Clean Bandit: Aus der Zwischennutzung an die Spitze der Charts

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Clean Bandit: Aus der Zwischennutzung an die Spitze der Charts

Aus dem Nichts ganz nach oben - für die Briten Clean Bandit ist das alte Rock'n'Roll-Märchen wahrgeworden. Nur, dass sie eben House und klassische Musik mixen. Das überzeugt sogar Dieter Bohlen. Von ihrer ungewöhnlichen Heimstatt im Norden Londons und den vielen Momenten der Verwunderung auf dem Weg an die Chartspitze hat die Band nun spot on news berichtet.

Um Clean Bandit herrscht dieser Tage ganz schön viel Trubel: Gerade ist das Debütalbum der vier Briten, „New Eyes“, erschienen. Und wenn die Platte mit ihrem Mix aus Elektronik und klassischer Musik genauso gut einschlägt, wie die Vorab-Single „Rather Be“, dann werden Clean Bandit bald zu den ganz großen Namen im Geschäft zählen: Der Track mit Sängerin Jess Glynne hat es in Großbritannien und Deutschland an die Spitze der Single-Charts geschafft. „DSDS“-Juroren-Urgestein Dieter Bohlen (60) hatte in der Sendung sogar Kandidatin Yasemin den Song wärmstens ans Herz gelegt. Die 20-Jährige schaffte es damit in die nächste Runde.

Ob es auch Clean Bandit in die „nächste Runde“, das Etablieren nach dem ersten, ganz großen Hit, schaffen, ist nun die große Frage. Trotzdem: Beim Interviewtermin mit der Nachrichtenagentur spot on news ist Bassist und Saxophonist Jack Patterson ganz entspannt – und sehr bescheiden. „Wenn der Rest unserer Musik nicht so erfolgreich ist, wie die Single, ist das für mich nicht schlimm“, meint er. „Solange ich weiter auftreten kann und einen Platz habe, um Musik zu machen, solange bin ich zufrieden.“ Die Promo-Reise nach Deutschland sei sogar durchaus so etwas wie „ein netter romantischer Urlaub“: Patterson und Clean Bandits Cellistin Grace Chatto sind seit sieben Jahren ein Paar.

Der romantische Aspekt ist allerdings nur eine von mehreren interessanten Anekdoten rund um Clean Bandit – bei denen übrigens auch Jacks Bruder Luke Patterson mit von der Partei ist. Denn auch wenn der Werdegang der vier Musiker, die sich beim Studium in Cambridge kennenlernten, nicht gerade der berühmten Story des Tellerwäschers, der zum Millionär wird, gleicht – sie ist doch ein Beispiel für die neuen Möglichkeiten im Zeitalter des Computers und des Internet. Und irgendwie sogar für den Strukturwandel in den Hauptstädten Europas.

So haben Clean Bandit ihre Zelte in einem städtischen Zwischennutzungsprojekt im Norden Londons aufgeschlagen, wie Patterson erzählt. Es gebe dort „Designer, Architekten, einen Hutmacher… Und wir bekommen den Raum kostenlos, wenn wir Praktikanten aus dem Ort annehmen und ihnen unser ‚Geschäft‘ näherbringen, wie in einer Lehre.“ Ein sozial angehauchtes Projekt also – das auf dem ersten Album „New Eyes“ Spuren hinterlassen hat; im positiven Sinne. „Wir hatten einige junge Leute, die hier mit uns gearbeitet haben und die jetzt tatsächlich auch auf dem Album zu hören sind – Nikki Cyslin zum Beispiel, die auf zwei Tracks singt und Sharna Bass, die auf einem Track zu hören ist“, sagt Patterson. „Es ist schön, dass das so ein produktives Umfeld für uns ist.“

Überhaupt scheinen Zufälle, geglückte Experimente und Überraschungserfolge den Weg Clean Bandits zu pflastern. Denn begonnen hat das Projekt mit Pattersons Versuch einen Auftritt des Streichquartetts seiner Freundin Grace aufzunehmen: „Ich habe angefangen, Dinge hinzuzufügen und mit Drums und Basslinien herumzuspielen. Und so hat sich der Sound entwickelt.“ „Viel Zeug wurde so aufgenommen, zum Beispiel das Sample aus ‚Mozart’s House‘ in Graces Schlafzimmer“, erzählt Patterson weiter. „Wir wollten das auch gar nicht nochmal neu machen. Man kann viel machen, auch ohne ein professionelles Umfeld.“ Selbst wenn das Studio nun eine Hilfe sei.

Auch der erste Vorgeschmack auf den großen Erfolg habe sich durch ein Do-It-Yourself-Projekt ergeben; durch das Video zu ebenjenem Track namens „Mozart’s House“. „Ich habe damals in Moskau gearbeitet und Love Ssega, der Sänger auf dem Track, hat mich besucht, wir sind mit ein paar Freunden von der Moskauer Filmschule herumgehangen, und haben gesagt ‚lasst uns doch ein Video machen'“, erinnert sich der Bassist. „Wir haben nur ein bisschen rumgespielt und das Ergebnis in diesen Clip gepackt. Innerhalb einer Woche hat das Video 50.000 Clicks oder so. Da haben wir kapiert: ‚Wow, die Leute interessieren sich wirklich dafür, die schauen sich das an.'“ Wenig später gab Patterson seinen Job auf; Clean Bandit wurden professionell. Die Videos behält die Band bis heute in eigener Hand.

Die Auftritte der Band beschreibt Patterson als eine Mischung aus „Party“ und „Konzert“: „Wir haben auch echte Streichinstrumente auf der Bühne, wir mögen echte Instrumente aus Holz.“ Und genau darin liege womöglich auch eine Stärke der Mixtur aus Electronica und Klassik, meint er. Die harten Beats des Elektro könnten zwar „sehr effektiv sein“. „Aber oft fehlt dem ein menschliches Element. Und ich glaube mit den akustischen Streichern kommt so eins hinzu.“ „Ich denke, man fühlt wirklich, dass da echte Lebewesen diesen Sound kreieren. Das stellt vielleicht eine menschlichere Verbindung zwischen Band und Hörer her.“

Ob die Hörer nun tatsächlich eine innige Verbindung zum Album herstellen, darauf dürfte auch die Band selbst gespannt sein; aller Bescheidenheit zum Trotz. Eins kann Patterson und Co. aber niemand mehr nehmen: Die Freude über die ersten Schritte im Pop-Biz mit dem Hit „Rather Be“. „Das war eine überwältigende Überraschung!“, sagt Patterson, immer noch hörbar erstaunt. „Wir haben diesen Song vor sechs Monaten bei den Festivals im UK zum ersten Mal live gespielt. Und wir haben gesehen, dass er den Leuten gefällt und sie mitsingen – sogar den zweiten Refrain, ohne dass sie den Song jemals zuvor gehört hatten.“ Er findet: „Das ist phänomenal und wir sind sehr, sehr happy.“