„Frank“: Michael Fassbender als skurriler Pappkamerad

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„Frank“: Michael Fassbender als skurriler Pappkamerad

Wenn man selbst unter Musikerkollegen als Sonderling gilt, dann will das schon was heißen. Als Frank darf sich Michael Fassbender im gleichnamigen Film so richtig austoben und überzeugt mit Humor und Tragik.

Michael Fassbender („Shame“) war schon Sklavenhalter, Sex-Süchtiger, Super-Mutant und Androide. Doch so speziell und ungewöhnlich viele seiner Rollen auch gewesen sind, als Musiker „Frank“ toppt er sie alle. Die Mischung aus Musikfilm und Groteske ist definitiv nicht jedermanns Sache, nur wer auf entschleunigtes Kino steht, wird bei „Frank“ auf seine Kosten kommen – dann aber richtig.

Wahnsinnig talentiert oder nur wahnsinnig?

Frank (Fassbender) ist Frontmann einer Rockband und selbst für seinen Berufsstand ungemein exzentrisch. Woran man das festmachen kann? Nun, andauernd trägt er einen gigantischen Pappmaché-Kopf auf den Schultern – nicht nur während den Shows, sondern auch im Alltag. Nicht einmal seine Bandkollegen kennen die wahre Identität des Sonderlings. Als der verträumte Jon (Domhnall Gleeson, „Ex Machina“) zu der Gruppe stößt, dauert es nicht lange, ehe er merkt, auf was er sich da eingelassen hat.

Denn der Platz in der Band wird nur frei, weil sich der verrückt gewordene Ex-Keyboarder im Meer ertränken will und daraufhin ins Krankenhaus eingeliefert wird. Als sich die sechs Musiker aufmachen, ihre erste CD in einer einsamen Hütte aufzunehmen, muss Jon feststellen, dass es auch mit seinem Geisteszustand rapide bergab geht. Doch bei all den Zweifeln erkennt er auch, welch Potenzial in dem infantilen Wirrkopf schlummert, welches er um jeden Preis der Öffentlichkeit präsentieren möchte. Wäre da nicht die eingebildete Theremin-Spielerin Clara (Maggie Gyllenhaal), die Jon offenkundig verachtet.

Musik als Zerreißprobe

In wenigen Berufsständen herrscht augenscheinlich mehr Konflikt-Potenzial als bei Musikern. Wenn allzu kreative Egos aufeinandertreffen, geht das selten lange gut. Angesichts der beiden Alpha-Männchen James Hetfield und Lars Ulrich wirkt es etwa wie ein Wunder, dass die Band Metallica noch immer gemeinsam musiziert, statt sich andauernd in die stetig weniger werdenden Haare zu kriegen. Trotz seiner überzeichneten Charaktere schafft es „Frank“, genau diesen schöpferischen Zwist glaubhaft darzustellen. Jeder der Bandmitglieder steht für eine andere Facette des Business: Der Drang nach künstlerischer Freiheit fernab großer Plattenlabels, der Wunsch nach kommerziellen Erfolg, oder die Arroganz, sich selbst als den einzig waren Musiker anzusehen.

Was geht in dem Kopf in dem Kopf vor?

Knapp 99 Prozent eines Films mit einem gigantischen Papp-Kopf auf den Schultern zu schauspielern, das klingt nach einer recht undankbaren Aufgabe. Umso höher ist es Fassbender anzurechnen, welch großartige Leistung er als Pappkamerad ohne Mimik darbietet. Im Laufe der rund 95 Minuten der schwarzen Komödie bewundert man den Sonderling Frank – dieses Gefühl vermischt sich aber immer wieder mit Wut und mündet final in unendlichem Mitgefühl. Denn nur so viel sei verraten: Wenn man Frank dann doch ohne Maske sieht, zerreißt es einem das Herz.

Kunst oder kann das weg?

Wie die prätentiöse Musik von Franks Band mit dem unaussprechlichen Namen The Soronprfbs muss sich auch der Film „Frank“ die Frage gefallen lassen, ob er mit seiner verschrobenen Art nicht zu sehr versucht, ein Kritiker-Liebling zu sein. Denn leicht macht es einem der stargespickte Streifen von Regisseur Lenny Abrahamson zuweilen nicht – Popcorn-Kino ohne Wenn und Aber sieht anders aus. Wem hingegen die Prämisse von „Frank“ zu sehr an den Haaren herbeigezogen erscheint, dem sei gesagt, dass ein gewisser Chris Sievey alias Frank Sidebottom tatsächlich mit einem kugelrunden Papp-Kopf in England Konzerte gab. Streng biografisch ist „Frank“ selbstredend nicht, aber eben auch nicht so fernab der Realität, wie man vermuten möchte.

Fazit

Am ehesten lässt sich „Frank“ wohl mit dem Film „Birdman“ vergleichen. Wer bei dem oscarprämierten Werk von Alejandro González Iñárritu sein Gähnen schon nicht in den Griff bekam, wird auch an „Frank“ wenig Freude haben. Für alle anderen ist der Film allein wegen Pappkopf Fassbender und dem herrlich skurrilen Humor ein Pflichttermin.