Culcha Candela: „Wir übernehmen die Weltherrschaft“

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Culcha Candela: „Wir übernehmen die Weltherrschaft“

Culcha Candela sind wieder da. Zu viert haben Johnny Strange, Itchyban, Don Cali und DJ Chino all ihr Herzblut in das neue Album "Candelistan" gesteckt. Hier erklären sie die Gründe für die zweijährige Pause, und welche Bedeutung hinter neuen Hits wie "Scheiße, aber happy" steckt.

Culcha Candela melden sich nach dem Ausstieg zweier Mitglieder und einer zweijährigen Pause mit einem neuen Album zurück: „Candelistan“ ist ab 28. August 2015 im Handel erhältlich. Im Interview mit spot on news sprachen die verbliebenen vier Bandmitglieder Johnny Strange, Itchyban, Don Cali und DJ Chino über die lange Auszeit, das Album und die Regeln in ihrem Traumland „Candelistan“.

Wie war die Umstellung von sechs auf vier Leute? Mussten Sie Aufgaben neu verteilen?

Johnny Strange: Wir mussten die Jobs von Larsito und Mr. Reedoo auf die anderen übertragen, also hatten wir mehr zu tun. Aber das hatte auch sein Positives: Wir konnten neue Sachen ausprobieren. Wenn man mehr gibt, macht es mehr Spaß. Wir haben noch nie so lange für ein Album gebraucht, diesmal waren es circa eineinhalb Jahre. In der Zeit sind wir auch nach Südafrika und Barcelona gefahren, und haben uns inspirieren lassen. Dort haben wir als Team wieder zueinander gefunden, und haben uns nicht vor eventuellen Meinungsverschiedenheiten gescheut.

Haben Sie noch engen Kontakt zu Larsito und Mr. Reedoo?

Don Cali: Engen nicht unbedingt. Jeder ist seinen eigenen Weg gegangen. Mr. Reedoo studiert und ist weggezogen. Larsito ist wegen seines Soloprojekts ständig unterwegs. Aber es gab keinen Konflikt unter uns. Ihr Abgang war freiwillig.

Wieso die Auszeit von zwei Jahren?

Johnny Strange: Wir waren über zehn Jahre sehr fleißig im Musikbusiness. Wir haben immer wieder ein Album herausgebracht und sind im Anschluss gleich auf Tour gegangen, und danach wieder ans Schreiben. Vielleicht haben wir uns ein bisschen verrannt. Es war gut, das Ganze von außen zu betrachten, mal was anderes zu probieren und zu erkennen: Ok, unser Job ist doch geil.

Don Cali: Um qualitativ gute Musik zu machen, braucht man Zeit.

Der Titelsong „Candelistan“ impliziert ein Land ganz nach den Gesetzen von Culcha Candela. Was für Regeln müssten in so einem Land gelten?

Johnny Strange: Nur eine Regel: „Be nice.“ Verhalte dich cool, dir selbst und den anderen gegenüber. Sonst ist nichts vorgeschrieben: Heirate, wen du willst. Iss, was du willst. Rauch, was du willst. Sei bunt, wie du willst.

Und Sie versuchen Deutschland in „Candelistan“ zu verwandeln?

DJ Chino: Nicht nur Deutschland – wir übernehmen die Weltherrschaft.

Don Cali: „Candelistan“ steht über allen Ländern. Es gibt keine Grenzen.

Johnny Strange: Ein „State of Mind“ quasi.

In Ihrem Song „Traumwelt“ werden Flüchtlinge auf dem roten Teppich empfangen und der Papst liest „50 Shades of Grey“. Was wollen Sie damit ausdrücken?

Itchyban: Dadurch, dass wir Sachen überspitzt darstellen, kritisieren wir sie. In dieser Hinsicht sind wir naiv. Wir träumen uns die Welt, wie wir sie gern hätten, indem wir – wie Pippi Langstrumpf – die Augen zumachen. Der Song ist aber auch Kritik an den Leuten, die einfach wegsehen, nach dem Motto „Alles schön, wenn man die Augen zumacht“.

Don Cali: Wenn man negative Denkweisen des Menschen bekämpft, muss man es mit einer positiven Haltung machen. Deshalb werden schwere Themen auf eine positive Weise dargelegt. Wir wollen Blockaden lösen, nicht bauen.

