Einmal Ramone, immer Ramone!

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Einmal Ramone, immer Ramone!

Vor 25 Jahren flog Christopher Joseph Ward bei den Marines raus (nicht ohne vorher im Militärknast zu brummen), weil er lieber bei den Ramones vorspielte, als seinen Dienst zu schieben. Immerhin bekam er den Job dann auch: Seitdem kennt die Welt ihn nur noch als CJ Ramone. Der Punkrock-Veteran im Interview.

Die Ramones sind tot – es leben die Ramones! Zwar musste die Fangemeinde ausgerechnet im Jubiläumsjahr 2014 das letzte Originalmitglied, Tommy Ramone, betrauern. Doch es gibt ja noch die zweite Generation: CJ Ramone (49), von 1989 bis zur Trennung 1996 Bassist der Band, hält auch auf seinem zweiten Soloalbum „Last Chance to Dance“ den Sound der Punk-Ikonen in Ehren. Die Nachrichtenagentur spot on news hat sich mit dem Musiker über seine neue Band, das schmutzige New York der 70er und natürlich die Ramones unterhalten.

Ihre Band auf „Last Chance to Dance“ besteht aus Leuten, die selbst in wichtigen Punkbands spielen. Fühlt das sich eher wie ein Allstar-Projekt oder eine richtige Band an?

CJ Ramone: Mein erstes Album „Reconquista“ war definitiv eher ein All-Star-Album. Darauf hatten wir Billy Zoom von X, Jay Bentley von Bad Religion, Johnny Two Bags von Social Distortion, viele legendäre Leute von der West Coast. Es war eine tolle Erfahrung, mit all diesen Leuten zu spielen und endlich ein Album unter dem Namen CJ Ramone zu veröffentlichen. Was das neue Album angeht, sind Steve und Dan von den Adolescents nun wirklich meine Band. Ich bin jemand, der gerne in einer Band spielt und nicht gerne ein Solo-Künstler, der alleine die Songs schreibt. Sie sind meine Band, mit der ich auch toure. Nur die Schlagzeuger haben öfters gewechselt.

Schreiben Sie die Songs zusammen im Proberaum?

Ramone: Das meiste habe ich selbst geschrieben, je einen Song habe ich zusammen mit Steven und Dan komponiert. Das war der erste Schritt, aus dem Ganzen eher eine Band als ein Soloprojekt zu machen. Aber ja, es ist jetzt definitiv eine richtige Band und ich hoffe, das bleibt so.

Das wütende „Cluster Fuck“ fällt ziemlich aus dem Rahmen, es klingt eher schon wie ein Hardcore-Song. Was hat es damit auf sich?

Ramone: Der ist von Dan, ich habe den Text dazu geschrieben. Ich war früher großer Hardcore-Fan. In New York ist Hardcore einer der wenigen Musikstile, die sich über die Jahre gehalten haben und wo es weiter eine richtige Szene gibt. Als Dan mit dem Song ankam, fand ich sofort, dass der widerspiegelt, wie sich viele Leute in den Staaten fühlen bei dem, was gerade politisch und gesellschaftlich abläuft, da herrscht eine große Verwirrung. Der Text ist als wütender Brief an den Präsidenten geschrieben und passt sehr gut zu dem aggressiven Feeling der Musik. Ich habe starke Gefühle zu diesem Thema.

Bezieht sich der Song „Grunt“ (Frontsoldat) auf Ihre Zeit bei den Marines?

Ramone: Das kommt definitiv daher, aber auch aus der Zeit nach dem Marine Corps und meinem täglichen Leben. Ich versuche bei allem, was ich tue, das Beste zu geben, ob es mir nun gefällt oder nicht. Und genau das wird auch von Soldaten erwartet, sie müssen die übelsten Jobs übernehmen, die sonst keiner machen will, und sie erledigen, so gut sie es können. Und meiner Meinung nach geht das auch vielen normalen Leuten aus der Arbeiterklasse so, sie müssen tun, was niemand sonst tun will.

Was hat es mit dem Mädchen auf dem Cover auf sich?

Ramone: Das ist ein Foto des berühmten New Yorker Fotografen Allan Tannenbaum und zeigt eine Prostituierte namens Dolly auf dem Times Square. Das Witzige ist, das Foto wurde im August 1974 gemacht – ziemlich genau 40 Jahre vor der Veröffentlichung dieses Albums und nur ein paar Monate, nachdem die Ramones ihre erste Show im CBGB’s gespielt haben. Das sind so kleine Zufälle und mir gefällt, wie das alles zusammengekommen ist. Ich bin sehr glücklich mit dem Cover, das Bild fängt die Zeit der frühen 70er für mich wirklich ein.

Warum ist diese Zeit so wichtig für Sie?

Ramone: Das New York, in dem ich aufgewachsen bin, war nicht die gentrifizierte, nette und saubere Stadt, die es heute ist. Es war viel schmutziger. Ich erinnere mich noch daran, wie die Lower East Side nur ein Durcheinander aus ausgebrannten Gebäuden war und die 42nd Street einfach voller Prostituierter und Zuhälter, das war kein netter Ort. Aber auch wenn es echt eklig und heruntergekommen war, hat es mir damals besser gefallen.

Wieso das?

Ramone: Damals gab es noch Platz für jeden, es gab Viertel der Arbeiterklasse, der Armen und der Reichen. Es gab die Gegenden, in denen die Prostituierten herumhingen genauso wie es Plätze für Kirchen gab. Es gab Raum für alle. New York war noch kein Spielplatz für die reichen Leute, und das war die Stadt, die ich mochte. Diese Zeit und dieses Feeling der 70er hatte ich im Sinn, als ich viele dieser Songs geschrieben habe.

