Die besten Alben 2014: Das muss man gehört haben

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Die besten Alben 2014: Das muss man gehört haben

Eine Kindsfrau die aussieht wie ET und klingt wie die Zukunft, die Fortsetzung zweier Indie-Erfolgsgeschichten, die im Radio endeten, ein Mathematiker, der im Club den Ton angibt und eine Film-Noir-Lolita auf Valium: Das sind die wichtigsten Alben des Jahres, Teil eins.

2014 gab es eine Menge Prüfungen zu bestehen: Sowohl Lana Del Rey als auch Metronomy und Alt-J, allesamt große Hoffnungen der Musik-Industrie legten die Nachfolger zu ihren Debütalben vor. Und wurden von der Presse und den Radios gefeiert. FKA Twigs gelang indes die Neuerfindung des R’n’B und Caribou bleibt der Held der Clubs.

FKA Twigs – LP1

Die Zukunft des R’n’B

Alles an FKA Twigs wirkt übernatürlich: Das Gesicht wie ein feminines Alien zwischen Kindsfrau und ET, die Musik so reduziert wie eine Skizze aus drei Strichen, ihre Videos so seltsam wie faszinierend. Ihr Debütalbum „LP1“ zeigte dieses Jahr, wohin die Zukunft der R’n’B-Musik geht: Zerbrechlich reduzierte Instrumentalisierung, ätherischer Gesang und futuristische Computer-Geräusche umkreisen sich im schwerelosen Raum, bis sie plötzlich doch noch melodiösen Sinn ergeben. Perfekte Slow-Motion-Musik am Puls der Zeit für überreizte Großstädter.

Alt-J – This Is All Yours

„Arty“ wie ihre Musik: Alt-J

Höher waren die Erwartungen an ein zweites Album wohl nie: 2012 lieferte die Kunststudenten-Combo Alt-J aus dem Nichts die modernste Version aktueller Musikströmungen auf einem Album. Ihren fortschrittlichen Indie-Folk, umgarnt von Glöckchen und verspieltem Schlagzeug, sind die drei Briten 2014 treu geblieben. Die Hits sind zwar weniger geworden, ihre Liebe zu keltischen Soundsymbolen, ungewöhnlichen Songstrukturen und kunstvollen Wendungen haben sie auf „This Is All Yours“ sogar noch ausgebaut.

Metronomy – Love Letters

Ein Lichtblick im Radio: Metronomy

Hot Chip trifft Abba, Phoenix trifft Motown, Melancholie trifft Tanzfläche. Auf „Love Letters“, dem zweiten Album der nicht nur im Indieland verehrten Briten Metronomy, verdient jeder Song eine Liebeserklärung. Da wäre der lässig-entschleunigte Opener „The Upsetter“ im Lo-Fi-Gewand, der klingt, wie sich Frühling anfühlt. Oder die mindestens eine Handvoll typischen Metronomy-Gassenhauer mit „Shoop shoop ahhh“-Chor, die jedes Radioprogramm qualitativ aufwerten. Oder verspielte Orgelsynthie-Perlen wie das verzauberte „Monstrous“. Oder der euphorisch hackende Titelsong, der erst nach „Hair“ klingt und im letzten Drittel noch schräger wird. So hat Popmusik 2014 zu klingen.

Caribou – Our Love

Weltherrschaft, die Zweite: Caribou

Caribou führte schon 2010 alle Besten-Listen an, dieses Jahr macht er daraus Tradition. Der studierte Mathematiker mit dem richtigen DJ-Gespür wollte die Fans auf seinen Konzerten noch ein bisschen mehr um den Verstand bringen, weshalb sein aktuelles Album „Our Love“ noch ein bisschen zugänglicher, ein bisschen offener, ein bisschen simpler ausgefallen ist. Die Electro-Hymne „Can’t Do Without You“, das hypnotisch-träge „Silver“, das vertrackte „All I Ever Need“, der sphärische Titelsong oder das perkussive „Mars“ – sie alle haben gleichermaßen Tanz- und Traumpotenzial. Vor allem im Club wirkt das wie eine kollektive Überdosis Liebe.

Lana Del Rey – Ultraviolence

So schön, so traurig: Lana Del Rey

Das Valium ist allgegenwärtig: Auf ihrem zweiten Album lässt sich Lana Del Rey noch tiefer fallen in ihren düsteren, gehauchten, höchst atmosphärischen „David Lynch goes Hollywood“-Sound. Das komplexe Werk lullt den Hörer beim ersten Durchgang mit seiner betörenden Noir-Pop-Ausstrahlung schon angenehm ein, wächst dann aber sogar mit jedem Mal. Dass es nicht zum Einschlafen animiert, liegt einerseits an der Präsenz der Kunstfigur Del Rey, die sich auch diesmal wieder in der Rolle der unterwürfigen Lolita räkelt. Andererseits verhilft Dan Auerbach (Black Keys) „Ultraviolence“ mit clever eingestreuten psychedelischen Momenten, Surfgitarren und spannenden Tempowechsel zum opulentesten Dreampop-Album des Jahres. Wunderschön.