Fiva: „Es ist einfach großartig, sich seinem Talent hinzugeben!“

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Fiva: „Es ist einfach großartig, sich seinem Talent hinzugeben!“

Der Kampf gegen den Sexismus im Hip Hop ist eigentlich nicht zu gewinnen, erklärt Fiva spot on news. Für die Rapperin aber noch lange kein Grund, das Handtuch zu werfen - dafür ist ihre Liebe zu der Musik einfach zu groß.

Nina „Fiva“ Sonnenberg gehört zu den angesehensten weiblichen MCs im Deutschrap. Ihre Liebe zur Sprache lebt sie auch als Slampoetin und Moderatorin in Radio und Fernsehen aus – für ihre Sendung „Der Marker“ auf ZDFkultur wurde sie bereits für den Grimmepreis nominiert. 2012 wagte sich die Münchnerin mit dem Projekt Fiva & Das Phantom Orchester erstmals in Crossover-Gefilde vor. Auf ihrem neuen Album „Alles leuchtet“ geht Fiva mit neuer Begleitband und langjährigen Weggefährten wie DJ Radrum den eingeschlagenen Weg weiter und rappt zu opulent instrumentierten Songs zwischen Pop, Jazz, Soul und natürlich Hip Hop. Was ihr an der Arbeit mit echten Musikern so gut gefällt, welche Rolle die Sportfreunde Stiller in ihrem Leben spielen und welchen Rat sie Frauen in der Männerdomäne Hip Hop auf den Weg gibt, hat Fiva der Nachrichtenagentur spot on news erzählt.

Warum sind Sie jetzt wieder ohne das Phantom Orchester unterwegs?

Fiva: Das Phantom Orchester war ja ein Projekt unter anderem zusammen mit Rüde Linhof, dem Bassisten der Sportfreunde Stiller. Als wir noch mit dem Phantom Orchester auf Tour waren, haben sie schon angefangen, die ersten Lieder für ihr großartiges aktuelles Album zu produzieren, und irgendwann hat sich die Frage gestellt, wie wir das zeitlich weiter machen sollen. Ich habe mit Rüde lange gesprochen, und dann haben wir gesagt, so, jetzt lassen wir das mit dem Phantom Orchester. Das ist ein wunderschönes Projekt gewesen, aber es war einfach gerade nicht die Zeit für ein zweites Album.

Dennoch erinnert „Alles leuchtet“ mit seinem organischen Sound auch noch an dieses Projekt.

Fiva: „Alles leuchtet“ ist eine schöne Fusion aus dem Phantom-Orchester-Sound und den Alben, die ich vorher gemacht hatte. Die Produzenten, mit denen ich gearbeitet habe, die Herren Wallenstein, das sind professionelle Musiker, die aber auf der anderen Seite ihre Roots auch im Hip Hop haben. Die drei haben das ganz toll produziert, wir haben eineinhalb Monate im Studio geprobt und haben das dann auch zusammen live eingespielt. Das hat mich fasziniert, weil so habe ich noch nie produziert. Ich finde, dieses Organische hört man, und das macht mich sehr glücklich.

Hätten Sie auch mal wieder Lust, ein Oldschool-Rap-Album zu machen?

Fiva: Da würde ich nicht nein sagen. Aber jetzt im Moment ist es nicht das Ziel gewesen, oder das, worauf ich Lust hatte, weil ich es sehr, sehr genieße, mit so vielen Musikern und Musikerinnen zusammen zu arbeiten. Das ist schon sehr beflügelnd, und es ist eine ganz andere Art, natürlich wesentlich aufwändiger und komplizierter, aber es bereichert mich auch als Künstlerin immens. Aber ich kann mir natürlich auch vorstellen, vielleicht irgendwann mal wieder ein MC-und-DJ-Album zu machen, aber man darf sich nie festlegen, das ist mein großes Credo.

Wie haben Sie die Feature-Gäste für „Alles leuchtet“ ausgewählt?

Fiva: Es sind einfach Menschen, die mir in den letzten zwei Jahren zum Glück über den Weg gelaufen sind, mit denen ich Zeit geteilt habe, und deren Arbeit ich sehr bewundere. Wir haben einen wunderschönen Song geschrieben, „Alles leuchtet“, eben auch der Titelsong zu dem Album, und da mussten einfach Soulmusiker ran, die die Hooks singen. Und da habe ich sofort an die Wiener Soulcombo 5/8erl in Ehr’n gedacht, weil ich einfach toll finde, was die machen.

Und wie kamen Peter Brugger von den Sportfreunden und Bernadette La Hengst ins Spiel?

