Darum sind alle verrückt nach „Mad Max“
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Band Session im Proberaum
Endlich wieder Endzeit-Stimmung! Über 30 Jahre nach dem ersten "Mad Max"-Film kehrt der australische Racheengel in dieser Woche mit "Fury Road" auf die Leinwand zurück. Höchste Zeit, auf eine Spurensuche zu gehen - was macht die Filmreihe so beliebt und erfolgreich?
Die Zukunft war in den frühen 80ern eine Katastrophe. Darin waren sich viele bedeutende Filmschaffende einig. In „Die Klapperschlange“ verwandelte Regisseur John Carpenter ganz Manhattan 1981 in ein abgeschottetes Hochsicherheitsgefängnis, weil herkömmliche Gefängnisse den ganzen Verbrechern nicht mehr Herr wurden. Sein Kollege James Cameron prognostizierte in „Terminator“ die Auslöschung der Menschheit durch einen Atomkrieg. Den beiden zuvor kam allerdings George Miller, als er 1979 den bis dato unbekannten Mel Gibson als Mad Max im australischen Outback gegen mordende Rockerbanden auf Rachefeldzug schickte.
Worum geht’s?
Im Australien der Zukunft regieren Gewalt und Chaos. Eine spezielle Polizeitruppe versucht, der nomadisierenden Motorradgangs Herr zu werden. Max Rockatansky (Gibson) ist einer dieser Polizisten. Als sein Freund ermordet und seine Frau von sadistischen Gangstern verkrüppelt wird, ändert Max sein Leben: Er zieht durchs Land und beginnt einen Ein-Mann-Kampf gegen die Gangs.
Miller, Jahrgang 1945 und Sohn griechischer Einwanderer nach Australien, arbeitete zunächst jahrelang als Unfallarzt, eher er im Alter von 26 eine Filmschule besuchte, wo er den späteren „Mad Max“-Produzenten Byron Kennedy kennenlernte. Millers Erfahrungen mit schweren Verletzungen ließ er später auf drastische Art und Weise in seine Filme einfließen. Als Teenager verlor er außerdem drei Freunde bei Autounfällen – kein Wunder also, das Autos und Motorräder später zum zentralen Element seiner dystopischen „Mad Max“-Trilogie wurden.
Gerade mal 350.000 Dollar Budget konnten Miller und Kennedy für den ersten Teil – der übrigens erst vor wenigen Wochen in Deutschland vom Index gestrichen wurde – auftreiben. Angesichts der für damalige Verhältnisse aufwendigen Stunt- und Action-Szenen ein geradezu lächerlicher Betrag. In einer Verfolgungsjagd zu Beginn kracht ein Auto durch einen Wohnwagen – um Geld zu sparen opferte der Regisseur sein eigenes Vehikel. Die in vielen Szenen zu sehenden Motorradfahrer stammen von echten Motorradclubs.
„Ein Albtraum aus Gewalt“
Trotz verhaltener Kritiken – das Lexikon des internationalen Films nannte den Streifen „ein Albtraum aus Gewalt, Blut, Schrott und Grauen“ – kam der Genre-Mix aus Cop-Thriller, Rache-Western und Science-Fiction-Drama beim Publikum an und so setzten Miller und Kennedy zwei Jahre später die Geschichte des Polizisten Max Rockatansky in „Mad Max II – der Vollstrecker“ fort.
Die Zivilisation ist in Teil 2 vollständig vor die Hunde gegangen. In der postapokalyptischen Ödnis befinden sich die Überlebenden immer auf der Suche nach der nächsten Tankfüllung, die Suche nach Energie in Form von Treibstoff ist zum Lebensinhalt geworden und ein Kanister Benzin ist mehr wert als ein Menschenleben. Überwogen beim Vorgänger noch die Cop-Thriller-Elemente geht es in der Fortsetzung, die weitestgehend eigenständig ist und kaum die Vorkenntnis des ersten Teils erfordert, schon deutlich abgedrehter zur Sache. Der Plot orientiert sich an klassischen Western – statt auf Pferden zu reiten, heizen die Outlaws aber in hochgezüchteten Boliden durch die karge Wüste.
