CD-Tipp: SOHN – Tremors

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CD-Tipp: SOHN – Tremors

In bester Tradition von Burial, James Blake oder How To Dress Well lässt der Wahlwiener SOHN in seinem Post-Dubstep die leisen Klänge sprechen. Mit isolierten Soundelementen und eindringlichem Falsett erschafft er eiskalte Romantik.

Von London nach Wien, von dort aus in den Hypehimmel: Sohn ist der neue Prinz leiser Dubstep-Klänge. Sein Debütalbum „Tremors“ („Erschütterungen“) klingt wie ein neues Album von James Blake. Mysteriöser Post-Dubstep mit warmen Melodien, stoischem Drumcomputer, gehäckselte Samples, sphärischen Synthesizerschichten und eine eindringliche Falsett-Stimme. Vor allem aber ganz viel Platz zwischen all den isolierten Soundelementen.

Isolation ist wesentlicher Bestandteil dieser Musik. Müsste man sie visualisieren, würde eisiges Blau das Bild bestimmen. Das ist das Neue an diesem R’n’Beats: Er strahlt keine wohlige „Baby, come a little closer“-Atmosphäre aus, sondern handelt meist von der eiskalten Seite der Medaille. Die gut versteckten und gern dekonstruierten Melodien legen dabei nahe, dass Sohn auch die ersten Plätze der Charts mit Hits bespielen könnte. Und, dass ihm das zu einfach wäre. Stattdessen gibt es nur einen schnelleren Hit „Artifice“, der Rest des Albums geht lieber mit Reduktion und Minimalismus auf Kritikerfang.

Die Kritiker sind schon längst hypnotisiert. Vom elektronischem Knistern und Blubbern fühlt man sich an Kritikerliebling Burial erinnert. In bester Burial-Tradition, ein Londoner, der jahrelang nichts über sich preisgab, weiß man auch über SOHN nicht viel. Sein bürgerlicher Name ist Toph Taylor und als Trouble Over Tokyo versuchte er sich schon einmal an einer Musikerkarriere. Doch was spielt das für eine Rolle. Musiker wie SOHN, Rhye, Raffertie, How To Dress Well oder James Blake sind die elektronischen Singer/Songwriter unserer Zeit. Nur wo früher Akustikgitarre für Melancholie sorgten, werden heute Synthesizer aufeinander geschichtet.