„Erlöse uns von dem Bösen“: Ein Film wie Frankensteins Monster

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„Erlöse uns von dem Bösen“: Ein Film wie Frankensteins Monster

Ein Polizist, ein Priester und der leibhaftige Teufel. Dazu geisterhafte Aktivitäten und Wackel-Kamera. "Erlöse uns von dem Bösen" versucht, alle Horror-Fans auf einmal abzuholen - und scheitert.

Flackerndes Licht, unheilvolle Musik, plötzliche Schreckmomente: Regisseur Scott Derrickson bedient sich in seinem neuesten Film „Erlöse uns von dem Bösen“ sämtlicher Klassiker, könnten Cineasten wohlwollend attestieren. Während Derrickson 2012 mit „Sinister“ aber mit einer vergleichsweise innovativen Geschichte überzeugte, verrennt sich sein neuer Streifen trotz guter Schlusssequenz in zu viele Richtungen. Herausgekommen ist so eine belanglose Mischung aus allen gängigen Horror-Klischees, die in knapp zwei Stunden Laufzeit für keinerlei Überraschungen sorgt.

Polizeieinsatz gegen den Teufel

Als Polizist im New Yorker Problemviertel „Bronx“ ist Ralph Sarchie (Eric Bana, 46, „Black Hawk Down“) mit allen Wassern gewaschen – glaubt er jedenfalls. Doch dann werden er und sein Kollege Butler (Joel McHale, 42) auf drei besonders verstörende Fälle angesetzt, die selbst dem hartgesottenen Cop nicht mehr aus dem Kopf gehen: Ein tobsüchtiger Mann schlägt seine Frau halb tot, in einem Haus scheinen sich übernatürliche Vorfälle zu ereignen, und eine Mutter wirft ihr Kind bei einem Zoo-Besuch wie in Trance in ein Raubtiergehege. Während offenkundig keine Verbindung zwischen den Taten besteht, wird Sarchie schnell klar, dass ein vermummter Mann die drei Fälle zu verknüpfen scheint. Doch wer ist die mysteriöse Gestalt, die selbst Löwen scheuen?

Sarchies Weltbild gerät im Laufe der Ermittlungen mehr und mehr ins Wanken. Sind es die Verbrechen eines okkulten Fanatikers, oder ist der Unbekannte wirklich vom Teufel besessen? Bald findet sich der Polizist in Gesellschaft eines ungewöhnlichen Mitstreiters: Joe Mendoza, ein abtrünniger Priester, will mit einem Exorzismus Satan austreiben und wirkt dabei nicht minder wahnsinnig, wie die vermeintlichen Täter. Doch auch Sarchie kann sich auf Dauer nicht mehr davor verwehren, dass eine übernatürliche Kraft New York City heimgesucht haben muss – und beginnt dem Geistlichen zu glauben.

Vier Horrorfilme zum Preis von einem

Zugegeben, die Prämisse von „Erlöse uns von dem Bösen“ verspricht gute Grusel-Unterhaltung. Und hätte sich Derrickson nur auf den Plotpunkt der Teufelsaustreibung beschränkt, würde man als Zuschauer auch sicherlich zufriedener aus dem Kino kommen. Stattdessen bediente er sich mannigfachen Horror-Konventionen und vermischte sie zu einem halbgaren Film. Zuletzt überstrapazierte „Found Footage“-Elemente müssen freilich ebenso enthalten sein, wie geisterhafte Geschehnisse à la „Paranormal Activity“. Die restliche Geschichte ist eine Mischung aus düsterer Detektivgeschichte im Stil von „Sieben“, gepaart mit dem Genre-Krösus „Der Exorzist“.

Zum Glück ist Satan zudem kein großer Freund von Lichtquellen – so kann man die stets flackernden Taschenlampen einfach erklären, ohne den Hauptfiguren unzureichende Sorgfalt bei der Auswahl der Batterien zu unterstellen. Damit macht es sich Derrickson aber oftmals zu einfach, „Erlöse uns von dem Bösen“ wirkt wie nach einem Horror-Handbuch gedreht: Die Polizisten betreten ein Haus oder eine Wohnung, das Licht geht aus, und nach dem folgenden Schreckmoment kann man schon fast die Uhr stellen. Schon fast dreist: Selbst eine Katze muss in eine Situation als „Jump Scare“ herhalten – zuletzt dürfte das allerdings 1979 im Film „Alien“ von Ridley Scott innovativ gewesen sein.

Viel Schatten, wenig Licht

Die Leistung von Eric Bana ist dagegen durchweg solide, die Rolle als gequälten Cop nimmt man ihm über die gesamte Laufzeit ab. Anders bei Joel McHale: Auf seiner umgedrehten Baseball-Kappe könnte ebenso gut in großen Lettern „Comic Relief“ stehen. Aber für den „Community“-Star eher ungewöhnlich zündet nur ein Bruchteil der zumeist recht hölzern dargebotenen Gags. Beim ansonsten absolut düsteren Setting wirken die oft erzwungenen humoristischen Einlagen eher wie Fremdkörper.

Ein Priester und eine vom Teufel besessene Person: Viel Fantasie ist nicht nötig um zu wissen, worauf das hinausläuft. Hier liefert „Erlöse uns von dem Bösen“ endlich das ab, was man sich schon früher gewünscht hätte: Der optisch imposante Exorzismus am Ende kann über viele vorangegangene Engpässe des Streifens hinweghelfen. Bei den unmöglichen Verrenkungen der betroffenen Figur entstehen erstmals wirkliche Angstgefühle im Zuschauer, die über bloßes Erschrecken hinausgehen. „Der Exorzist“ setzte sich aber bereits 1971 quasi den gesamten Film über mit einer Teufelsaustreibung auseinander, gab ihr eine psychologisch komplexe Note. Wie bei den Found-Footage oder den „Geisterhaus“-Anleihen kann Regisseur Derrickson die von ihm vielzitierten Horror-Referenzen nicht ansatzweise erreichen.

Fazit

„Erlöse uns von dem Bösen“ kommt wie das vielleicht berühmteste Wesen aus dem Horror-Bereich daher: Frankensteins Monster. Aus allerhand unterschiedlichen Teilen zusammengeflickt, ergibt sich leider kein harmonisches Ganzes – und ist streckenweise nicht wirklich schön anzusehen. Zu wenig Substanz wird den viel zu vielen Horror-Elementen verliehen. William Friedkins „Der Exorzist“ ist auch 41 Jahre nach seiner Veröffentlichung einer der erinnerungswürdigsten Vertreter des Grusel-Genres. „Erlöse uns von dem Bösen“ dagegen wird wohl schon 41 Tage nach Erscheinung wieder vergessen sein.