Das verzehnfachte Budget macht sich nicht nur in den deutlich aufwändigeren Spezial-Effekten bemerkbar – allein für die finale Verfolgungsjagd mussten bei den Dreharbeiten 40 Autos und ein Tanklaster daran glauben – auch Kamera, Schnitt und Sound sind deutlich professioneller geworden. Ziemlich missglückt ist dagegen aus heutiger Sicht das Design der Bösewichte. Humungus und seine Schergen sehen in ihren Lederschlüppern aus, als hätten sie ihre Garderobe aus der Umkleidekabine der ewigen True-Metal-Missionare Manowar geplündert. Am Ende stand trotzdem ein Einspielergebnis von 400 Millionen Dollar. Kein Wunder also, dass mit einem dritten Teil die Cash-Cow weiter gemolken werden sollte.
Streitbarer Abschluss der Trilogie
„Mad Max – Jenseits der Donnerkuppel“ ist bis heute so etwas wie das ungeliebte Kind der Trilogie. Während ihn die einen als „Höhepunkt“ der Reihe feierten, verschmähten ihn viele Fans der ersten beiden Vorgänger. Der Film spielt 20 Jahre nach „Mad Max“ und 15 Jahre nach den Ereignissen von „Mad Max II – Der Vollstrecker“. Benzin und Wasser sind mehr denn je zur Mangelware geworden. Max will seinen in der Wüste geraubten Besitz zurück. Doch dafür soll er erst im Auftrag für Aunty Entity, der Herrscherin von Bartertown, den gerissenen Zwerg Master ausschalten. Als Mad Max Masters Leibwächter nach einem Kampf das Leben schenkt und somit gegen die Gesetze der Donnerkuppel verstößt, wird er in die Wüste verbannt. Dort nimmt ihn eine Horde verwilderter Kinder auf, die ihn als Messias begrüßen und von ihm erwarten, dass er sie in die Zivilisation zurückführt.
„Jenseits der Donnerkuppel“ ist deutlich optimistischer, opulenter und weniger brutal als seine beiden Vorgänger. Der Handlungsstrang um die Kinder ist eine Verbeugung vor dem Massenpublikum. Rock-Röhre Tina Turner spielt Aunty Entity und passt mit ihrer überdrehten Art wunderbar ins Setting. Zudem landetet sie mit dem Titelsong „We Don’t Need Another Hero“ einen echten Hit. Regisseur George Miller überließ weite Teile der Inszenierung seinem Kollegen George Oglivie, Produzent Byron Kennedy verstarb während der Suche nach Locations für den Film bei einem Helikopter-Absturz.
Obwohl nicht alle Zuschauer mit der optimistischen Wendung in der zweiten Filmhälfte einverstanden waren, wurde der Film von Kritikern deutlich wohlwollender aufgenommen, als sein Vorgänger. Dank seiner spektakulären optischen Inszenierung und einem furiosen Endkampf ist „Mad Max – Jenseits der Donnerkuppel“ in Würde gealtert und auch 30 Jahre später definitiv sehenswert.
Die Zukunft ist auch heute noch im Eimer
Schon seit 2004 gibt es Gerüchte um eine Fortsetzung doch erst jetzt, am 14. Mai, kommt der vierte Teil „Fury Road“ in die Kinos – erstmals ohne Mel Gibson. Statt seiner wird Tom Hardy (37) in die Rolle des „Mad Max“ schlüpfen, Stamm-Regisseur Miller steht erneut hinter der Kamera. Berichten zufolge schließt die Handlung des Films unmittelbar an „Jenseits der Donnerkuppel“ an, erste Trailer versprechen ein bildgewaltiges Action-Spektakel und die typisch verrückten Gestalten. Darunter übrigens auch Hugh Keays-Byrne als Bösewicht Immortan Joe – in Teil 1 spielte der in Indien geborene Mime schon den Obermotz Toecutter – beide Figuren haben aber wohl nichts miteinander gemein.