DJ Westbam: „Ich fühle mich missbraucht und ausgenutzt“
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Es ist das Überbleibsel der Techno-Hochzeit aus den 1990er Jahren: Die Mayday! Vor wenigen Tagen ließ Gründer DJ Westbam die Bombe platzen und kündigte an, nicht mehr Teil der Riesenparty zu sein. Im Interview erklärt der Musiker seine Gründe und spricht offen über seine Enttäuschung gegenüber den neuen Organisatoren.
In diesem Jahr ist auf der Mayday in Dortmund nichts mehr wie es war. Zum ersten Mal seit 23 Jahren wird die Veranstaltung ohne Gallionsfigur und Gründer DJ Westbam ("Götterstraße") stattfinden. Maximilian Lenz (48), so der bürgerliche Name von Westbam, spricht im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news über seinen Rückzug von der Veranstaltung, seine Wut auf die neuen Organisatoren und über menschliche Enttäuschungen.
Sie sind nicht mehr Teil der Mayday. Hat sich das Zerwürfnis mit den Organisatoren angebahnt oder war das von Ihnen eine spontane Entscheidung?
Westbam: Es hat schon ein paar Mal gekracht. Das ist ein bisschen wie bei einer Ehe abgelaufen: Mir ist jetzt wegen einer Kleinigkeit der Kragen geplatzt, letztlich ist das aber eine Zerrüttung, die sich schon über Jahre hinweg angebahnt hat.
Waren Sie überhaupt noch federführend an der Mayday beteiligt?
Westbam: Die jetzigen Organisatoren haben das von den Gründern, zu denen ich auch gehörte, übernommen. Ich wurde zwar in den letzten Jahren immer noch als Gastgeber wahrgenommen, war aber in Wirklichkeit nur Künstler.
War diese Rolle als reiner Artist schwer für Sie?
Westbam: Ja, natürlich. Ich war ja immer noch das Gesicht der Mayday und habe mich auch immer bei den Pressekonferenzen vor den Karren spannen lassen. Aber das was ich machen wollte, war nicht auf deren Linie.
Warum haben Sie denn überhaupt verkauft?
Westbam: Der Wunsch war, die immer wichtiger werdende gastronomische Basis, in schwierigen Zeiten Profis zu überlassen. I-Motion war schon immer top in solchen Fragen. Wir sind ja nur eine Musikfirma, ich habe von Gastronomie überhaupt keine Ahnung.
Bereuen Sie, dass sie verkauft haben?
Westbam: Nein, aber ich hätte mir mehr Charakter gewünscht. Ich bin einfach enttäuscht, dass sie keinen Respekt gegenüber der Grundidee aufbringen und so wenig davon übrig geblieben ist. Das hätte ich nie und nimmer erwartet.
Können Sie den jetzt ausartenden Streit vielleicht konkretisieren?
Westbam: Künstlerisch war die ursprüngliche Idee, dass wir auf der Mayday die verschiedenen Welten der elektronischen Tanzmusik zusammenbringen. Heute ist das nur noch eine Abfütterungsmaschine.
Sie sprachen aber auch schon von menschlichen Problemen…
Westbam: Ich bin enttäuscht, fühle mich missbraucht und ausgenutzt. Sie verstehen die Mayday nicht, sie schätzen sie nicht, aber sie benutzen sie.
Der Koblenzer Veranstalter hat Ihren Darstellungen widersprochen und per Pressemitteilung erklärt, dass er Sie einfach nicht mehr gebucht hätte.
Westbam: Es ist eine schriftliche Anfrage bei uns eingegangen. Vielleicht veröffentliche ich bald diese E-Mails. Ich habe denen abgesagt und das kann ich notfalls auch beweisen.
Hat Ihre Gage eine Rolle gespielt?
Westbam: Nein, das Angebot war im selben Rahmen wie bei den letzten Jahren und für das Geld trete ich auch auf anderen Veranstaltungen auf. Das ist also Blödsinn.
Mayday ohne Westbam ist kaum vorstellbar. Schwingt bei Ihnen Wehmut mit, dass sie nun komplett raus sind?
Westbam: Absolut! Das ist eine legendäre Veranstaltung und die einzige Party, die noch aus den frühen 1990er Jahren stammt. Natürlich hänge ich daran, immerhin war ich seit 23 Jahren dabei.
Werden Sie dennoch am 30. April in den Dortmunder Westfahlenhallen anwesend sein. Wenn auch nur als Gast?
Westbam: Nein, auf gar keinen Fall. Ich weiß auch gar nicht, ob die mich noch reinlassen würden. Ich müsste mich wahrscheinlich mit Hut und Brille durch den Hintereingang schleichen. Nein, im Ernst: Die Sache ist für mich erledigt.