Die Eisprinzessin – das Susanne Sundfør Märchen
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Publikum feiert zusammen mit der Band
Es war einmal eine schöne und sehr begabte Musikerin namens Susanne Sundfør. In ihrer Heimat Norwegen war sie ein großer Star, regierte die Charts mit ihrer unterkühlten Symbiose aus Klassik und Synthpop und hatte mit ihren treuen Freunden Röyksopp und Robyn viel Spaß im königlichen Studio. Dann schrieb sie "Ten Love Songs" und zog hinaus in die Welt, um auch sie zu erobern.
Wer wissen möchte, ob er sich mit der sechsten Platte der norwegischen Sängerin Susanne Sundfør anfreunden kann, sollte ihre Clique kennen: Röyksopp, Anthony Gonzales von M83 und Robyn sind die Musiker, mit denen Sundfør ihre musischen Vorlieben und gerne auch mal das Studio teilt. Sie alle mögen ihre Hits synthetisch, bombastisch, unterkühlt – und immer mit ausladender Geste für die ganz großen Gefühle.
„Ten Love Songs“ klingt oft gleichzeitig so sakral, als wäre es in einer Kirche aufgenommen worden, so dramatisch wie ein Musical, so düster wie Synth Wave und so märchenhaft wie der Soundtrack eines Walt-Disney-Films. Auch wenn das auf dem Papier, bzw. dem Bildschirm, wirr klingt, ergibt es auf diesem Album Sinn und vor allem einen homogenen Sound. „Accelerate“ hört sich an, als hätten sich Robyn und Depeche Mode im Studio getroffen, was gar nicht so abwegig ist, wenn man das wunderschöne Sundfør/Röyksopp-Cover von „Ice Machine“ kennt. Mit „Fade Away“ dagegen könnte sich Sundfør, die in ihrer Heimat ein gefeierter Superstar ist, auch beim Eurovision Song Contest oder den Achtzigern bewerben. Er ist das Gegenteil von dezenter Zurückhaltung, cheesy und catchy zugleich, wie es momentan nur die Nordlichter hinkriegen.
An anderen Stellen wie „Silencer“ oder „Memorial“ lässt Sundfør ihre Stimme mit zarten Gitarrenklängen tanzen oder von schwelenden Streichern in höhere Sphären tragen. Überhaupt, diese Simme. Mal erinnert sie an das rauchige Organ von Lana del Rey, dann wieder an die glockenklare, geschulte Stimme einer Musical-Sängerin. Jeder Song erzählt durch seinen dramatischen Aufbau und die ausladenden Gesten eine Geschichte. Vor dem inneren Auge entwickeln sich die „Ten Love Songs“ schon mal zum Soundtrack für eine Disney-Heldin, die singend durch verwunschene Eishöhlen und Gletscherlandschaften tänzelt. Dafür sorgen auch die vielen Klassik-Parts, in denen Piano und Streicher Stimmung machen, umspielt von allerlei flirrenden oder glockenhaften Sounds, die klingen, als würden sie direkt aus einem Zauberstaub kommen.
„Ten Love Songs“ ist brutal gefühlvoll geworden. Eigentlich wollte Susanne Sundfør ein Album über Gewalt machen. „Am Ende hatte ich zehn Liebeslieder.“ Passt auch viel besser zu einer Eisprinzessin.