„Die Bücherdiebin“: Gelungene Romanverfilmung über die Macht der Worte
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"Die Bücherdiebin" ist ein ungewöhnlicher Film. Nicht nur, weil der Tod selbst die berührende Geschichte der jungen Liesel erzählt, die ausgerechnet während der Nazi-Diktatur ihre Liebe zu Büchern entdeckt; sondern auch, weil ein englischer Regisseur eine Geschichte über den Zweiten Weltkrieg aus deutscher Sicht beschreibt.
Normalerweise hält der Tod sich nicht lange bei den Menschen auf. Die wenigsten wecken sein Interesse langfristig. Doch auf die zehnjährige Liesel wird er aufmerksam, als er sich ihren kleinen Bruder holt. Er heftet sich an ihre Fersen – und erzählt uns ihre Geschichte. So beginnt die Romanverfilmung „Die Bücherdiebin“, die am 13. März in den deutschen Kinos startet.
Liesel wird nach der Verhaftung ihrer kommunistischen Mutter im Jahr 1938 bei Pflegeeltern untergebracht. Zu ihrem sanftmütigen Pflegevater Hans Hubermann (Geoffrey Rush) baut sie viel schneller eine Beziehung auf als zu dessen schroffer Frau Rosa (Emily Watson). Da Hans sich weigert, der Partei beizutreten, bekommt er kaum Arbeit und verbringt seine Zeit damit, der neugierigen, aber analphabetischen Liesel das Lesen beizubringen. Liesels Liebe zu Büchern wird geweckt. Doch spätestens als die Familie Hubermann den Juden Max in ihrem Keller versteckt, begreift sie auch die Gefahren der Zeit, in der sie lebt – und die ihrer größten Leidenschaft innewohnt. Vor allem aber spürt sie die Macht, die Worte haben können.
Dass ausgerechnet ein englischer Regisseur eine Geschichte über Nazi-Deutschland aus deutscher Sicht erzählt, ist ungewöhnlich. Umso erstaunlicher ist es, mit welcher Differenziertheit Brian Percival („Downton Abbey“) die Geschichte einer deutschen Familie erzählt. Aus der Sicht eines Kindes erfährt man den Zusammenhalt, den Mut und die Anteilnahme, die der Himmelstraße, dem Zentrum der Handlung, innewohnt. Und doch spürt man hinter jeder Ecke, hinter jedem falschen Wort, die Angst vor der Entdeckung lauern.
Für den Engländer war diese Darstellung eine Selbstverständlichkeit: „So viele Filme stellen die Deutschen während dieser Zeit sehr eindimensional dar, das hat mich immer gelangweilt. Das kann einfach nicht wahr sein, und ich finde es auch gefährlich, so zu denken“, erklärt Percival im Interview mit spot on news. Die Welt, in der Liesel aufwächst, erschien Percival keinesfalls fremd: „Die Kleinstadt, in der Liesel wohnt, hat mich sehr an meine eigene Kindheit in einer kleinen Gemeinde in Liverpool in den 60ern erinnert. Wir waren ziemlich arm, aber es gab eine Wärme und einen Zusammenhalt in dieser Gemeinde.“
Neben Percivals feinfühliger Regie sind es vor allem die Darsteller, die aus „Der Bücherdiebin“ ein filmisches Kleinod machen. Dreh- und Angelpunkt des Films ist Liesel. Um die richtige Darstellerin zu finden, sahen sich die Filmemacher mehr als tausend Mädchen an, bis sie auf Sophie Nélisse stießen. „Sophie brachte viele Eigenschaften mit, die auch Liesel hat. Außerdem war sie unglaublich instinktiv und intelligent. Sie hat alle Emotionen von Liesel verstanden und konnte sie perfekt auf die Leinwand bringen“, schwärmt Percival. Tatsächlich erweist sich die 13-jährige Kanadierin als wahrer Schatz: In jedem ihrer Blicke spiegelt sich Liesels stiller Mut, ihre Verletzlichkeit und ihre ungebrochene Lust am Leben wieder.
Der Rest der Besetzung ist ebenfalls erstklassig, von Emily Watson als Rosa, hinter deren rauer Schale ein verletzlicher Kern steckt, bis hin zu Ben Becker als Tod, in dessen sonorer Stimme so viel vertraute Wärme steckt, dass man sich vor seinem Besuch kaum noch fürchtet.