Fiva: Die Sportfreunde begleiten mich jetzt auch schon seit zwei, drei Jahren immer mal wieder ein Stück. Flo Weber war ja Live-Schlagzeuger beim Phantom Orchester, mit Rüde habe ich das Album „Die Stadt gehört wieder mir“ gemacht, und so war der Song mit Peter irgendwie eine wunderschöne Konsequenz. Und Bernadette La Hengst finde ich schon immer eine großartige Künstlerin, und auch die habe ich kennenlernen dürfen durch einen Zufall, und es hat sich zum Glück so ergeben, dass wir zusammengearbeitet haben.

In „Solang du mit mir singst“ mit Brugger heißt es: „Wir waren niemals R&B, eher Heavy Metal“. Sind Sie heimlicher Metalfan?

Fiva: Ich war für ZDFkultur auf der Metal Cruise und habe da meine große Liebe zur Metalszene entdeckt. Ich höre zuhause jetzt nicht privat Metal, aber ich finde diese Szene fantastisch, und sie erinnert mich in groben Zügen an die Hip-Hop-Szene, so wie ich sie Mitte der 90er kennengelernt habe. Das war spannend und schön für mich, und daher kommt bestimmt auch ein bisschen das Vokabular bei „Solang du mit mir singst“. Zudem wollte ich verbal ein paar Extreme herauskehren, und da zählt natürlich der Metal mit seiner Lautstärke auf jeden Fall auch dazu.

Ist „Wunderland“ so etwas wie das endgültige Statement zum Thema „Frauen im Rap“?

Fiva: Endgültig ist wahrscheinlich nie was, weil sich vieles immer verändert, aber das ist ein Fazit aus den letzten 15 Jahren der immerwährenden Frage „Wie ist es, als Frau zu rappen?“, ja.

Die Frage muss ich trotzdem ein weiteres Mal stellen: Wie ist das also als Frau im Rap?

Fiva: Das ist immer eine schwierige Frage. Mich macht die Frage manchmal auch schon recht traurig, weil ich mir denke, und das sage ich auch mit dem Song „Wunderland“, umso öfter wir das thematisieren, umso mehr Frauen glauben eventuell, es wäre so schwierig. Ich glaube, es wird immer Männer geben, die Frauen im Rap nicht mögen. Genauso wie es das auch in der Gesellschaft immer geben wird, das ist ein nicht zu gewinnender Kampf. Ich glaube nicht, dass Antifeminismus und Sexismus völlig aufhören werden. Die Sache beim Rap ist, ich muss dem ja keine Bühne geben.

Wie kann eine Rapperin mit dem Sexismus in der Szene umgehen?

Fiva: Ich habe drei Möglichkeiten: Ich kann mich von diesem Sexismus abschrecken lassen, und nichts machen. Das ist nicht meine Art. Die zweite ist, ich kann die ganze Zeit dagegen kämpfen, Battle-Raps schreiben und mich in Interviews darüber auskotzen. Das ist auch nicht meine Art, weil ich bin nicht Musikerin, um dagegen anzutreten, sondern weil ich es liebe. In der Konsequenz kann ich eine Alternative bieten zu dem ganzen sexistischen Rap. Und ich kann jede Frau auch nur ermutigen, das zu machen, weil es passiert nichts. Es ist einfach großartig, sich seinem Talent hinzugeben!

Abgesehen von der Musik arbeiten Sie als Moderatorin, Sie sind bei Poetry-Slams aufgetreten, haben auch schon einen Gedichtband veröffentlicht und am Theater gearbeitet. Was ist da ihr gefühlter „Hauptberuf“?

Fiva: Ich bin Künstlerin, ich arbeite mit Sprache, ich schreibe und ich spreche. Dementsprechend kann ich nicht sagen, was mein Hauptberuf ist. Ich glaube, im Moment mache ich alles zu gleichen Teilen, und da ich jetzt gerade ein neues Album herausbringe, ist der Fokus natürlich auf der Musik. Aber mein Beruf ist, mit Sprache zu arbeiten, und was ich dann gerade tue, das ist natürlich auch immer zum einen Sache der momentanen Stimmung, zum anderen kommt es darauf an, was man mir zum Arbeiten gibt, gerade im Moderationsbereich.

Wo holen Sie sich die Inspiration für Ihre Texte?

Fiva: Ich habe das Glück, dass es einfach aus dem Leben kommt, in dem Sinn, dass ich wahnsinnig viel reise, ich hab viele Freunde, ich kriege viel mit. Ich bin eine sehr gute Beobachterin, und ich glaube, darauf fußt auch alles, was ich tue. Es ist natürlich ein persönliches Album, aber es sind keine Texte, die nur mich betreffen, und ich hoffe, dass sich ganz viele Menschen damit identifizieren können. Es geht um Alltag, es geht um Beziehungen, es geht um Politik und Gesellschaft. Es geht um Themen, die, glaube ich, sehr viele Menschen aus meiner Generation betreffen.