik-Business vieles im Internet ab. Wie viel hat Frittenbude den sozialen Medien zu verdanken?
Rögner: Was mit MySpace losging, hat sich heute auf Facebook, Tumblr oder Instagram verlagert. Über die sozialen Netzwerke erreicht man seine Fans einfach immer. Man muss nicht mehr zwingend bei einem großen Label unterkommen und in Berlin, London oder New York leben, um Musik veröffentlichen zu können. Mich erinnert das an eine Art Punk-Attitüde. Jeder kann für wenig Geld manierliche Musik machen und damit Erfolg haben.
Sie leben inzwischen schon lange in Berlin. Warum wollen Sie nicht mehr in Ihrer Heimat Bayern leben?
Rögner: Das kann ich nicht so genau sagen. Ich war früher oft in Berlin zu Besuch und ich hab mich dort immer wohl gefühlt. Als ich noch in Bayern gelebt habe, habe ich irgendwann gemerkt, dass ich eine Veränderung brauche. Ich hatte in München eine gute Zeit und es waren zehn schöne Jahre, aber irgendwann musste ich woanders hin. Ins Ausland zu gehen, kam für mich damals nicht in Frage.
Jeder von Ihnen hat sich in der Zwischenzeit seinen jeweiligen Solo-Projekten gewidmet. Brauchte Frittenbude eine Pause von sich selbst?
Rögner: Frittenbude ist ein großer Inhalt unseres Lebens. Da gibt es eigentlich keine Pause. Mein Soloprojekt Lama LA, das ich mit Kevin von ClickClickDecker aufgezogen habe, ist eher nebenher passiert. Was Frittenbude betrifft, hat sich mittlerweile einfach eine Eigendynamik entwickelt und mit anderen Leuten nochmal ganz neu anzufangen, hat mir persönlich sehr gut getan.
Verliert ein Projekt, für das man lange arbeitet und kämpft, irgendwann seinen Reiz?
Rögner: Eigentlich nicht. Frittenbude – das sind immer zu hundert Prozent wir. Wir sind in unserem Konstrukt kommunistisch. Es muss immer allen gefallen und deswegen sind wir auch immer alle hundertprozentig zufrieden mit den Dingen. Frittenbude wird es noch geben, wenn uns keiner mehr hören will. Frittenbude ist ein Teil von uns.