2014 ist ein schwieriges Jahr für Ramones-Fans: Auf der einen Seite das 40-jährige Jubiläum, andererseits hat uns mit Tommy Ramone das letzte Originalmitglied verlassen. Spüren Sie jetzt eine besondere Verantwortung für das Erbe der Ramones?

Ramone: Auf jeden Fall, das spüre ich definitiv. Aber das Schöne dabei ist, auch wenn es einen gewissen Druck gibt, liebe ich es, das zu machen und bin stolz darauf, weil ich selbst Fan bin. Außerdem verdanke ich dieser Band mein heutiges Leben, ohne die Ramones wäre ich vermutlich noch beim Militär. Und solange ich live spiele, werde ich immer Ramones-Songs spielen, auch wenn ich einmal 30 Alben veröffentlichen sollte. Das ist nicht nur meine Verantwortung, es fühlt sich einfach gut an, auf der Bühne mit anderen Ramones-Fans zu feiern, diese Songs zu spielen und zu sehen, wie alle tanzen und sich freuen. Das ist für mich der beste Weg, den Geist und das Erbe der Band am Leben zu halten.

Wie war Ihre Beziehung zu Tommy Ramone? Er hatte die Band ja lange vor Ihrer Zeit verlassen…

Ramone: Ich habe Tommy erst nach dem Ende der Ramones auf einer Party im CBGB’s kennengelernt. Da konnte ich ihm sagen, dass einige Fans verstehen, wie wichtig er für die Ramones wirklich war. Die Alben mit ihm, sei es als Schlagzeuger oder später nur als Produzent, sind die besten. Die sind unglaublich, da ist kein einziger schlechter Song drauf. Nach den ersten vier Alben wurde die Band mit jeder Scheibe immer mittelmäßiger, bis Tommy und Ed Stasium für „Too Tough To Die“ als Produzenten zurückgekehrt sind. Das habe ich ihm alles gesagt, und er sagte nur „Vielen Dank, CJ!“ Und bei der Einführung der Ramones in die Rock’n’Roll Hall of Fame war es wiederum Tommy, der mich erwähnt und ein paar nette Dinge gesagt hat.

Die Bedeutung Tommys wurde oft unterschätzt…

Ramone: Das wusste bis dahin niemand wirklich, aber Johnny hatte mir erzählt, dass Tommy den Look der Band erfunden hat. Er hat jedem gesagt, was für ein Instrument er spielen soll, er hat den Sound der Band entwickelt – er hat den Punkrock-Drumstil erfunden! Jede Punkband verdankt ihren Sound zum Teil Tommy Ramone! Er war ein wirklich wichtiger Teil der Band, ohne Tommy gäbe es keine Ramones.

Hatten Sie in der Zeit vor seinem Tod noch mit Tommy zu tun?

Ramone: Nein. Ich hatte ihn einmal kontaktiert, ob er eine Platte für mich produzieren könnte, aber er war zu beschäftigt. Aber ich hätte sehr gerne ein Album mit ihm gemacht.

Sie feiern dieses Jahr auch ein Jubiläum: Es ist jetzt 25 Jahre her, dass Sie bei den Ramones eingestiegen sind. Wie kam es damals dazu?

Ramone: Ein Freund von mir hat mit Joeys Bruder in einer Band gespielt. Er hat mich angerufen und gesagt, dass die Ramones heute Abend Bassisten vorspielen lassen. Ich war damals noch bei den Marines, aber bin dann hingegangen, nur damit ich die Band treffen kann. Johnny hat ein bisschen mit mir geredet und wir haben dann „I Wanna Be Sedated“ gespielt. Während wir gespielt haben, kam Joey herein und wir haben ein wenig geplaudert. Ich bin dann heimgegangen und war einfach nur aufgeregt, weil ich die Ramones getroffen hatte, aber ich dachte nicht, dass ich wieder von ihnen hören würde.

Doch es kam anders…

Ramone: Am nächsten Tag kam ein Anruf ihres Managers Monte Melnick und er sagte: „Lerne noch ein paar Songs und komme wieder!“ Das habe ich getan und bin zu ein paar weiteren Proben gegangen. Als mir klar wurde, dass ich den Job wirklich bekommen könnte, musste ich mich um ein paar unerledigte Dinge beim Marine Corps kümmern. Genaugenommen saß ich gerade im Militärgefängnis, als Johnny mich anrief, um zu sagen, dass ich dabei bin. (lacht) Ich sagte: „Ich muss hier ein paar Wochen absitzen, dann werde ich entlassen“, und er meinte nur, „Okay, sitz‘ deine Zeit ab und gerate nicht in Schwierigkeiten, wenn du draußen bist, hast du den Job.“

Wieso saßen Sie denn im Bau?

Ramone: Wegen der Vorspieltermine bei den Ramones bin ich länger vom Militär weggeblieben, als ich es hätte tun sollen… (lacht)

Sie sind auch schon mit den Toten Hosen aufgetreten. Würden Sie gerne wieder etwas mit ihnen machen?

Ramone: Würde ich auf jeden Fall gerne! Ich bin schon lange mit ihnen befreundet, seit meiner ersten Tour in Deutschland. Ich hatte sofort Respekt für sie, mir gefiel, wie sie die Band führten und alles im Griff hatten. Das sind gute, schwer arbeitende Jungs!