Flo Mega: „Innerlich war ich komplett vereinsamt“

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Flo Mega: „Innerlich war ich komplett vereinsamt“

"Mann über Bord" - mit diesen Worten meldet sich Soul-Sänger Flo Mega nach drei Jahren Pause zurück. Im neuen Album gibt der 34-Jährige Einblicke in eine Zeit, in der er selbst abgestürzt und doch wieder aufgestanden ist. Im Interview mit spot on news verrät Flo Mega, wie er den Weg zurück an Bord gemeistert hat.

„Zeit“ ist nicht nur ein Song auf der neuen Platte von Flo Mega (33), sondern auch das Antriebsmittel für seine Rückkehr auf die Bühne. Unterstützt von Samy Deluxe und DJ Stylewarz steuert der ehemalige Bundesvision-Song-Contest-Teilnehmer mit „Mann über Bord“ ab heute auf die deutschen Charts zu. Wo der 1979 als Florian Bosum geborene Sänger die vergangenen Jahre war, wie sein neues Album Menschen helfen soll und was er mit den Flippers vor hat, hat er der Nachrichtenagentur spot on news im Interview erzählt.

Ihr Album-Titel „Mann über Bord“ klingt nicht sehr positiv. Was hat es damit auf sich?

Flo Mega: Ich finde, in Deutschland herrscht ein wenig zu viel von induktiver Positivität. Überall gibt es übertrieben positives Geballer. Das finde ich nicht gut. Das Positive steht immer im Zusammenhang mit etwas Negativem. Sonne und Schatten gehören zusammen. Der Titel ist für mich eine Art Überschrift für eine Zeit, in der ich sinnbildlich selbst über Bord gegangen bin. Ich dachte, es ist interessant zu erzählen, wie ich wieder an Bord gekommen bin. Sonst hätte ich die Platte auch „Ich bin tot“ nennen können.

Was hat Sie von Bord gehen lassen?

Flo Mega: Eigentlich bin ich ein sehr sonniges Kind. Aber ich hatte über viele Jahre Probleme mit der deutschen Gesellschaft, und es fiel mir schwer, ein Teil von ihr zu sein. Ich habe 20 Jahre lang Gas gegeben in Sachen Alkohol. In meinem Beruf gibt es viel Party und das ist für Menschen mit Bürojobs sicher schwer nachzuvollziehen. Runtergezogen hat mich eigentlich der Durchbruch nach dem Bundesvision Song Contest. Ich hatte mir damals eingeredet, dass es danach einfacher werden würde, wurde es aber nicht. Ich habe sehr viele Konzerte gegeben und mich nebenbei mit Alkohol und Drogen selbst geschwächt. Ich habe gar nicht bewusst wahrgenommen, was ich da mit mir selbst mache. Ich habe meine Grenzen nicht mehr gespürt, auch meine damalige Partnerin konnte nicht verstehen, was ich da mache. Innerlich war ich komplett vereinsamt. Am Ende war ich überfordert, als ich dann auch noch verlassen wurde, hat es mir einfach die Beine weggehauen.

Wie sind Sie wieder aufgestanden?

Flo Mega: Ich bin in eine Klinik gegangen. Ich musste komplett raus aus dem, was war. Ich musste mich aus der Scheiße raus arbeiten. Nach der Klinik habe ich auch gemerkt, ich muss den Alkohol weglassen. Jetzt bin ich komplett trocken. Mittlerweile bin ich wieder richtig fit im Kopf und stabil. Klar, man hat Narben. Aber heute weiß ich damit umzugehen, wenn etwas nicht passt.

Als es Ihnen so mies ging, war da niemand in Ihrem Umfeld, der mal für Sie die Stopp-Taste gedrückt hat?

Flo Mega: Doch, es fanden dann auch alle gut, dass ich in die Klinik bin. Mich hat glücklicherweise niemand hängen lassen und ich habe viel Unterstützung bekommen. Als ich dann sagte: „So, jetzt kann es weitergehen“, lief es direkt wieder. Sie haben sich meinem Tempo angepasst. So konnte ich mein Album machen, ohne wieder an einen Punkt zu kommen, an dem es nicht mehr geht. Mein Körper und meine Seele haben sich diesen Raum hart erkämpft. Ich habe meine Angst verloren, unterzugehen, wenn ich mal nicht direkt eine Platte nach der anderen mache.

Haben Sie noch in der Klinik mit „Mann über Bord“ begonnen?

Flo Mega: Ja, ich habe geschrieben. Allerdings war ich sehr auf Medikamenten und habe deshalb nur einfache Sachen geschrieben. Die sind jetzt aber tatsächlich auch auf dem Album drauf. Die Popsongs sind aus der Klinik.

Gab es dann einen Song, der für Sie bei der Aufnahme schwierig wurde?

Flo Mega: Sogar mehrere. Da waren einige Aufnahmen nicht leicht für mich. Die Songs habe ich allerdings auf eine B-Seite gepackt.

Wie kam es zu den Zusammenarbeiten mit Chakuza und Samy Deluxe?

Flo Mega: Ich war beim Schreiben am Anfang ziemlich blockiert, deshalb habe ich mit anderen Leuten Songs geschrieben. Und einer von ihnen war Chakuza. Wir haben uns gegenseitig von unseren Miseren erzählt, und das hat einfach gepasst. Samy kenne ich noch über meine Exfreundin. Wir sind Kumpels und auf einer sehr sympathischen Ebene. Mich hat es sehr gefreut, dass er einige Zeilen geschrieben hat und extra für den Videodreh gekommen ist.

Sie gehen sehr offen mit Ihrer Vergangenheit um. Hatten Sie keine Angst vor einem Stigmata?

Flo Mega: Die Leute haben eher Interesse gezeigt. Ich möchte nicht als Sinnbild für etwas Negatives genommen werden. Ich hoffe, ich kann andere mit meiner Erfahrung bereichern. Ich war eine Zeit lang sehr überfordert und ich weiß, dass es vielen Menschen hier auch so geht. Wenn ich Glück habe, hilft ihnen mein Album. Es ist auch nicht nur komplett schwere Kost.

Welche musikalischen Wünsche sind bei Ihnen noch offen?

Flo Mega: Helge Schneider ein Vibraphon spielen lassen oder mal Manfred Krug und Ina Müller für meine Musik zu gewinnen, wäre schon was. Ich habe Bock auf Experimente. Ich würde auch sofort was mit den Flippers machen.