Itchyban: Vielleicht sollten wir als nächstes eine Praxis aufmachen. „Chiro-Candela“.

In „Scheiße, aber Happy“ nehmen Sie sich selbst und Karriere-Schritte wie den „Dschungel-Song“ ein bisschen auf den Arm…

Johnny Strange: Man darf Fahler machen, damit man weiter kommt. Hätten wir die Sachen aus dem Song nicht gemacht, wären wir heute nicht da, wo wir jetzt sind. Wir sind froh, dass wir es geschafft haben, über den Tellerrand zu schauen und uns weiter zu entwickeln. Es war immer unser Anspruch, etwas Neues zu erschaffen.

Don Cali: Wir finden es lustig, wie ernst die Menschen sich nehmen, und wie schnell du in eine Schublade gesteckt wirst. Ich glaube Culcha hat sich so lange gehalten, weil wir ein gewisses Selbstbewusstsein entwickelt haben. Es ist uns egal, was die Leute sagen. Wäre es anders, gäbe es uns schon lange nicht mehr.

Ihren Song „Natural“ haben Sie mit Sir Samuel aufgenommen. Bei Ihrer ersten Tour waren Sie die Vorband seiner Hip-Hop-Gruppe „Saian Supa Crew“. Wie war das Wiedersehen für Sie?

Johnny Strange: Das war ein Traum, der in Erfüllung ging. Die Band gibt es ja leider nicht mehr, aber sie waren die beste Hip-Hop-Crew aller Zeiten. Wir haben das Gefühl ihrer Musik wieder aufleben lassen. Sir Samuel kam mit seiner Familie ins Studio und wir haben zusammen gejammt und Ideen ausgetauscht.

DJ Chino: Es war eine gewisse Bestätigung für uns. Man merkt, man ist auf einer Höhe, musikalisch und im Denken. Sowas sollte es öfter geben! Man muss sich in der Musik-Welt wieder mehr kollegial unterstützen und Leute mit nach oben ziehen und nicht unbeliebte oder unbekannte Sänger ablehnen. Es geht um Kunst und um Leben.

In dem Song raten Sie Frauen, natürlich zu bleiben.

Itchyban: Laufende Ersatzteillager sind nicht so unser Ding.

Johnny Strange: Die Medien gaukeln dir das vor. Aber du weißt am besten, was du sein willst. Nichts ist mehr sexy als eine selbstbewusste Frau, die weiß, wer sie ist und zu sich selbst steht.

„Lass ma einen bauen“ handelt von Cannabiskonsum. Sind Sie für die Legalisierung von Cannabis?

Don Cali: Für die Entkriminalisierung. So viele Jugendliche machen Erfahrung mit Cannabis, was weit weniger schlimm als Alkohol oder Nikotin ist. Aber diese Leute werden einfach kriminalisiert. Es wird ein falsches Bild vermittelt. Man muss in unserer Gesellschaft ehrlich und gerecht sein, und nicht manche Dinge verharmlosen und andere verteufeln.

Johnny Strange: Cannabis an sich bietet so viele Möglichkeiten. Es bietet Heilungspotenzial in der Medizin, man kann Häuser daraus bauen oder Plastik ersetzen. Doch die Pharmaindustrie und das Baugewerbe unterdrücken das.

DJ Chino: Der Song hat auch eine andere Bedeutung: Es geht darum, aufeinander zuzugehen. Dass man sich nicht Fremden gegenüber abgeschlossen fühlen, sondern neugierig sein und einen gemeinsamen Nenner finden soll. Der Song ist aus einer lustigen Laune heraus entstanden, aber er hat eine Botschaft.

Don Cali: Wir sind für mehr Frieden in der Welt. Wie kriegst du mehr Frieden unter den Mitbürgern? Mann, du legalisierst das „Weed“.

Wie ist der Song entstanden?

Johnny Strange: Die erste Zeile, die wir hatten, war: „Schönes Mädchen aus Kasachstan“.

Don Cali: Dann wussten wir erstmal nicht weiter und sind essen gegangen. Und plötzlich hat einer von uns gemeint: „Hey Mann, lass ma einen bauen“.