CD-Tipp: Temples – Sun Structures

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CD-Tipp: Temples – Sun Structures

Die Temples gibt es zwar erst seit 2012, ihre Musik klingt allerdings wie direkt aus den Sechzigern importiert. Auch wenn sich die Engländer dem Modewort "retro" verweigern: Das ist retro in Perfektion. Musik wie aufgenommen durch einen akustischen Instagram-Filter.

Man kann bei den ersten Tönen dieses Albums schon mal geistesabwesend zur CD-Hülle greifen, um sie mit einem beherzten Pusten von imaginärem Staub zu befreien. Die Temples gibt es erst seit 2012, woran vermutlich eine defekte Zeitmaschine schuld ist, ihre Musik ist nämlich direkt aus den Sechzigern importiert. Nicht nur die psychedelischen Gitarren, Schellenkränze und Orgeln, der subtile Hall oder die Krautrock-Momente lassen Erinnerungen an Klassiker wie die Beatles oder Byrds aufkommen. Sogar die Aufnahme klingt – vermutlich dank einiger technischen Supertricks – wie in den späten Sechzigern aufgenommen.

Wobei Worte wie „staubig“ oder „alt“ nicht negativ klingen sollten. Vor allem in der Musik berufen sich Künstler wie Fans gerne auf den Nostalgiefaktor. Der strömt bei den Temples aus jeder Note. „Sun Structures“ klingt wie durch einen akustischen Instagram-Filter aufgenommen. Das ist so ästhetisch verschwommen, so psychedelisch gefärbt und so gedämpft retro – man spürt förmlich wie die imaginäre, dicke, schwarze Hipsterbrille auf der Nase im Laufe des Albums immer schwerer wird. Und gerade wenn man denkt, „Eigentlich ja doch ziemlich angestrengt“, bringen die Engländer eine schwer bekiffte, melancholisch verschleppte Hippiehymne wie „Move With The Season“ um die Ecke.

Dabei verweigern sich die Temples allzu offensichtlichen Assoziationen rigoros: Nicht die Beatles, sondern die Byrds standen Pate für ihre psychedelische Gitarrenmusik – die Beatles hätten es dem Hörer zu einfach gemacht. Und mit dem Wort „retro“ wollen die Briten sowieso nichts zu tun haben. Dafür sitzen die Topffrisuren aber ganz schön perfekt.